Pellet-Story: Best Practice of Austria? - proPellets und Contra

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proPellets und Contra

Die BWB-Presseinfo hat proPellets noch am selben Tag (20.10.22) beantwortet. Hubert Thurnhofer (HTH), der sich seit 20 Jahren mit Wirtschaftsethik und Wirtschaftsästhetik beschäftigt, hat diese Stellungnahme kritisch untersucht und Absatz für Absatz auf die Argumente von DI Dr Christian Rakos erwidert.

proPellets Titel: "Noch nie so große Preisunterschiede bei Pellets: proPellets Austria entkräftet Vorwurf der Preisabsprache." Untertitel: "Pellets in Österreich trotz hoher Preise deutlich billiger als in Nachbarländern, Händler nehmen Versorgung des Heimmarktes ernst: Export um elf Prozent rückläufig"

HTH erwidert: Die Vorwürfe konnten nicht entkräftet werden. Viele Argumente widersprechen den Versprechungen, die proPellets als offizieller Vertreter der Pellet-Branche in den vergangenen Jahren den Kunden gegeben hat.

proPellets: "proPellets Austria, die Branchenvertretung der Pellet-Industrie in Österreich, bestätigt eine Hausdurchsuchung durch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), dementiert aber entschieden den Verdacht von Preisabsprachen. 'Wir kooperieren natürlich vollumfänglich mit den Behörden', sagt Dr. Christian Rakos, Geschäftsführer von proPellets Austria. 'Wir sind überzeugt, dass die Bundeswettbewerbsbehörde keinerlei Fehlverhalten von proPellets zu Tage fördern wird.' Rakos führt in diesem Zusammenhang drei Argumente an die den Preisanstieg erklären: Die Produktionskosten für Pellets sind gestiegen; die Nachfrage nach Pellets ist sehr hoch und es gibt in Europa kriegsbedingte Lieferausfälle."

HTH: Einen Verdacht kann man nicht dementieren. Man kann nur versuchen, Tatsachen und daraus abgeleitete (Verschwörungs)Theorien zu widerlegen. Es könnte tatsächlich sein, dass die BWB "keinerlei Fehlverhalten von proPellets zu Tage fördern wird", gleichzeitig ist es aber sehr wahrscheinlich, dass es Fehlverhalten von wichtigen Playern der Pellet-Branche gibt. Offensichtlich ist eine Fehlentwicklung des Pellet-Marktes und ein Versagen von proPellets. Denn die Branchenvertretung hat bereits in einer Presseaussendung am 1. Juni 2022 auf "Rekordpreise und explodierende Nachfrage" hingewiesen, aber dagegen nichts unternommen.

proPellets: "Gestiegene Produktionskosten. Ein Grund für den Preisanstieg sind die gestiegenen Produktionskosten für Holzpellets. Starke Preissteigerungen bei Sägespänen, bei den Stromkosten sowie bei Ersatzteilen und Transportkosten sind dafür mitverantwortlich."

HTH: Sägespäne sind ein Abfallprodukt. Wenn die Sägewerke am Verkauf von Bau- und Möbelholz deutlich mehr verdienen als vor 2020, so ist davon auszugehen, dass die gestiegenen Holzpreise und Produktionskosten in die Preise für Bau- und Möbelholz eingerechnet wurden. Demnach ist ein Preisanstieg für das Abfallprodukt Sägespäne nicht nachvollziehbar.

Transport: Die Transportwege sind kurz, so dass selbst bei doppeltem Dieselpreis der Anteil der Transportkosten am Gesamtpreis nicht mehr als 5 Prozent ausmachen kann.

Ersatzteile: Dass sogar die laufende Wartung als Argument für die Preissteigerung herhalten muss, deutet darauf hin, dass sich der Branchensprecher in Erklärungsnotstand befindet.

