2023.03.15 Neutralität und Sicherheit

Podiumsdiskussion

am Mittwoch, 15. März 2023, 18.30 Uhr

im ÖGB Catamaran, 10. Stock, Riverbox, 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1

U2-Station Donaumarina. Um Anmeldung wird ersucht: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! Freier Eintritt, Spenden erbeten.

1933 – 1938 – 2023: Vor 90 Jahren Ausschaltung des Parlaments, vor 85 Jahren Auslöschung Österreichs – und dann: Krieg. Die Lehren daraus: Österreichs Neutralität. Heute gilt umso mehr: Eintreten für Demokratie, für Frieden und Neutralität! Nie wieder KRIEG!

Es diskutieren: Em. o. Univ.-Prof. Dr. Max Haller, Institut für Soziologie, Uni-Graz; a. o. Univ. Prof. Dr.in Andrea Komlosy, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Uni-Wien; Dr. Pascal Lottaz, Appointed Associate Professor, Uni-Kyoto (per Video-statement); PD HS-Prof.in Mag.a Dr.in Sabine Zelger, KPH Wien/Krems; Mag.a Olivia Janisch, Stv. FSG vida Vorsitzende und vida Bundesfrauenvorsitzende; Dr. Michael Kösten, Gewerkschafter*innen gegen Atomenergie und Krieg; Mag.a Heidemarie Tschida: Moderation

Veranstalter: Initiative unsere-neutralität.at * Mit freundlicher Unterstützung der FSG vida und Gewerkschafter*innen gegen Atomenergie und Krieg / atomgegner.at

Unsere Neutralität

 

Offener Brief zur Verteidigung und Aufrechterhaltung der Neutralität Österreichs

An die Bevölkerung Österreichs

Die Unterzeichner*innen des offenen Briefes „Unsere Neutralität – unsere Sicherheit“ erwarten von Bundespräsident Van der Bellen, der Bundesregierung, dem Nationalrat und allen öffentlichen Institutionen, die immerwährende Neutralität Österreichs einzuhalten und zu schützen. Österreichs Neutralität muss nicht „überdacht“, sondern mehr denn je aktiv gelebt werden. Unsere Volksvertreter*innen sind angehalten, sich an die Neutralität zu halten, sodass Österreich nicht wieder in einen Krieg hineingezogen wird. 90% der Österreicher*innen sind für die immerwährende Neutralität Österreichs! Insbesondere richten wir dieses Schreiben auch an Bundespräsident Van der Bellen.

Österreichs immerwährende Neutralität ist heute, gerade in Zeiten von heißen Kriegen, wichtiger denn je! Der Krieg Russlands gegen die Ukraine, ein Verstoß gegen das Völkerrecht und das Minsker Abkommen, ist durch nichts zu rechtfertigen und entschieden abzulehnen. Dieser Krieg, der unsägliches Leid, Verletzte, Tote und Zerstörung verursacht, ist sofort zu stoppen. Beide Seiten müssen unverzüglich einen Waffenstillstand verhandeln!

Das Respektieren des Minsker Abkommens vom 12. Februar 2015 durch beide Kriegsparteien samt der schon einmal von Präsident Selenskyj ins Gespräch gebrachten Angebote an Moskau ‒ mögliche Neutralität, Einigung über die Anerkennung der Krim und Referenden über den zukünftigen Status der Donbass Republiken ‒ würden eine reelle Chance für einen Frieden bieten. Andernfalls droht ein lange währender Zermürbungs- bzw. Zerstörungskrieg, der in einen noch größeren Krieg münden kann.

Immer mehr wird sichtbar: Die Ukraine dient als Aufmarschgebiet und Schlachtfeld zwischen USA/NATO-Interessen in Europa und Russlands Interessen. Wir dürfen nicht auf einem Auge blind sein. Die Gefahr kommt nicht nur vom Osten, sondern auch vom Westen, von der USA/NATO- und EU-Militarisierung – inklusive des nun auch massiv aufrüstenden Deutschlands.

Immer mehr lassen sich die EU-Staaten in die USA/NATO-Aufrüstungs- und Kriegsspirale hineinziehen. Mit allen ökonomischen und sozialen Folgen und Lasten für die Bevölkerungen Europas. Die Krisenfolgen werden mehr denn je auf die Masse der Menschen abgewälzt. Nach den Folgekosten der Pandemie steigen nun die Preise für Wohnen, Lebensmittel, Energie enorm! Die riesige Teuerung der Lebenshaltungskosten ist für immer mehr Menschen nicht verkraftbar.

