Vielfalt ist besser als Einfalt

EDITORIAL Anima Incognita Kunstmagazin 3 2025

29. September 2025 - Nun ist die Urlaubszeit auch schon wieder vorbei und der Herbst beginnt mit einer neuen Ausgabe des Anima Incognita Kulturmagazins. Ich selbst durfte meinen Urlaub auf Rhodos verbringen und entdecken wie vielfältig eine kleine Insel sein kann. Besonders beeindruckt hat mich, welche Kräfte Wind und Wellen auf der steinigen und felsigen Nordwestseite der Insel entfalten, während die Südostseite sanft und sandig ist.

AIK 3 2025

Vielfalt ist besser als Einfalt, ist ein bekanntes Bonmot. Damit endet der „poetische“ Teil dieses Editorials und – ich wollte es nicht, aber es muss sein! – die politischen Entwicklungen haben mich wieder. Gemäß meinem ceterum censeo - man kann nicht nicht politisieren – hier ein paar Gedanken zu den neuesten Entwicklungen.

In Amerika wurde ein politischer Aktivist, Anhänger von Donald Trump, erschossen. In Deutschland postete der Webmaster einer Sparkasse auf dem offiziellen Instagram-Account der Bank „RIP Charlie Kirk“. Dafür wurde er umgehend entlassen, die offizielle Sprecherin der Bank bekundete ihr „Entsetzen“ und fühlte sich bemüßigt zu erklären, die Sparkasse stehe „ganz klar für Demokratie und die demokratischen Grundwerte wie Vielfalt, Meinungsfreiheit, Toleranz und ein friedliches Miteinander“. Indessen wurden in Amerika dutzende Staatsbedienstete, insbesondere Lehrer, entlassen, die ihre Kritik oder gar Verhöhnung des Opfers in Sozialen Medien publizierten. Zur Trauerfeier in Arizona kamen 60.000 Menschen und Erika Kirk hat dem Attentäter vergeben.

Großes Welttheater oder lediglich eine neue Ausgabe der Stehgreif-Komödie „Einfalt ist besser als Vielfalt“? Alles Show oder bedeutende Zeichen einer Zeitenwende? Eine Flutwelle am Abend, oder der Untergang des Abendlandes? Das werden Historiker in späteren Jahrzehnten entscheiden. Für heute gilt: NDR (Neues Deutsches Rechtsempfinden): alle Trauernden und Kondolenten befinden sich außerhalb der „demokratischen Grundwerte wie Vielfalt, Meinungsfreiheit, Toleranz“. Und in allen Ländern gilt: Nur die Machthaber haben das Recht, recht zu haben.

Seit der letzten Bankenkrise wissen wir, dass Banken staatstragende und im Notfall staatsgetragene Institutionen sind. Wenn im Namen einer Sparkasse, die traditionell eng mit den lokalen Politikern verbandelt ist, erklärt wird, diese vertrete die „demokratischen Grundwerte wie Vielfalt, Meinungsfreiheit, Toleranz“ so ist das

1. ein flaches Bekenntnis, so viel wert wie das Glaubensbekenntnis, das alle Katholiken kennen, das aber niemand mehr ernst nimmt;

2. eine glatte Lüge, wenn man die Kündigung des Webmasters betrachtet, denn diese Maßnahme ist das genaue Gegenteil dessen, was man gleichzeitig verkündet hat.

Auf jede Verkündigung folgt einen Kündigung! Das mag der Logik der Gläubigen entsprechen. Die Logik von Sparkassendirektoren, Politikern aller Ebenen und Coleurs und Medienmachern dient allein dem Systemerhalt. Die Systemerhalter sind Menschen, die immer noch glauben, die EU und ihre Mitgliedsstaaten seien Demokratien.

Stimmt doch! Die EU und ihre Mitgliedsstaaten sind Demokratien, so wie einst die Sowjetunion und die Deutsche Demokratische Republik.

Eigentlich ist der Begriff „Vielfalt“ antiquiert, heute spricht man von „Diversity“, denn nicht nur die Jugend, auch Politiker müssen der Mode folgen. Diversity ist aber nur scheinbar ein anderes Wort für Vielfalt in allen Bereichen. Diversity ist ein anderes Wort. Genau genommen das Gegenteil von Vielfalt. Der Begriff impliziert Inklusion, Political Correctness und nicht zuletzt Cancel Culture; all das, was die antiquierte Vielfalt sicher nicht gemeint hat.

- Diversive Inklusion bedeutet, dass muslimische Männer ihre Frauen diskriminieren dürfen, nicht aber ein österreichischer Arbeitgeber seine muslimischen Mitarbeiter.

- Diversive Political Correctness bedeutet, dass man rechten Politikern pauschal unterstellen darf, sie seien Nazis, während linke Klima-Aktivisten die Straßen blockieren dürfen und von den Staatsorganen mit Samthandschuhen weggetragen werden.

- Diverse Cancel Culture bedeutet, die Mächtigen und ihre Freunde wissen, was gut und erlaubt ist, während die Ohnmächtigen, die es wagen, Machtmissbrauch zu kritisieren, zu Feinden der Demokratie erklärt werden und dem entsprechend ausgegrenzt werden.

Demokratie, die sie meinen, verwirklicht die Europäische Union, Kritiker nennen sie Sowjetunion 4.0. Demokratie, die sie meinen, verwirklichen alle Mitgliedsstaaten der EU, Kritiker nennen sie DDR 4.0. Demokratie, die Abkanzeln, Ausgrenzen, Mobbing Andersdenkender zur „Kultur“ erhebt, ohne dass sich die Massen erheben und dagegen wehren, hat ihren Tiefpunkt erreicht. Wir wissen heute nicht, ob dieser Tiefpunkt der Marianengraben ist, oder lediglich das Tal einer großen Welle.

Wer behauptet, das sei übertrieben, ist entweder jünger als 30 Jahre oder Politiker, Staatsbeamter Staatskünstler, ORF-Journalist, kurz: Systemerhalter. Systemkritiker dagegen erinnern sich an Schriften sowjetischer Dissidenten.

„Wir wissen, sie lügen. Sie wissen, sie lügen. Sie wissen, dass wir wissen, sie lügen. Wir wissen, dass sie wissen, dass wir wissen, sie lügen. Und trotzdem lügen sie weiter.“ (Alexander Solschenizyn)

Sapere aude!

Herzlichst, Hubert Thurnhofer

Tags: Musik und Literatur, Kulturverein, Literaturverein, Offener Diskurs Raum, Literatur, Literaten