Verfassungswidrige Förderpraxis der Bundesregierung und ihrer Behörden
28. August 2024 (Updates 29.8.24, 13:30) - Die „RTR Medien und KommAustria“, eigentlich zuständig für die Kontrolle von Rundfunk und Telekom, ist gleichzeitig die Behörde, die im Auftrag der Bundesregierung die Zuteilung und Ausschüttung von Subventionen übernimmt. In jeder entwickelten Demokratie dieser Welt wäre so eine Praxis aufgrund von Unvereinbarkeitsprinzipien unmöglich. Aber Österreich ist anders. Hier erfindet die Regierung – zur Gleichschaltung der Massenmedien – immer wieder neue Fördertöpfe! Nun die Förderung „Qualitätsjournalismus“.
Mehr noch als die Förderschiene „Digitale Transformation“ (als ob die Medien 30 Jahre nach Erfindung des Internets noch nicht digital transformiert wären!) ist diese Förderschiene eine Verhöhnung der Pressefreiheit. Sie ist geradezu die Wiedereinführung der Zensur – nicht durch Verbotsmechanismen, sondern durch Belohnungsmechanismen. Das bedeutet: Die Behörde beurteilt im Nachhinein, welche „Leistungen“ der Massenmedien „Qualitätsjournalismus“ entsprochen haben und verteilt dem entsprechende Belohnungen!
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Zur scheinbaren Objektivierung des Verfahrens gibt es mehrere Belohnungs-Kategorien: Inahltsvielfaltsförderung, Journalismusförderung, Verteilung von Schülerabos (vorbei an allen gesetzlichen Regelungen für Lehrbücher), Ausbildung von Nachwuchs, Presseclubs, Einrichtungen der Aus- und Fortbildung.
Zur Ausschüttung kommen nun die Belohnungen für 2023, während für 2022 in der ersten Jahreshälfte (nach Verzögerungen aufgrund von EU-Einwendungen) ausbezahlt wurde. Laut Verfassung gilt: „Die Presse darf weder unter Zensur gestellt, noch durch das Konzessionssystem beschränkt werden.“ (StGG Artikel 13) Und: „Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang zur zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein.“ (EMRK Ariktel 10 Absatz 1)
Es ist offensichtlich dass die Förderpraxis der Bundesregierung verfassungswidrig ist! Die von RTR ausgeschütteten Förderungen (egal ob unter dem Titel „Qualitätsjournalismus“ oder „Digitiale Transformation“) sind eindeutig „Konzessionssysteme“, die durch massive Bevorzugung einzelner Medien zur direkten Benachteiligung andere Medien führen! Außerdem handelt es sich offensichtlich um „Eingriffe öffentlicher Behörden“ – wie immer diese auch im Sinne der „Meinungsvielfalt“ schöngeredet werden, das Ergebnis ist eindeutig: verfassungswidrige Benachteiligung kleiner Medien und die übermäßige Bevorzugung staatsnaher Massenmedien! Einmalig und einzigartig: Förderungen sind normaler Weise eine Vorfinanzierung für kommerziell nicht gesicherte oder technisch innovative Projekte. Hier wird nachträglich beurteilt, ob Kriterien des "Qualitätsjournalismus" erfüllt wurden. So produziert man regierungshörige Medien, das ist: Zensur.
Nur ein Beispiel der regressiven Zensur 2022 + 2023, die Ausschüttungen für die wichtigste „Qualitätszeitung“ unseres Landes: Kronenzeitung 423.795 + 1.833.810,63 + 5014,43 (für Schüerabos) + 50.000 (Nachwuchsjournalismus) + 404.108,77 (Inhaltsvielfalt !!) + 1.821.656,26 + 31771,35 (Schülerabos) = 4.146.361,44 (in Worten: 4,1 Millionen) Euro.
Kommentar zum QJF-G
Schon in Abschnitt 1 § 2. wird die Diskriminierung hunderter kritischer Kleinmedien festgeschrieben. Förderwürdig sind demnach Medien mit hauptberuflich tätigen Journalisten, welche nach dem Kollektivvertrag entlohnt werden, oder Online-Medien, die im Durchschnitt zumindest 150.000 Unique User pro Monat nachweisen können.
Laut finanz.at wird über die schon lange bestehende Pressseförderung ein Betrag von 8,7 Millionen Euro ausgeschüttet. Die Förderungen aus „Digitaler Transformation“ und nun aus OJF-G (siehe §3) übertreffen jeweils ein Vielfaches dieser Beträge und sind mit „Sicherung der Medienvielfalt“ oder gar „Qualitätsförderung“ nicht begründbar. Die Intention des Gesetzes wird spätestens mit dem § 23 klar: § 23. „Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundeskanzler betraut.“ Der Bundeskanzler höchst persönlich, nicht etwa das Bundeskanzleramt oder die im BKA angesiedelte „Medienministerin“. Damit wird auch klar, wer das alleinige Sagen in der „Kontrollbehörde“ KommAustria hat, die laut Abschnitt 7 § 17 für Einbringung und Abwicklung zuständig ist.
Mit einem "Fachbeirat" hängt sich die Regierung – wie üblich in Österreich – das Mascherl der Objektivität und Sachlichkeit um. Von welchem Fach müssen die Beiräte sein? Darüber findet sich nichts im Gesetz. § 19. (1) besagt lediglich: „Zur Beratung der KommAustria bei der Vergabe von Mitteln nach diesem Bundesgesetz und der Erstellung sowie Aktualisierung der diesbezüglichen Förderrichtlinien wird ein Fachbeirat eingerichtet, der von der KommAustria einzuberufen ist.“ Kein Wort über die Qualifikation der Fachbeiräte oder die Modalitäten der „Einrichtung“. So bleibt offen, ob das Büro der Fachbeiräte oder die Fachbeiräte selbst zuerst eingerichtet werden.
Absatz (4) des § 19 besagt: „Die Tätigkeit im Fachbeirat ist ehrenamtlich.“ Wer die österreichische Realverfassung kennt, kann aufgrund dieser Erkenntnisse 1 + 1 zusammenzählen:
1. Der Bundeskanzler ist mit der Vollziehung betraut.
1. Nur best versorgte Freunde des Bundeskanzlers dürften bereit sein, „ehrenamtlich“ Aktivitäten (de facto Scheinaktivitäten) zu entfalten, die allein dazu da sind, den Kanzler höchst persönlich von allfälligen Vorwürfen der Einflussnahme freizusprechen.
1 + 1 = 1, das ist die österreichische Realverfassung: alles Eins, alles Einerlei, alles Einheitspartei. Wie die Parlamentskorrespondenz (PK vom 24.11.2023) bestätigt, hat dem Gesetz im Nationalrat „eine breite Mehrheit“ zugestimmt.