LVwG NÖ: Spaziergang oder Versammlung?

4. April 2023 - Der Aktivist Robert Marschall hat sich am 26.2.21 - zu einer Zeit als die österreichische Corona-Diktatur Spaziergänge nur bei dringendem Erholungsbedürfnis erlaubte - mit Freunden zum Spaziergang getroffen. Dafür setzte es eine Verwaltungsstrafe, wogegen der Beschuldigte Berufung eingelegt hat. Eine fünfstündige Verhandlung (!) darüber hat am 31.3.23 vor dem Landesverwaltungsgericht St. Pölten stattgefunden.

Bericht von Robert Marschall

"Spaziergang oder (nicht-angemeldete) Versammlung"?

Beim gegenständlichen Ereignis waren am 26.2.2021 in Mödling 15 Spaziergänger und 13 Polizisten - diese waren teils verdeckt - anwesend. Innenminister war damals Karl Nehammer, der einen Monat zuvor ein härteres Vorgehen gegen Corona-Maskensünder angekündigt hatte. Siehe Artikel der Wiener Zeitung vom 13.1.2021

Die Verhandlung

Gleich vorweg: Der Behördenakt hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung 240 (!) Seiten. Die Verhandlung dauerte 5 Stunden !!! (leider ohne Trinkwasser für den Beschwerdeführer). Bei der Verhandlung waren 2 Prozessbeobachter anwesend. Die Verhandlung lief vermutlich deshalb sehr fair ab. (Ja Prozessbeobachter sind mittlerweile bei einem österreichischen Gericht notwendig, wenn man von diesem nicht vollständig über den Tisch gezogen werden will.)

Eine Ankündigung auf demo-info.at für einen Corona-Spaziergang war für den Richter ein Hinweis, dass es kein (normaler) Spaziergang war. Wobei sich das Corona-Thema beim Spaziergang nicht als gemeinsamer Wille manifestierte. So hat ein Teilnehmer drei mal "KURZ-MUSS-WEG" gerufen, ein weiterer Zeuge war wegen "Angstschober" dort und eine Zeugin wollte mit Gleichgesinnten reden. Einen gemeinsamen Willen der Teilnehmer gab es offensichtlich nicht und schon gar nicht nach außen.

Die vier Österreich- und ROT-WEISS-ROT-Fahnen waren dem Richter bei seiner Entscheidungsfindung egal. Er ging nicht darauf ein. Dass es keinen einzigen Banner, kein einziges Schild und keine Tafel gab, kein einziger Flugzettel verteilt und keine einzige Rede gehalten wurde, war dem Richter ebenfalls egal. Der Polizist, der die Anzeige gemacht hat, war sich bei seiner Zeugen-Einvernahme sicher, dass es von Beginn weg eine Versammlung war. Von den 13 Polizisten hat kein einziger - auch nicht der anzeigende Polizist - ein Foto vom Spaziergang oder der Versammlung angefertigt. Lediglich die Spaziergangsroute wurde protokolliert. Also doch ein Spaziergang?

Wer war der Leiter?

Irgendwer muss ja der Schuldige sein. Da der Beschuldigte, Mag. Robert Marschall, den "KURZ MUSS WEG"-ruferenden Spaziergänger darauf hingewiesen habe, dass er damit aufhören soll, zeigte sich für den Richter, dass Marschall eine führende Rolle beim Spaziergang / Versammlung einnahm.

Ergebnis

Der Beschuldigte wurde zu einer Verwaltungsstrafe verurteilt, die der Richter - aufgrund der langen Verfahrensdauer von über 2 Jahren - mehr als halbiert hat. D.h. der Beschuldigte muss jetzt nur 85 Euro Strafe zahlen. Rechtsgrundlage gibt es leider keine, da im Versammlungsgesetz 1953 auf eine Legaldefinition vergessen wurde, was denn eine Versammlung überhaupt sein soll. (3 Spaziergänger?, ab 5 Spaziergänger?, Banner? Tafeln? Redner? Flugzettel verteilen? usw.). Die fehlende Legaldefinition wurde die letzten 70 Jahre vom Gesetzgeber nicht nachgeholt. Also hat sich der Richter im vorliegenden Fall etwas zusammen gereimt (= "Rechtserfindung").

Exkurs

Obwohl sich der Spaziergang in NÖ zugetragen hat und der Beschuldigte auch seinen Hauptwohnsitz in Niederösterreich hat, wird es keine Rückvergütung der Strafe aufgrund des NÖ-Arbeitsübereinkommens 2023 zwischen ÖVP und FPÖ geben, weil es zwar ein Corona-Spaziergang war, dieser aber nicht verfassungswidrig war, sondern nur verwaltungsrechtswidrig.

Resümee

1. Die Polizei trat nicht als Beschützer der Kundgebungsteilnehmer, sondern als deren Bestrafer auf und zwar wegen Nicht-Einhaltens des Mindestabstands, weil teilweise von den Teilnehmern kein Mund-Nasenschutz getragen wurde, wegen Mißachtung des ROT-Lichts im Verkehr durch einen Fußgänger, wegen einer nicht angemeldeten Versammlung usw auf).

2. Wenn mehr als 3 Leute in Zukunft spazieren gehen, sollte sie sicherheitshalber eine Versammlung anmelden. Wenn die Behörde anderer Meinung ist, dann wird die Versammlungsanmeldung eingestellt. Wenn es doch eine Versammlung ist, dann bekommt man einen kostenlosen "Polizeischutz" für den Spaziergang bzw für die Versammlung oder auch nicht.

3. Österreich braucht wieder eine Spaziergangsfreiheit und eine echte Versammlungsfreiheit. Auch deshalb bitte das "ECHTE-Demokratie - Volksbegehren" und "NEHAMMER MUSS WEG" von 17. -24. April 2023 unterschreiben.