Entscheident jedoch sind die Energiekosten, die deutlich gestiegen sind. Doch der Anteil der Primäerinergie am Endprodukt hat sich durch die Krise nicht verändert: So enthält eine Tonne Pellets einen Energieinhalt von 4.900 kWh. Die Trocknung dieser Menge benötigt 614 kWh, die Herstellung selbst (Pressung und Kühlung) 244 kWh und der Transport lediglich 47 kWh, das ergibt einen Primärenergieaufwand für die gesamte Bereitstellung von 18,4 Prozent des Energieinhalts der Pellets. Abgesehen davon werden die meisten Trockenalagen mit Abfällen befeuert. Wenn mit einer Tonne Pellets 4.900 kWh Energie verkauft werden, für deren Herstellung vorher 900 kWh verbraucht wurden, so kann sich der Gesamtpreis dieser 4.900 kWh Energie nicht innerhalb von zwei Jahren verdreifachen, selbst wenn sich die Kosten für den Primäerenergieaufwand (18,4 Prozent!) verdreifacht hätten.

Ergänzung 5.4.2023: Eine aktuelle Pressemitteilung von proPellets über das modernste Pelletierwerk Oberösterrichs, das Die Donausäge Rumplmayr 2022 in Betrieb genommen hat, beweist, dass das Energie-Argument als Grund für die Preisexplosion bestenfalls eine Ausrede, schlimmstenfalls eine Lüge war, denn moderne Pelletierwerke arbeiten energieautark!

proPellets: "Hohe Nachfrage nach Pellets. Pellets sind wegen ihrer Umwelt- und Klimavorteile in Europa ein gefragter Energieträger. Rund 34 Millionen Tonnen werden bereits pro Jahr in privaten Heizanlagen, bei gewerblichen Kund:innen sowie in Kraftwerken genutzt. In den vergangenen beiden Jahren ist es in vielen Ländern zu einer enormen Steigerung der Nachfrage gekommen. So haben sich in Österreich die Verkäufe von Pelletheizungen im Jahr 2022 verdoppelt."

HTH: Die erwähnten 34 Millionen Tonnen beziehen sich auf Europa. Dass Rakos in Personalunion für die Pellet-Branche Europas und Österreichs spricht, tut der Sache nicht gut, denn die Zahlen für Europa tragen nichts zur Aufklärung der Probleme in Österreich bei. In Österreich haben sich "die Verkäufe von Pelletheizungen im Jahr 2022 verdoppelt." Dieses dynamische Wachstum dürfte die Branche nicht überrascht haben - im Gegenteil: proPellets bemüht sich seit Jahren, diesen Prozess zu beschleunigen. So laufen schon lange Bemühungen, einen großen Teil der insgesamt 500.000 Ölheizungen durch Pelletheizungen zu ersetzen. Die steigenden Ölpreise haben diesen Prozess nun beschleunigt - in einem Ausmaß, das planbar war und machbar ist. So ist die Anzahl der Pelletheizungen 2021 bereits um 14.000 auf 162.000 gestiegen. „Mehr als 20.000 Haushalte sind zu unserem umweltfreundlichen Energieträger gewechselt", hat proPellets am 12. September 2022 in einer Presseinfo stolz mitgeteilt. Weiters heißt es da: "Die Menschen suchen nach einer Alternative zu Gas und Öl. Für sie, aber auch für alle Interessierten bietet unsere Pellet-Hotline einfache, rasche und kompetente Unterstützung.“ Man erklärt den potenziellen Neukunden damit eindeutig, dass man die gestiegene Nachfrage bewältigen will und kann. In der Aussendung vom 1. Juni heißt es noch "Neue Pelletierwerke erhöhen Versorgungssicherheit ... In den nächsten zwei Jahren werden elf neue Pelletierwerke eröffnet, allein neun davon noch heuer. 5 neue oder erweiterte Werke entstehen in Niederösterreich, 2 jeweils in Oberösterreich und der Steiermark und jeweils ein neues Werk in Kärnten und Tirol." Die Pelletproduzenten haben also schon in diesem Jahr österreichweit neue Kapazitäten geschaffen, die den Bedarf der neuen Pelletkunden übetreffen.