Österreich hat als immerwährend neutraler Staat die Chance, sich nicht in Aufrüstung und Krieg hineinziehen zu lassen. Es muss seinen beim EU-Beitritt erreichten Neutralitätsvorbehalt, d.h. keine Beistandspflicht im Kriegsfall, nicht erst bei noch größerer Gefahr für die österreichische Bevölkerung, sondern schon jetzt umsetzen. Das heißt: kein Mitmachen bei EU- und oder USA/NATO-Aufrüstung und Kriegsbeteiligung – weder direkt noch indirekt (z.B. durch die Genehmigung des Transits von Militärgerät und Waffenlieferungen durch Österreich zu Luft, Land oder Wasser; oder durch Mitfinanzieren von Waffenlieferungen über Österreichs EU-Mitgliedsgelder aus den diversen EU-Töpfen).

Putins völkerrechtswidriger Krieg in der Ukraine darf gerade im neutralen Österreich nicht dazu dienen, die Bevölkerung für die Kriege der Großmächte und Konzerne zahlen oder auch den Kopf hinhalten zu lassen. Denn in Wirklichkeit wird nicht um europäische Werte gekämpft, sondern um den Einfluss des westlichen Kapitals gegen das östliche Kapital. Jegliche Art des Mitmachens oder der Teilnahme verschlimmert den Krieg und macht Österreich überdies zur Kriegspartei.

In der österreichischen Verfassung ist die immerwährende Neutralität festgeschrieben. Das Bundesverfassungsgesetz über die N e u t r a l i t ä t Österreichs wurde am 26. O k t o b e r 1955 im Nationalrat beschlossen. Im Artikel 1 heißt es:

"(1) Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.

(2) Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen."

Der Bundespräsident ist auf die österreichische Verfassung und damit auf die immerwährende Neutralität angelobt. Der Bundespräsident ist der Oberbefehlshaber des österreichischen Bundesheeres, das auf die Verfassung und damit auf die immerwährende Neutralität Österreichs vereidigt ist. Gerade jetzt, wo Krieg in Europa herrscht, erwarten wir vom Bundespräsidenten, allen Versuchen von verschiedenen Parteien und Interessenvertreter*innen oder Militärs, die österreichische Neutralität zu relativieren bzw. sogar aufzuheben, entschieden entgegenzutreten und alles daran zu setzen, dass sich Nationalrat, Bundesregierung, Bundesheer, alle öffentliche Institutionen an die immerwährende Neutralität halten!

Alle unsere Volksvertreter*innen sind auf die Verfassung und damit auf die immerwährende Neutralität vereidigt! Das heißt, sie haben dafür zu sorgen, dass Österreich nicht weiterhin an den EU-Aufrüstungsplänen, sei es an dem militärische Kerneuropa (SSZ), sei es an der EU-Militär-Zusammenarbeit (PESCO), teilnimmt. Das Bundesheer soll unsere immerwährende Neutralität schützen und nicht im Ausland mit EU-, NATO- oder USA-Kampftruppen für Großmachtinteressen und Konzernprofite das Leben österreichischer Soldaten riskieren. Das bringt unser Land in Gefahr, das ist mit Österreichs immerwährender Neutralität unvereinbar. Nur die Nichtteilnahme an Aufrüstung und Krieg von USA/NATO/EU oder anderer Mächte bringt unserem Land Sicherheit.

Die immerwährende Neutralität Österreichs wurde als Folge von zwei verheerenden Weltkriegen erklärt. Das entsprach dem Wunsch der österreichischen Bevölkerung, nicht mehr an Deutschland und/oder andere Großmächte bzw. Großmachtblöcke und Bündnisse angeschlossen zu werden, nicht mehr mitzumarschieren, nicht mehr für Großmachtinteressen – auf welcher Seite auch immer – in Kriege gezwungen zu werden oder gar sich selbst aktiv an Kriegen zu beteiligen. 90% der Österreicher*innen sind für die immerwährende Neutralität Österreichs!

Wir brauchen keine "neue Sicherheitsdoktrin". Unsere Sicherheitsdoktrin heißt immerwährende politische, wirtschaftliche und militärische Neutralität. Und das ist gut so, ist einzuhalten und zu respektieren. Das heißt, auch den Willen der Bevölkerung zu respektieren. Alles andere ist undemokratisch.

Österreich kann und soll zu einer Ära der aktiven und engagierten Neutralitätspolitik auf Basis seiner immerwährenden Neutralität zurückkehren. Es kann wieder zu einem kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Brückenschlag zwischen Ost und West, zwischen Nord und Süd und damit zum internationalen Frieden beitragen.

Mehr Sozialstaat statt Aufrüstung und Krieg

Für ein immerwährend neutrales, unabhängiges und demokratisches Österreich