Die rosarote Brille

Ein Artikel aus "Science Nature and Art" aus dem Jahr 4025

von Eva Meloun

Der bedeutenste Fund seit 200 Jahren! Ein Aufschrei ging durch die Wissenschaft! Dier bedeutendste Fund der Geschichte wurde in einer Pappschachtel im hintersten Winkel eines verwahrlosten Kellerabteils des Staatsmuseums gefunden.

Bei Reinigungsarbeiten stolperte eine Putzfrau über Teile eines Skeletts (Anschauungsmaterial für Schulen) und konnte sich gerade noch an einer Schachtel festhalten. Sie hob sie auf, aber bevor sie die Schachtel in den Papiercontainer warf, hörte sie darin ein Geräusch.

Meloun Eva rosa Brille

Sie öffnete sie und eine ROSAROTE BRILLE fiel ihr entgegen.---- Es war das lange gesuchte , verschollene Artefakt! - DER Beweis, dass es die rosa Brille tatsächlich gegeben hatte --- Die meisten Wissenschafter hielten die rosa Brille für eine bis dato nicht belegbare Legende.

Nach den furchtbaren Verwüstungen des vierten Weltkrieg, waren zwei Drittel der Weltbevölkerung ausgerottet.

Es gab nur mehr Leid und Verzweiflung. Eine allgemeine Depression lies die Menschen antriebslos, seelisch gestört, depressiv oder aggressiv werden.

Einen hoffnungsvollen Wiederaufbau, wie nach dem ersten, zweiten und dritten Weltkrieg gab es nicht.

Die Menschen vegetierten ohne Hoffnung in ihrem Elend, hausten unter dem Schutt und den Trümmern der Städte und in Erdhöhlen der verwüsteten Landschaften.

Aber zurück zum Anfang – und zur Chronologie unserer Geschichte:

Der Zufall wollte es, dass eines Tages ein Kleinkind mit den Scherben einer zerbrochenen Tiffany – Tischlampe spielte. Es hielt sich die Glasscherben vor die Augen und krähte in Abständen vergnügt, sodass seine Mutter aus ihrer Agonie erwachte und nach dem Kind sah. Überrascht stellte sie eine seltsame Wirkung fest - immer dann, wenn das Baby die rosa Glasscherbe vor die Augen hielt, lachte und brabbelte es vergnügt. Nun versuchte die Mutter selbst, einmal durch die braune und dann wieder durch die rosa Scherbe zu schauen. Auch sie erlebte denselben Effekt. Unerwartet flink eilte sie zum nächsten Blockwart, überreichte ihm die Scherbe und erzählte von ihrer Wirkung. Auch er war beeindruckt und schickte dieses Fundstück der Behörde. Schon nach ein paar Jahren fiel diese rosa Glasscherbe einem Beamten in die Hände, der sie mit einem Erfahrungsbericht in das Museum für „Ungewöhnliche Funde“ brachte.

Und dort hatte ein junger Assistent DIE bahnbrechende Idee!

---- Heute wissen wir, dass schon innerhalb eines Jahres die gesamte Weltbevölkerung die ROSA BRILLE trug.

Wie wir jetzt zurückverfolgen können, begann durch das Tragen der rosa Brillen ein Aufschwung, ein Gefühl eines positiven Neubeginns. Die Hoffnung auf rosige Aussichten beflügelte die Menschen. Sie freuten sich wieder des Lebens, ja, sie begannen sich um die Produktion der Nahrungsmittel zu kümmern und logistisch zu verteilen. Sie räumten Schutt und Trümmer weg und bauten wieder ihre Häuser auf.

In dieser Zeit, genannt die „Rosa Periode“, wurden aus gutem Grund Verstöße gegen die gesetzlich verordnete „Tragepflicht“ mit aller Härte bestraft.

Hatten doch immer wieder „Terroristen“ die Brille abgenommen und nun erschrocken über den wahren Zustand der Welt geschrien: „Die Welt ist nicht so wie ihr sie durch eure rosa Brillen seht – sie ist schrecklich, das ist die Wahrheit!! Seht ihr denn nicht die Klimakataastrophe, die schmelzenden Eisberge, das Sterben der Tiere! Nehmt die Brillen ab und seht selbst!“

Aber nicht genug damit: sie rissen den Menschen die Brillen von den Nasen, zertrampelten sie und verunsicherten auch die gläubigsten Brillenträger.

Es war eine unruhige Zeit, in der Geschichtsschreibung die „Dunkle Zeit“ genannt.

Aber schon in diesen Jahren hatten vorausschauend Forschende an der „MITWACHSENDEN ROSA KONTAKTLINSE“ gearbeitet. Die Brille war zum Problem geworden: teuer, leicht zu beschädigen, ABNEHMBAR - vor allem mit Konfliktpotenzial behaftet - die Gesellschaft hatte sich gespalten - Brillenträger gegen Naturaugen. Die Partei der Rosa gegen die Partei der Grauen.

Es bildete sich der Rat der Alten, die darüber nachdachten, wie der Friede ein für alle Mal sicher gestellt sein könnte. So sind Ärzte schon seit vielen Generationen behördlich verpflichtet, die „MITWACHSENDE Rosa Kontaktlinse jedem neugeborenen Kind einzusetzen!

Anlässlich einer imposanten Feier verkündete der Älteste der Alten mit vor Rührung zitternder Stimme, „Es ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer für die Menschheit.“ und „nun erlaubt uns dieser kleine Gegenstand im Auge eine hoffnungsvolle, rosige Aussicht auf die Zukunft!“

ANMERKUNG: Die Skulptur von Eva Meloun ist ein Beitrag zur Ausstellung "Rosige Aussichten", der Jahresausstellung des Mödlinger Künstlerbundes von 9. bis 19. Oktober 2025

Einladung Rosige Aussichten