BWB schließt das Verfahren im Markt für Pellets mit Compliance Verpflichtungen ab
15. November 2023 (Pressemitteilung der Bundeswettbewerbsbehörde BWB) Im Oktober 2022 führte die BWB Hausdurchsuchungen im Markt für Pellets aufgrund des Verdachts von Preisabsprachen, Kundenaufteilungen sowie Absprachen über den Absatz von Pellets durch. Von Ermittlungen waren Unternehmen sowie ein Interessensverband in den Bundesländern Wien, Kärnten und Tirol betroffen.
Untersuchung durch die BWB im Markt für Pellets
Seit Anfang Februar 2022 erhielt die BWB insgesamt 94 Beschwerden zu mutmaßlich kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen. In den Beschwerden wurde neben den massiven Preissteigerungen ua geschildert, dass es zunehmend schwieriger sei, Pellets überhaupt zu bekommen, da Pelletshändler vorwiegend an Stammkunden bzw. Stammkundinnen, und nur in Ausnahmefällen an andere Kunden und Kundinnen Holzpellets verkaufen würden. Zudem würden viele Händler:innen mit der Begründung von Liefer-, Kapazitäts- und Lagerengpässen nur überlange Lieferzeiten anbieten und dies nur zu dem bei der Lieferung aktuellen Tagespreis.
Es wurden vielfach dahinterliegende Vereinbarungen zwischen Unternehmen vermutet. Die Arbeiterkammer stellte der BWB ebenfalls Daten zur Verfügung, die im Rahmen der Beobachtung und Erhebung der Verkaufspreise von Pellets in einigen Bundesländern in den letzten Jahren gesammelt wurden und leitete neun anonymisierte Konsumentenbeschwerden an die BWB weiter.
Die konkreten Verdachtsmomente waren insbesondere: Preisabsprachen zwischen Wettbewerbern, teilweise unter Beteiligung und Koordinierung durch den Interessensverband und künstliche Verknappung des Angebotes durch koordiniertes Zurückhalten von Waren („Lagerhortung“).
Hausdurchsuchungen
Die BWB führte aufgrund von Beschlüssen des Kartellgerichts am 18.10.2022 Hausdurchsuchungen bei mehreren Unternehmen und einem Verband in Wien, Kärnten und Tirol durch (Pressemitteilung vom 20.10.2022). Eine Hausdurchsuchung darf auf Anordnung durch das Kartellgericht von der BWB nur durchgeführt werden, wenn ein begründeter Anfangsverdacht vorliegt. Dieser ist gegeben, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, aus denen vertretbar und nachvollziehbar geschlossen werden kann, dass eine Zuwiderhandlung gegen Wettbewerbsbestimmungen besteht.
Eine Unternehmensgruppe erhob Rechtsmittel gegen den Hausdurchsuchungsbefehl. Das Kartellobergericht wies den Rekurs ab und bestätigte, dass ein begründeter Verdacht vorlag (Pressemitteilung vom 15.02.2023). Aufgrund der Einbringung des Rechtsmittels erfolgte ein Teil der Datenauswertung erst nach Entscheidung des Kartellobergerichts.
Im Rahmen der Hausdurchsuchungen wurden neben physischen Unterlagen auch elektronische Daten im Terabyte-Umfang sichergestellt, wobei ca. 11.000 Datensätze geprüft wurden, die als potentiell relevant identifiziert wurden. Ebenfalls wurden neun Datenkopien von Mobiltelefonen ausgewertet. Parallel dazu wurden die eingelangten Eingaben von Hinweisgeber:innen und Beschwerdeführer:innen (davon 8 Whistleblower-Eingaben) geprüft und versucht, die geäußerten Verdachtsmomente zu konkretisieren. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Reihe von Einvernahmen von Einzelpersonen durchgeführt.
Ergebnis der BWB-Ermittlungen
Der Verdacht auf kartellrechtswidrige Verhaltensweisen hat sich im Ergebnis nicht gerichtsfest erhärtet. Eine damit verbundene (Preis-)Koordinierung, etwa durch den Verband selbst oder die Unternehmen untereinander, konnte nicht festgestellt werden. Ebenso wurde der Verdacht auf kartellrechtswidrigen Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen nicht erhärtet. Aus diesen Gründen hat die BWB die Verfahren gegen die Unternehmen und den Verband proPellets eingestellt. Sollten sich neue Verdachtsmomente ergeben, kann die Bundeswettbewerbsbehörde ein neues Ermittlungsverfahren einleiten. Die BWB wird den Markt für Pellets weiterhin monitoren.
Dazu im Folgenden: Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs - Selbstverpflichtungserklärung des Verbands proPellets
Wichtig ist, dass ein funktionierender Wettbewerb sichergestellt wird. In diesem Sinne hat der Verband proPellets unter Einbindung der BWB ein Fairnesspaket mit Compliance Maßnahmen erarbeitet. Der Verband proPellets gab im Rahmen einer Kooperation mit der BWB eine Selbstverpflichtungserklärung ab mit dem Ziel bei den Verbandsmitgliedern und Verbandsmitarbeiter:innen das Bewusstsein zur Einhaltung des Kartellrechts zu stärken. Der Verband hat 85 Verbandsmitglieder.
