Transgeometrien – ein Weg zur freien Kreativität

von Nadim Sradj

Die Geschichte der optischen Wahrnehmung und der mathematischen Geometrie, ist die Geschichte der Bewusstseinserweiterung, der Öffnung und damit der Grenzüberschreitung in Richtung absoluter Gestaltungsfreiheit. Der Blick in das Grenzenlose und Unendliche ist die Quelle unserer Phantasie.

Sradj Transgemetrie

Bild: Ableitungen der Transgeometrien vom gegenständlich Konkreten zum abstrakt Symbolischen. Entstehung neuer Strukturen.

Wenn die Zeit das System des Nacheinanders, sozusagen das innere Bewusstsein ist, so ist der Raum das System des Nebeneinanders, das äußere Bewusstsein. Raum und Zeit sind demzufolge die Grundlagen unseres Allgemeinbewusstseins und unserer Orientierung. Die jeweilige Raumtheorie konzipiert und gestaltet unsere Sichtweise und Konfigurationen.

In der Raumwahrnehmung sehen wir nicht nur eine Momentaufnahme der Realität, sondern vielmehr einen dynamischen Prozess zur Orientierung in der Welt. Jeder Mensch entwickelt ein individuelles Koordinatensystem als Maßstab, mit dessen Hilfe er Richtungen und Veränderungen des Geschehens beurteilt.

Die mathematische Grundlage unseres konventionellen und allgemeinen Raumdenkens ist die euklidische Geometrie (300 v. Chr.). Erst durch die Sinnesphysiologie (Helmholtz) und die mathematische Grundlagenforschung entstanden 1826 nichteuklidische Geometrien. Bolyai, Lobaschevski und Gauß entdeckten die hyperbolische Geometrie und Riemann (1860) die sphärische Geometrie.

Die Entwicklung des Raumdenkens vom Einfachen zum Komplexen, vom Teil zum Ganzen und vom Statischen zum Dynamischen wird an einem Dreieck demonstriert. Die einfachste Form der Geometrie ist die euklidische. Als Beispiel hierfür dienen die Pyramiden in Ägypten oder die griechischen Tempel sowie die meisten Gebäude um uns herum. Die systematische Ableitung von euklidischen über hyperbolische, sphärische bis hin zu fraktalen Raumformen vollzieht einen qualitativen Sprung. Es entstehen Formen, die nicht auf ihren Ursprung rückführbar sind. Dies ist das Neue, das Kreative, das sich durch kategoriale Grenzüberschreitung von einer Raumform in eine andere ergibt. Die architektonischen, transgeometrischen Ableitungen des Regensburger Domes, der Zitadelle von Aleppo und einer Moschee sind die Beispiele dafür, wie ein derartiger Prozess verlaufen kann.

Es ist Aufgabe der Architekten, den Raum so zu gestalten, dass eine positive Atmosphäre entsteht, in der sich der Mensch wohl und geborgen fühlt.