Thurnhofer Hubert: Baustelle Parlament

"Warum die österreichische Verfassung für das 21. Jahrhundert nicht geeignet ist", so der Untertitel des Buches, das als Einführung in das Österreichische Bundesversfassungsgesetz (B-VG) und die Nebenverfassungsrechte gelesen werden kann. Darüber hinaus ist es aber auch eine kritische Auseinandersetzung mit einem Regelwerk, in dem viele Stellen nicht mehr zeitgemäß sind, große Teile rein bürokratische Regeln enthalten und - trotz 600 Seiten Umfang - viele Themen fehlen, die für das 21. Jahrhundert relevant sind.

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23. Februar 2021 - Ein Gespräch mit Michel Boyle über Baustelle Parlament und den Zustand der Demokratie zu Zeiten der Corona-Herrschaft.

Was sagen die Leser?

Erhard Busek: "Zu meinem Schmerz muss ich Ihnen zu dem Büchlein „Baustelle Parlament“ gratulieren. Der Schmerz besteht darin, dass es einfach notwendig ist, wobei ich gleich damit die erste Frage verbinde: Haben Sie ein Echo von relevanter Stelle? Ist es damit gelungen, wenigstens eine akademische Diskussion darüber zu beginnen? Welche Einwände haben Sie bekommen? "

Der Einwand von Doris Bures, 2. Nationalratspräsidentin, kurz und bündig: "Bedarf für eine Gesamtreform der österreichischen Bundesverfassung besteht nicht." (Details dazu siehe Blog auf fischundfleisch) Typisch für Journalisten schreibt Mia Eidlhuber, Leiterin des Ressorts „Album“ in „Der Standard“: „Wir machen keine Publikationen aus Eigenverlagen.“

Walter Baco: "In Thurnhofers kritischer Hinterfragung der österreichischen Verfassung lernt man einiges über das Österreichertum. Interessant auch, was nicht oder bestenfalls in einer Randnotiz in der Verfassung steht: Kunst, Kultur, Bildung – also das, woraus das Land eigentlich seinen Stolz bezieht. Und Ethik, Würde, Frieden? Nicht auffindbar oder gut versteckt. Die Menschenrechte, ok, aber einem Zwergstaat angepasst, eben im Liliputformat. Und - genauso unverhohlen wie skandalös - wird aufgezeigt, zu welchem Kniefall ein Rechtsstaat vor den Banken und der internationalen Finanzherrschaft bereit ist.

Prof. Hans Köchler: "Die "Baustelle Parlament", beschreibt wesentliche Mängel der österreichischen Bundesverfassung in einer auch für eine breitere Öffentlichkeit nachvollziehbaren Form. Ich erinnere mich noch lebhaft an die seinerzeitigen Gespräche mit Professor Klecatsky, der die Verfassung in dem - von Ihnen treffend beschriebenen - Zustand der Zersplitterung des öfteren als "Verfassungsruine" bezeichnet hat. Das Problem zum heutigen Zeitpunkt scheint mir auch zu sein, daß die verantwortlichen Politiker weder das persönliche Format noch die juristisch-staatsrechtliche Bildung besitzen, einen Neuanfang, wie Sie ihn sich vorstellen, überhaupt anzudenken. Der amtierende Bundespräsident bewegt sich mit seinen naiv anmutenden Äußerungen über die angebliche "Schönheit" der Verfassung im Bereich des Unverbindlichen bzw. Irrelevanten. Zu einigen der von Ihnen aufgezeigten Probleme - insbesondere des "freien" Mandates - habe ich in früheren Jahrzehnten publiziert."

Otto Hans Ressler: "Die österreichische Verfassung ist nicht reformierbar. Sie muss völlig neu geschrieben werden! Und natürlich sind Politiker, Bürokraten und Juristen denkbar ungeeignet, das zu tun, weil sie mit einer modernen, „schön und elegant“ formulierten Verfassung Teile ihrer Existenzberechtigung preisgeben würden. Jede und jeder würde verstehen, worin ihre und seine Rechte bestehen und sie – horribile dictu – möglicherweise sogar einfordern. Da macht man lieber mit einer Verfassung weiter, die hundert Jahre alt ist, deren Wurzeln bis tief ins 19. Jahrhundert reichen und deren Tauglichkeit für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts schlicht nicht gegeben ist."