proPellets: "Kriegsbedingte Lieferausfälle in Europa. Gleichzeitig ist als Folge des Kriegs in der Ukraine der Pelletimport aus Russland, Weißrussland und der Ukraine nach Europa unterbrochen worden. Die Pellets aus diesen drei Ländern wurden nach Italien, Deutschland, England, in die Benelux-Länder und nach Frankreich exportiert. So fehlt nun eine Menge von 3,5 Millionen Tonnen, rund 10 % des Bedarfs am europäischen Markt. Die Folgen sind ein Pelletmangel und Preissteigerungen in ganz Europa, die sich indirekt auch auf Österreich auswirken, obwohl wir selbst keine Pellets aus Russland und Weißrussland bezogen haben."

HTH: "Preissteigerungen in ganz Europa, die sich indirekt auch auf Österreich auswirken." Ja, die Auswirkung ist sichtbar: die Verdoppelung der Preise von März bis Oktober von ca 300 auf 600 Euro, während schon von Jänner 2022 bis Jänner 2021 die Preise von ca 200 auf 300 um 50 Prozent gestiegen sind. Der Zusammenhang ist offensichtlich: Österreich macht, was die anderen Länder auch machen. Allerdings: ohne jegliche Notwendigkeit, sondern nur aus Profitgier, denn die "Kriegsbedingte Lieferausfälle in Europa" treffen Österreich in keiner Weise! In aller Klarheit: die Lieferausfälle in Europa und die Preissteigerungen in Österreich stehen in keinem kausalen Zusammenhang, das Wörtchen "indirekt" beweist dies! Es gibt keinen direkten Zusammenhang!

proPellets: "Rakos führt in diesem Zusammenhang drei Argumente an, die den Verdacht von Absprachen klar entkräften: Die Preisdifferenz bei Pellets war pro Tonne und Händler in Österreich noch nie so groß, wie im vergangenen Jahr; Pellets sind in Österreich deutlich günstiger als in den Nachbarländern; trotz Rekord-Preisen im Ausland exportieren österreichische Händler um elf Prozent weniger."

HTH: Es ist eine simple Rechnung, dass die Preisdifferenz zwischen den einzelnen Händlern so hoch wie nie zu vor sind, nachdem auch die Preise so hoch wie nie zuvor sind. Fünf Prozent Preisunterschied waren vor zwei Jahren noch 10 Euro pro Tonne, und sind heute 30 Euro pro Tonne. Ein Beispiel dafür, wie man mit angeblich "objektiven Zahlen" Kunden und Behörden manipulieren kann.

proPellets: "Drei Argumente gegen den Vorwurf von Preisabsprachen: Erstens Die Preisunterschiede zwischen den unterschiedlichen Anbietern waren noch nie so hoch wie im vergangenen Jahr. Die durchschnittliche Variation der Preise (die sogenannte Standardabweichung) lag im vergangenen August bei 60 Euro pro Tonne. Dem gegenüber lag die mittlere Abweichung der Preise vom Durchschnittspreis in den Jahren 2017-2021 bei rund 10 Euro pro Tonne.

HTH: Es ist für einen Kunden im Burgenland wenig hilfreich zu wissen, dass ein Lieferant in Tirol oder Salzburg um 60 Euro weniger verlangt als ein burgenländischer Lieferant. Beide werden kaum ins Burgenland liefern, weil sie in ihren Heimmärkten ausgelastet sind. Das Versprechen von proPellets war immer, dass die Pelletspreise unabhängig vom Öl- und Gaspreis stabil sind. Als Grund dafür wurde ua. angeführt, dass in Österreich die Waldflächen kontinuierlich anwachsen. Die Zahlen dafür liefert die österreichische Waldinventur: Breiteten sich über das Land in den 1960er Jahren noch 3,7 Millionen Hektar Wald (44 Prozent der Fläche), so sind es heute vier Millionen, das sind 47,6 Prozent des gesamten Bundesgebietes. Nachhaltige Waldwirtschaft und Versorgungssicherheit unabhängig vom Ausland - das gilt bis heute für die östererichische Pellet-Branche.

