Von Wolfgang Berger
22. Juni 2025 – (Ursprünglich publiziert auf selbstbestimmtes-oesterreich.at, 18.6.25) Zum dritten mal versuchte eine österreichische Bundesregierung eine Totalüberwachung von Computern und Handys durchzusetzen, der Gesetzesentwurf zeigt Unvereinbarkeit mit rechtsstaatlichen Grundsätzen.
Im Jahr 2016 versuchte die damalige Bundesregierung ein Überwachungsgesetz in zwei Anläufenauf auf die Wege zu bringen, woraus aber nichts wurde, nachdem der Widerstand in der Zivilgesellschaft zu groß war. Nichtsdestotrotz versuchte man es im Jahr 2018 noch einmal im Zuge des sogenannten „Überwachungspakets“ und scheiterte schließlich im Jahr 2019 am Verfassungsgerichtshof. Und so dachte sich wahrscheinlich diese sogenannte Zuckerlkoalition, dass aller guten Dinge drei sind, und brachte einen Gesetzesvorschlag auf die Wege, der in seiner Rechtsstaatlichkeit nicht nur Fragen aufwirft, sondern vielmehr daran zweifeln lässt, ob da noch jemand mit Verstand für Grundrechte am Werk ist
„Hast kein Talent, geh ins Parlament“
Was man über diesen Gesetzesentwurf zur Messenger-Überwachung lesen kann, lässt die Vermutung aufkommen, dass diesen Herrschaften wohl ein wenig Sachkenntnis zur IT fehlt oder, dass man einfach vorgibt nichts zu wissen. Was sich nämlich hinter dem Begriff „Messenger-Überwachung“ verbirgt, ist nichts anderes als eine totale „Onlineüberwachung“ aller IT-Geräte aller Bürger in Österreich, damit hätte die Stasi eine Freude gehabt. Zunächst ist festzuhalten, dass die technischen Voraussetzungen für eine reine Messenger-Überwachung nicht gegeben sind.
Technische Unmöglichkeit ist keine Unmöglichkeit für die Bundesregierung
Die gängigen Messenger-Dienste, wie WhatsApp, Signal, Telegram uva. nutzen für die Sicherheit ihrer User End-to-End-Verschlüsselung. Das heißt, dass die Übertragung von Nachrichten immer verschlüsselt ist und vor dem Senden chiffriert und nach dem Empfang dechiffriert wird. Ein Auslesen dieser Nachrichten auf dem Übertragungsweg ist so gut wie nicht möglich. Das heißt wiederum, dass eine reine Messenger-Überwachung nicht möglich ist, es sei denn, dass z.b. Pawel Durow (Gründer von Telegram) für die Österreichische Bundesregierung ein digitale Hintertür offen lässt, damit alle „vermeintlichen österreichischen Terroristen“ immer durch die Nachrichtendienste überwacht werden können. Aber da ist es wohl wahrscheinlicher, dass Ursula von der Leyen wegen dem Pfizer-Gate ins Gefängnis geht.
Also um die Chiffrierung von Messenger-Diensten zu umgehen, müsste der österreichische Staatsschutz und die Nachrichtendienste die Möglichkeit der Bildschirmüberwachung bekommen und das heißt ganz einfach die totale Überwachung des gesamten Betriebssystems (OS = Operating System).
Die meist genützten Betriebssysteme wie Android, Windows 10 und 11, iOs und Apple Mac OS bestehen aus Millionen Zeilen an Code, welche zum Teil immer auch das Potential von Lücken und Fehlern aufweisen. Professionelle Hacker, IT-Kriminelle und die sogenannte Sicherheits-Dienste machen sich das seit Anbeginn der digitalen Revolution zu ihrem eigenen Vorteil zunutze. Dabei werden persönliche, vertrauliche und intime Daten ausgelesen, manipuliert, kopiert, verkauft und schließlich gegen User eingesetzt. Dass irgendjemand Zugriff auf die eigenen Daten des Computers, Handys & Tablets hat, bleibt für den Betroffenen meist unbemerkt.
Der OS-Hersteller Microsoft hat seine Sicherheitsrichtlinien am 30.09.2023 maßgeblich geändert und schreibt darin, dass die User von MS-Produkten nun offiziell 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und 365 Tage im Jahr überwacht und kontrolliert werden. Für User kann das auch heißen, sollten sie der KI von Microsoft nicht gefallen, werden sie aus dem Betriebssystem ausgeschlossen
Schön, dass Microsoft so viel Offenheit zeigt und nun dazu steht, alle Nutzer permanent zu überwachen. Seit Edward Snowden wissen Viele, dass die IT-Giganten immer mit den amerikanischen Geheimdiensten zusammengearbeitet haben. Also, im Falle von Microsofts Betriebssystemen könnte der österreichische Staatsschutz und Nachrichtendienst einfach beim großen Bruder NSA (National Security Agency) anfragen, um ein paar Daten rauszugeben, was die NSA natürlich machen wird in Anbetracht der unerschütterlichen Professionalität und Vertrauenswürdigkeit des österreichischen Sicherheitsapparates.