Meinhard Rüdenauer: "Baustelle Parlament hat Hubert Thurnhofer, Kunstmanager, Kommunikationsberater, Philosoph und Galerist des bis 2019 legendären „Kunstraums“ in den Wiener Ringstraßengalerien sein neues Buch benannt. Doch der Kulturfachman nimmt nicht den Bauwahn der Parlamentarier aufs Korn, sondern er setzt sich als Geisteswissenschafter mit der Österreichischen Verfassung aus dem Jahr 1920 auseinander. Da stimme so einiges nicht mehr für die heutige Zeit, meint er. Kein Recht auf Gerechtigkeit konstatiert Thurnhofer über die gegebenen Machtbefugnisse. Folgert weiter: Österreichs Verfassung ist in schlechter Verfassung. Und somit legt er eine Lehr- und Streitschrift vor, welche darauf hinweist, dass dies, was vor hundert Jahren nach dem Untergang der k.u.k. Monarchie passend und gut gewesen ist, nun zu einem durch die Jahre mit stets neu hinzugefügten Paragraphen ein zusammen gestoppeltes Flickwerk geworden sei. Auch wenn Bundespräsident Van der Bellen vor kurzem die 'Eleganz, ja die Schönheit unserer Österreichischen Bundesverfassung' hervorgehoben hatte."

Cover Baustelle

INHALT

Prolog

Die Verfassung in schlechter Verfassung - Artikel 1 bis 9a

Beamtenstaat im Geiste Kakaniens - 1862, 1867, 1988 und Artikel 10 bis 13 und 24 bis 49

Unsere Verfassung kennt keine Bildung - Artikel 14, 14a und eine Auswahl von 14b bis 23k

Das freie Mandat - Der Souverän (Artikel 56) und die Regierung (Artikel 19)

Staatsvertrag und Neutralität - Österreichs Demokratie ist völkerrechtlich verankert

Die Todesstrafe als Bruchlinie - Artikel 85, Menschenrechtskonvention und Charta der Grundrechte

Finanzkapitalismus unterwandert die Demokratie - Artikel 50, 50a bis 50d

Kann die Verfassung das Bargeld retten? - „Die Verwendung von Bargeld unterliegt keinen Einschränkungen“

Die Bevorzugung des ORF ist verfassungswidrig! - Rundfunkgesetz und Artikel 11 Charta der Grundrechte

Der Rest ist Bürokratismus - Drittes bis Neuntes Hauptstück des B-VG

Ein kleiner Ausflug in die Schweiz - und: der Gesellschaftsvertrags von Jean-Jacques Rousseau

Epilog

   

Hubert Thurnhofer

Baustelle Parlament. Warum die österreichische Verfassung für das 21. Jahrhundert nicht geeignet ist.

ISBN 9 7837 50 441576 Verlag BoD

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Philosophie im Gespräch: Irmgard Klammer im Gespräch mit dem Autor am 19 März 2020.

STICHWORTE: Präsidentschaftskandidat + Bundespräsident + Präsidentschaftswahl + Hofburgwahl + Österreich

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Rezension aus Deutschland vom 25. Februar 2020

Der Philosoph Hubert Thurnhofer hat in seinem Buch „Moral 4.0“ bereits darauf hingewiesen, dass sich die Demokratien in Krisen befinden. Die Wortwahl eines Philosophen ist immer bewusst gewählt. Er schreibt nicht über „die Demokratie“ als homogenes politisches System, denn alle Demokratien haben ihr eigen Verfassungen und Entwicklungen durchgemacht.
Dem entsprechend haben heute alle Demokratien dieser Welt ihre eigenen Krisen zu bewältigen. Im neuen Buch „Baustelle Parlament“ hat der Autor die grundlegenden demokratischen Probleme seines eigenen Heimatlandes unter die Lupe genommen: Österreich.
Der Autor schreibt über die übermächtigen Parteien und Apparate, die ihre Fundamente in der österreichischen Verfassung aus dem Jahre 1920 haben. Das Bundesverfassungsgesetz, wie es entstanden ist und was daraus geworden ist, durchleuchtet der Autor aus Sicht des kritischen Philosophen. Für einen Laien überraschend: die österreichische Verfassung enthält keine Zweckbestimmung. Daraus folgert der Autor, dass eine Erneuerung der Demokratie auf Grundlage der bestehenden Verfassung nicht möglich ist. Neben zahlreichen Originalzitaten bringt Thurnhofer viele Argumente „Warum die österreichische Verfassung für das 21.
Jahrhundert nicht geeignet ist“. Das leicht verständliche Buch endet mit einem optimistischen Ausblick: das Volk als Souverän ist imstande, eine bessere Verfassung zu verfassen.
 
Rezension aus Deutschland vom 5. Mai 2021