proPellets: "Zweitens Der internationale Preisvergleich zeigt, dass die Pelletpreise in Österreich signifikant niedriger sind, als in den Nachbarländern Deutschland, Schweiz und Italien. Eine Preisabsprache müsste zu dem gegenteiligen Effekt führen. Während im Oktober der durchschnittliche Pelletpreis in Österreich bei 633 Euro pro Tonne lag, musste man in der Schweiz 673 Euro pro Tonne bezahlen, in Deutschland 743 Euro pro Tonne und in Italien wurden Pellets um über 800 Euro pro Tonne verkauft."

HTH: Das Argument, dass die Preise in Österreich "deutlich günstiger als in den genannten Nachbarländern" ist nichtig, weil das immer so war! Dagegen war und ist der Preis in unserem Nacharland Slowakei deutlich billiger. Diese Tatsache wird ausgeblendet. Dass eine Preisabsprache in Österreich mit Blick auf die Schweiz zu noch höheren Preisen führen würde, ist daher abwegig. Die Produktion in Österreich lag immer deutlich über dem tatsächlichen Inlandsverbrauch. Dazu kommt, dass die Produktionskapazitäten über denen der tatsächlichen Produktion liegen. Laut eigener Angaben von proPellets wird sich daran in Zukunft nichts ändern (Prognose bis 2026, siehe Grafik).

Pellets Produktionsentwicklung

proPellets: "Drittens Die österreichischen Pelletexporte im laufenden Jahr bis Juli waren um elf Prozent niedriger, als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Das bedeutet, dass heimische Hersteller, trotz des vergleichsweise niedrigen Preisniveaus in Österreich, der Versorgung des Heimmarkts Priorität eingeräumt haben und auf Gewinne aus dem Export in hochpreisigere Länder verzichtet haben. Die Verknappung am heimischen Markt gab sich aus einer Reduktion der heimischen Pelletimporte, die aufgrund der allgemeinen Verknappung in Europa bei insgesamt 21 Prozent lag. Die Importe aus den Hauptimportländern Tschechien und Deutschland sanken fast auf die Hälfte der Menge des Vorjahrs."

HTH: Dieser ganze Absatz kann nur noch als Schutzbehauptung bezeichnet werden. Die Branche "verzichtet auf Gewinne aus dem Export in hochpreisigere Länder" - das rührt den Kunden, der im Oktober den doppelten Preis als im April zahlen muss, zu Tränen! Nur wer sich im Argumentationsnotstand befindet, kann zu solchen Ausflüchten greifen. Weiters wird mit Prozenten argumentiert, ohne die absoluten Zahlen bekannt zu geben. Für die absoluten Zahlen reicht ein Blick auf die Grafik "Produktion und Verbrauch von Pellets in Österreich". Die klare Aussage dieser Grafik an der Stelle nicht zu erwähnen, kann nur als Verschleierungstaktik bezeichnet werden.

Resümee HTH: Alle branchen-internen Angaben von proPellets sprechen dafür, dass die Pelletproduzenten die derzeitige Weltwirtschaftskrise nutzen, um ihre Preise illegitimer Weise nach oben zu treiben. Als Moralphilosoph lehne ich diese Preistreiberei ab und fordere eine sofortige Rückkehr zum Preisniveau von 2021! Selbst wenn es keine Preisabsprachen gegeben hat, so ist das Marktversagen offensichtlich. Um den Markt wieder herzustellen braucht es einen Eingriff! Das mag Anhänger des Wirtschaftsliberalismus stören, es ist aber die logische Antwort auf das Marktversagen, wenn man Wirtschaft nicht auf Profitgier und Gewinnmaximierung reduziert! Am besten wäre eine radikale Selbst-Regulierung der Branche. Und zwar jetzt!