Konzerne können auch in Zukunft weit weniger als 15 Prozent Steuer zahlen / Steuerwettbewerb wird verschärft
14. Dezember 2023 (Pressemitteilung von Attac) - Der Nationalrat wird heute die Einführung einer Mindeststeuer für Konzerne beschließen, die nach den Vorgaben der OECD und einer entsprechenden EU-Richtlinie ab 2024 in der EU eingeführt wird.
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac übt scharfe Kritik an der Mindeststeuer: „Die Mindeststeuer ist ein steuerpolitischer Bluff. Denn anders als behauptet können Konzerne damit auch in Zukunft nicht einmal 15 Prozent Steuern zahlen, sondern deutlich weniger. Grund dafür sind großzügige Ausnahmen sowie die Ermöglichung von Steuergutschriften. Dazu kommt, dass die Mindeststeuer das internationale Steuerdumping zwischen den Staaten paradoxerweise sogar noch weiter anheizt“, kritisiert David Walch von Attac Österreich.
Mindeststeuer verschärft den Steuerwettbewerb um Realinvestitionen
Die Mindeststeuer bedeutet nicht, dass jedes Land seine Unternehmenssteuern auf mindestens 15 Prozent festsetzen muss. Sie ermöglicht es Staaten aber, Großkonzerne mit über 750 Millionen Euro Umsatz durch eine „nationale Ergänzungssteuer“ mit bis zu 15 Prozent zu besteuern.(1) Davon werden jedoch Gewinne in Höhe von acht Prozent der Lohnsumme und zehn Prozent und der Sachanlagen ausgenommen.(2) Diese Ausnahmen verringern nicht nur den effektiven Steuersatz massiv. Gleichzeitig werden dadurch Verlagerungen realer Investitionen in Niedrigsteuerländer noch attraktiver, da sie die Steuer eben weiter reduzieren. Dass damit der internationale Steuerwettbewerb sogar angeheizt wird, kritisieren neben Attac auch internationale Studien und Ökonomen wie Gabriel Zucman.
Zusätzlich zu den Ausnahmen erlaubt und ermöglicht die Mindeststeuer staatliche Steuergutschriften (Qualified refundable tax credits, QRTC), welche den effektiven Steuersatz weiter erheblich reduzieren können. Wie aktuelle Berichte zeigen, ist dies keinesfalls Theorie. „Steuersümpfe wie Irland, die Niederlande, die Schweiz oder Bermudas arbeiten gerade an neuen Steuerzuckerln für Konzerne, mit denen sie die Mindeststeuer umgehen können“, erklärt Walch.
Belohungsprogramm für Steuersümpfe/ Hochsteuerländer gehen fast leer aus
Für rund 90 Prozent der Unternehmen gilt die Mindeststeuer ohnehin nicht, da sie unter der erforderlichen Schwelle von 750 Millionen Euro Umsatz liegen. „Staaten können die Mehrheit der Unternehmen weiterhin beliebig niedrig besteuern - oder dank der Einnahmen aus der nationalen Ergänzungssteuer ihren "regulären" Steuersatz noch weiter senken“, erklärt Walch. 3) Große Konzerne haben daher einen großen Anreiz, sich in kleinere Unternehmensgruppen unterhalb dieser Grenze aufzuteilen.
Großteils leer ausgehen werden hingegen bei der Mindeststeuer bisherige Hochsteuerländer - auch wenn sie unter Gewinnverschiebungen leiden. Das belegen auch die ersten Aufkommensschätzungen für Österreich (100 Mio. Euro) oder Deutschland, wo kaum nennenswerte Einnahmen zu erwarten sind. „Die Ausgestaltung der Mindeststeuer belohnt ausgerechnet jene Staaten, die seit Jahrzehnten die Steuerbasis anderer Länder aushöhlen“, kritisiert Walch. Das bestätige auch die Kritik der Mehrheit der UN-Staatengemeinschaft, dass die OECD nicht das geeignete Forum ist, um eine gerechte Besteuerung multinationaler Konzerne zu ermöglichen.
Die Lösung heißt Gesamtkonzernsteuer
Um Konzerne endlich dort gerecht zu besteuern, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften, fordert Attac eine sogenannte Gesamtkonzernsteuer. Dabei werden Konzerntöchter auf Basis des global erzielten Gewinns eines Konzerns besteuert. Dieser Gewinn wird je nach realer Wertschöpfung anteilig auf Länder aufgeteilt und dann entsprechend besteuert. Kombiniert mit einem echten Mindeststeuersatz von 25 Prozent hätten die Gewinnverschiebungen multinationaler Konzerne damit ein Ende.
(1) Entscheidet sich ein Niedrigsteuerland gegen die Einführung der nationalen Ergänzungssteuer können jene Staaten, in denen der Hauptsitz des Konzerns ist, die Differenz zum Mindeststeuersatz von 15 Prozent einheben. Auch hier gelten wiederum die angeführten Ausnahmen.
(2) Nach einer Übergangszeit von 10 Jahren sinkt die Regelung auf 5 Prozent des Wertes der Sachanlagen und 5 Prozent der Lohnsumme.
(3) Ungarn mit seinem Steuersatz von 9 Prozent brüstet sich etwa damit, sich in den Verhandlungen zur Mindeststeuer durchgesetzt zu haben.