Kants Hauptwerk blieb einige Jahre hindurch ziemlich unbeachtet, bis die ebenso klar wir anziehend geschriebenen „Briefe über die Kantsche Philosophie“ von Reinhold (s.d.), welche zuerst (seit 1786) in Wielands „Deutschem Merkur“ erschienen, die Denker- und Leserwelt für den Verfasser gewannen. Als Gegner Kants traten auf die Popularphilosophen Feder, Garve, Tiedeman, der Woflianer Eberhard, Herder, dessen „Metakritik“ (Leipz. 1799) und „Kalligone“ (Berl. 1800) weniger Beachtung fanden, als sie verdienten, der „Glaubensphilosoph“ Jacobi und der Skeptiker G.G. Schulze („Änesidemus“, Helmst. 1792), Sal. Maimon, Beck, Bardili u.a.
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Als Anhänger Kants machten sich außer Reinhold zuerst Joh. Schulz (durch „Erläuterungen zu Kants Kritik“, Königsb. 1784, welche dessen vollen Beifall fanden), Jakob, Erhard Schmid, auf dem Gebiet der Religionsphilosophie: Heidenreich, Teiftrunk, Wegscheider u.a., auf dem der Logik: Kiesewetter, Hoffbauer, Krug, Maaß, Fries, auf dem der Psychologie: Maaß, Fries, auf dem der Ästhetik: Schiller, Bouterwek, auf dem der Geschichte der Philosophie: Tennemann, Buhle, Wendt u.a. bemerklich. Indirekt sind fast alle nach K. Philosophierenden durch ihn beeinflußt worden, indem nicht nur Fichte, der Urheber der idealistischen Richtung, sich anfänglich selbst für einen Kantianer hielt, sondern auch Herbart, der Urheber der realistischen Strömung, sich selbst einen Kantianer „vom Jahr 1828“ nannte, Schopenhauer von allen seinen Vorgängern nur K. als seinen Lehrer anerkannte.
Eine Geschichte der Kantschen Philosophie hat Rosenkranz im 12. Band seiner Ausgabe der Kantschen Werke geliefert. Nach der Abwendung von der Hegelschen Schule und dem Mißerfolg der positiven Philosophie Schellings kehrte das philosophische Interesse vielfach zu K. als dem ursprünglichen Ausgangspunkt der neueren deutschen Philosophie zurück, und es begann ein erneutes, zum Teil philologisch vertieftes Studium seiner Werke. Eine Reaktion zu gunsten der Kantschen idealistischen Erkenntnistheorie ging von den Naturforschern, insbesondere von Physiologen aus der Schule des eifrigen Verehrers Kants, Johannes Müller, aus, an welcher Helmholtz, Rokitansky, Wundt, Ezermark u.a. sich beteiligten.
Gegenwärtig ist das Studium, die Erläuterung und Erneuerung Kants an der Tagesordnung, wie die zahlreichen neuesten Schriften, hauptsächlich über dessen Erkenntnistheorie, von Montgomery, Cohen, Paulsen, R. Zimmermann, Stadler, Röder, Weber, Hölder, Volkelt, Thiele, Laas, Frederichs, Zeller, Pünjer, Witte u.a. und von Vaihinger zur Säkularfeier der „Kritik der reinen Vernunft“ begonnene „Kommentar“ (Stuttg. 1881 ff.) beweisen. Vgl. über Kants Philosophie Chalybäus, Historische Entwicklung der spekulativen Philosophie von K. bis Hegel (Leipz. 1837, 5. Aufl. 1860); J.G. Fichte, Beiträge zur Charakteristik der neuern Philosophie (Sulzb. 1829, 2. Auf. 1841); Kuno Fischer, Immanuel K. (Mannh 1860, 2 Bde.; 3. Aufl., Münch. 1883; nach Erdmanns Urteil die „beste Monographie“ über K., womit jedoch das Urteil Trendelenburgs: „Kuno Fischer und sein K.“ und Fischers Gegenschrift „Anti-Trendelenburg“ [Jena 1870] zu vergleichen).
Über seine Schule vgl. außer obigem Werk von Rosenkranz noch: Wirbt, K. und seine Nachfolger (Jena 1841, Bd. 1), K. Fischer, Die zwei Kantschen Schulen zu Jena (Stuttg. 1862); Liebmann, K. und die Epigonen (das. 1865); B. Erdmann, Kants Kritizismus in der 1. und 2. Auflage der „Kritik der reinen Vernunft“ (Leipz. 1878); „Kants Reflexionen zur kritischen Philosophie“, aus Kants handschriftlichen Aufzeichnungen herausgegeben von B. Erdmann (das. 1882-85, Bd. 1 u.2); von außerdeutschen Stimmen: Billers, La philosophie de K. (Wetz. 1801), Cousin, Lecons sur la philosophie de K. (4. Aufl., Par. 1864); Destouit, La philosophie de K. (das. 1875); Caird, Critical account of the philosophy of K. (Lond. 1877); Adamson, Philosophy of K. (das. 1879; deutsch Leipz. 1880); Cantoni, Emanuele K. (Mail. 1879-84, 3 Bde.).
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