Der Verband proPellets verpflichtet sich unter anderem zu Folgendem:
- Begleitung der Generalversammlung durch Kartellrechtsexperten bzw. Kartellrechtsexpertinnen,
- Abhaltung einer Kartellrechtsschulung für Verbandsmitglieder,
- Erstellung eines praxistauglichen Compliance-Leitfaden zur Einhaltung des Kartellrechts
- Einrichtung eines Compliance-Beauftragten
- regelmäßige jährliche Berichterstattung an die BWB bis inkl. das Jahr 2026 über die umgesetzten und beabsichtigten Compliance-Maßnahmen.
Fallbericht Markt für Pellets, 2023
RÜCKBLICK: proPellets und Contra (ethos.at)
proPellets 5.4.23: " "Kriegsbedingte Lieferausfälle in Europa. Gleichzeitig ist als Folge des Kriegs in der Ukraine der Pelletimport aus Russland, Weißrussland und der Ukraine nach Europa unterbrochen worden. Die Pellets aus diesen drei Ländern wurden nach Italien, Deutschland, England, in die Benelux-Länder und nach Frankreich exportiert. So fehlt nun eine Menge von 3,5 Millionen Tonnen, rund 10 % des Bedarfs am europäischen Markt."
BWB 15.1123 stellt klar, das der Import aus den drei Ländern für Österreich an der Grenze der Wahrnehmbarkeit, für die Preisentwicklung somit Bedeutungslos ist: "Festzuhalten ist die Tatsache, dass die Erhöhung der Preise bereits im Jänner 2022 und damit vor Beginn des Ukraine-Krieges und den damit einhergehenden Sanktionen gegen Pelletsimporte aus Russland (Start April 2022) eingesetzt hatten."
ethos.at im April 23 über die proPellets Argumente, es gebe "Preissteigerungen in ganz Europa, die sich indirekt auch auf Österreich auswirken" und "Kriegsbedingte Lieferausfälle in Europa" - Diese treffen auf Österreich in keiner Weise! In aller Klarheit: die Lieferausfälle in Europa und die Preissteigerungen in Österreich stehen in keinem kausalen Zusammenhang, das Wörtchen "indirekt" beweist dies! Es gibt keinen direkten Zusammenhang!
BWB 15.11.23: "Allerdings ist das Argument, dass Ausfälle an Importen aus der Ukraine und Russland einen preistreibenden Effekt für Österreich hätten insofern nicht schlüssig, weil Österreich ein Netto-Exportland von Pellets ist und die Importe aus den genannten Gebieten einen zu vernachlässigenden Anteil an der Gesamtmenge ausmachen."
Mehr noch: "Importe aus der Ukraine stiegen von 2.203 t in 2021 auf 6.998 t im Jahr 2022 an. Die Importe aus den Gebieten der russischen Föderation wuchsen von 1,06 t im Jahr 2021 auf 42 t im Jahr 2022. Pellets aus Russland oder der Ukraine machten weniger als 1 % der österreichischen Importe insgesamt aus."
ethos.at 10.2022: Sägespäne sind ein Abfallprodukt. Wenn die Sägewerke am Verkauf von Bau- und Möbelholz deutlich mehr verdienen als vor 2020, so ist davon auszugehen, dass die gestiegenen Holzpreise und Produktionskosten in die Preise für Bau- und Möbelholz eingerechnet wurden. Demnach ist ein Preisanstieg für das Abfallprodukt Sägespäne nicht nachvollziehbar.
BWB 15.11.23: "Auch die enorme Preisvolatilität, die bei Pelletsbestellungen in Österreich im Sommer und Herbst 2022 herrschte, ist nicht durch diese oben beschriebenen, allgemeinen Entwicklungen erklärbar. Pellets werden aus Sägespänen, die bei der Holzproduktion als Abfallprodukt anfallen, weiterverarbeitet. Weder die für die Produktion verwendeten Sägespäne noch die Energiekosten sind so volatil, dass eine tagesweise Änderung des Preises bzw. eine Bekanntgabe des Preises erst bei Lieferung rechtfertigen würde."
HTH-Resümee Aprll 2023: Alle branchen-internen Angaben von proPellets sprechen dafür, dass die Pelletproduzenten die derzeitige Weltwirtschaftskrise nutzen, um ihre Preise illegitimer Weise nach oben zu treiben. Als Moralphilosoph lehne ich diese Preistreiberei ab und fordere eine sofortige Rückkehr zum Preisniveau von 2021! Selbst wenn es keine Preisabsprachen gegeben hat, so ist das Marktversagen offensichtlich. Um den Markt wieder herzustellen braucht es einen Eingriff! Das mag Anhänger des Wirtschaftsliberalismus stören, es ist aber die logische Antwort auf das Marktversagen, wenn man Wirtschaft nicht auf Profitgier und Gewinnmaximierung reduziert! Am besten wäre eine radikale Selbst-Regulierung der Branche. Und zwar jetzt!
Nun, gut ein Jahr später, gibt es die Selbstverpflichtungserklärung des proPellets Verbands!