Rechtliche Lücken mit der IT-Lücke
Sicherheitslücken in den gängigen Betriebssystemen und Apps (Applikation = Software) sind normal und bedingt durch die Komplexität der Entwicklung solcher Programme. Software-Updates und Sicherheitsupdates sind genau dazu da, derartige Lücken im Laufe der Zeit zu schließen und die Software sicherer zu machen.
Die Österreichische Regierung hat in Bezug auf ihre Überwachung also nicht viele Möglichkeiten. Entweder kauft man die Erkenntnisse über Sicherheitslücken am Schwarzmarkt oder man verlässt sich auf das Wissen ausländischer Geheimdienste, die diese Sicherheitslücken bereits verwenden. Beide Möglichkeiten stellen rechtliche Schwierigkeiten dar – denn dies würde bedeuten, Millionen an Steuergeld für Hacker-Informationen am Schwarzmarkt auszugeben oder den Verlust von Souveränität in Bezug auf die Sicherheit durch die Abhängigkeit von ausländischen Diensten in Kauf zu nehmen, wobei vulnerable Daten aller Bürger an diese Dienste gingen.
Eine weitere, sehr unwahrscheinliche Möglichkeit wäre, dass man die IT-Giganten dazu zwingt, IT-Sicherheitslücken einzubauen und diese auch bestehen zu lassen. Was wiederum bedeutet, dass auch IT-Terroristen, Hacker, Kriminelle und andere Geheim-Dienste darauf Zugriff hätten. Das würde faktisch auch bedeuten, dass der österreichische Gesetzgeber IT-Unsicherheiten rechtlich einfordert und somit auch das Grundrecht auf Privatsphäre aller Bürger massiv unterminiert. So oder so befindet sich die Legislative auf dem Graupfad der Legalität.
Fazit
Hier wurde an einem Gesetz gebastelt, welches kundtut, dass man hinter dem Begriff „Messenger-Überwachung“ alle Bürger Österreichs lückenlos digital überwachen möchte. Dieser Entwurf ist nach derzeitigem Wissensstand auch nicht mit der österreichischen Verfassung konform, da das Recht auf Privatsphäre komplett negiert wird. Jenseits jeder Verdachtslage würde jeder User von digitalen Produkten in Österreich von den Nachrichten-Diensten überwacht werden. Im Gesetzes-Vorschlag gibt es derzeit nicht einmal einen Passus zum effizienten Schutz von Berufsgeheimnisträgern wie Rechtsanwälten oder Journalisten – konnte man davon etwas in den Mainstreammedien lesen? Nein.
Wo die Reise hingeht, ist aber ganz klar. Diese Regierung – genauso wie die vorangegangene Regierungen – braucht für ihren autokratischen Machtexzess totalitäre Werkzeuge, um Oppositionelle, Aktivisten, Widerständige, Journalisten, Anwälte und widerständige Organisationen zu bekämpfen und zu neutralisieren. Und dabei ist auch die Lüge recht, dass man nur gegen Terrorismus oder Kinderpornografie vorgehen möchte.
Es geht um die totale digitale Überwachung und den totalen Verlust an Privatsphäre im digitalen Raum. Genauer gesagt: Wir sind bereits im Jahr 1984 angelangt, aber niemand will das wissen.
Genau genommen muss man sich fragen, wer soll hier eigentlich vor wem geschützt werden, wenn über 9 Millionen österreichische Bürger von 21 Regierungsmitgliedern unter Generalverdacht gestellt werden? Da werden wohl eher die amtlichen Teletubbies vor den Bürgern geschützt und nicht der Bürger vor Bedrohungen – das bedeutet die totale Perversion von Demokratie und die Etablierung eines totalitären Regimes.
Am 18. Juni 2025 hat sich der Ministerrat der Bundesregierung auf einen Gesetzesentwurf geeinigt; das Gesetz soll noch vor dem Sommer vom Parlament abgesegnet werden und ab 1. Jänner 2027 in Kraft treten!
Dank an Epicenter.Works für das ausführliche Dokument zum Bundestrojaner
Auf dieser Seite von Epicenter.Works kann man auch noch eine Stellungnahme abgeben: https://bundestrojaner.at/
SIEHE AUCH:
Parlamentskorrespondenz Nr. 362 vom 08.05.2025: Diskussion über Messenger-Überwachung im Verfassungsausschuss.
inside-politicsat (14.4.2025): Messenger-Überwachung – Gesetzesentwurf wirft viele Fragen auf