Neue Leitung bei Anima Incognita

Von Hubert Thurnhofer (1. Mai 2025)

Liebe Freunde und Mitglieder von Anima Incognita!

Diana Wiedra hat mir im März die Leitung des Anima Incognita Kulturvereins anvertraut, den wir vor mehr als einem Jahrzehnt gegründet haben. Die entsprechenden Eintragungen im Vereinsregister wurden zu Frühjahrsbeginn vorgenommen. Neben mir im Vorstand sind künftig Madge Gill Bukasa (Schriftführerin) und Helenna Jouja (Kassierin) tätig. Madge ist selbst Autorin und verfügt über langjährige Erfahrungen als Herausgeberin von Zeitschriften, Radio- und Filme-Macherin und Organisatorin von Kulturevents. Seit einigen Jahren leitet sie die Galerie RG 10 – www.rg10.gallery - im 9. Bezirk. Helenna ist als Malerin bekannt geworden, schuf aber auch herausragende Werke als Multimedia-Künstlerin. Beispiele davon findet man auf ihrer Webseite www.helennajouja.com. Mein eigener Schwerpunkt liegt derzeit, neben der Betreuung meiner betagten Eltern, in der Herausgabe des Online-Portals www.ethos.at; eine Plattform für alle guten Ideen unseres Landes, aber auch eine Chronik des „ganz normalen Wahnsinns unserer Zeit“ nach dem Motto: wenn wir die Welt nicht verbessern können, so sollten wir wenigstens ihren Untergang dokumentieren (frei nach Oswald Spengler, „Untergang des Abendlandes“).

2025 1 AIK Magazin

Titelseite des Anima Incognita Kulturmagzain 1/2025 mit einem Bild von Helenna Jouja

Aber noch geht die Welt nicht unter, denn Diana hat zugesagt, die Arbeit des Vereins weiterhin aktiv zu unterstützen. Sie hat bislang die Webseite des Vereins betreut, unzählige Videos und das Anima Incognita Kulturmagazin regelmäßig publiziert, ebenso wie ein gutes Dutzend Anthologien. Nicht zuletzt hat Diana rund fünf Dutzend Lesungen organisiert und dabei noch Zeit gefunden, ihre eigenen Bücher zu schreiben. DANKE nochmals für diese herausragenden Leistungen!

Ein Jahrzehnt mit unzähligen Ereignissen an unterschiedlichen Orten ist als große kulturelle Erscheinung in meinem Gedächtnis haften geblieben. „Eine Erscheinung ist mehr als die Summe ihrer Ereignisse“, möchte ich in Anspielung an das Benediktum „das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ schreiben und ergänzen: viele der Ereignisse von Anima Incognita fanden im Kunstraum statt, den ich von 1997 bis Ende 2019 geleitet habe.

Als Autorin hat Diana die Weisheit durch das gute Wort vertreten; das Schöne, Wahre und Gute im klassischen Sinne. Die Wahl ihres Künstlernamens zeugt davon: Sophia Benedict. Mit ihrem jüngsten Roman „Bruderliebe“ ist die Autorin in Österreich gelandet. Hier lebt sie schon seit vier Jahrzehnten, aber literarisch ist sie oft in das verflossene Land ihrer Geburt, die UdSSR, zurück gekehrt – aber nie dort stehen geblieben. Ihr Roman „Wenn man zu lange auf den Ozean schaut“, ein Liebesroman, deren Heldin von Moskau aufbricht und nach einer aufregenden, abwechslungsreichen Lebensgeschichte mit zahlreichen Stationen in ganz Europa in Lissabon landet, ist das Bildnis einer Frau voller Liebe und Leidenschaften – wie jeder gute Roman auch ein Selbstbildnis.

Leidenschaft ist Liebe, die Leiden schafft. Das gilt nicht nur für den zwischenmenschlichen Bereich, sondern auch im Berufsleben; umso mehr wenn der Beruf eine Berufung ist, so wie in der Regel die Berufung zum Autor, Musiker und Künstler. Wer dazu auch noch die Berufung spürt, für Künstler, Musiker, Autoren organisatorische Aufgaben zu übernehmen, und Jobs auf sich nimmt, die klingende Namen wie Eventmanagement und Marketing tragen, der schafft …

… nicht die Quadratur des Kreises, das Bild ist längst verbleicht,

… sondern: die Drehung des Kreises um seine eigene Diagonale.

Das bedeutet, dass Literaturevents die Literatur selbst von der zweiten in die dritte Dimension heben. Um im Bild zu bleiben: Autoren, die ein neues Werk vorlegen, haben quasi zweidimensionale Ergebnisse vor sich – so zweidimensional wie das Blatt Papier, auf dem sie gedruckt sind. Erst Marketingmanager, Verlage und Medien, die diese Werke in die Welt hinaus tragen, sorgen dafür, dass sie ins Rollen geraten. Man darf allerdings nicht vergessen: eine Kugel ist immer in einem labilen Gleichgewicht.

Der neue Vorstand von Anima Incognita wird die Kugel weiter rollen lassen. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: die Anzahl der Veranstaltungen und Publikationen wird zurück gehen. Es besteht wenig Hoffnung, dass wir künftig öffentliche Förderungen für unsere Tätigkeiten bekommen. Die bescheidene Jahresförderung von 2.000 Euro hat die Stadt Wien zuletzt auf 1.000 Euro halbiert. Im Vergleich dazu stellt die Stadt Wien für die Regenbogenparade / Pride-Parade heuer 651.000 Euro zur Verfügung!

Hier soll nicht die LGBTQ-Community gegen die Literatur-Szene ausgespielt werden. Doch die Frage muss erlaubt sein, warum es die Politik für notwendig erachtet, jene Gruppen massiv zu fördern, die gerne ihre sexuellen Vorlieben öffentlich zur Schau stellen, während Gruppen, die nachhaltig zur Kultur dieser Stadt und unseres Landes beitragen, mit mickrigen Beträgen abgespeist werden.

Nun bin ich dort angelangt, wo ich nicht landen wollte, aber zwangsweise landen musste: in der Politik, oder etwas poetischer: im Politischen, denn „die Politik“ wird ja oft mit Parteipolitik gleichgesetzt oder verwechselt. Vom Politischen gilt: man kann nicht nicht politisieren (in Anlehnung an Paul Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren“).

Es gibt kein Parteiprogramm von Anima Incognita, zumal wir weiterhin als Verein und nicht als Partei aktiv sind. Doch grundlegende Fragen unseres gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenlebens sind automatisch und zwangsweise politisch, zumal die Übersetzung von „Polis“ „Gemeinschaft“ bzw. „Gesellschaft“ ist. Jede Autorenlesung, jedes Konzert, jede Ausstellung ist in diesem Sinne politisch.

Abschließend daher ein paar grundlegende (kultur-)politische Fragen, die an Parteien zu richten sind, die letztlich auch für die Kulturförderungen und sonstige Subventionen zuständig sind:

- Wie ist die Trennung von Staat und Religion in der Verfassung geregelt? Antwort: Religion ist Privatsache.

- Was ist das Wesen von Kunst und Kultur? Antwort: sie sind grundsätzlich öffentlich, d.h. sie leben von der und durch die Öffentlichkeit, vom Dialog der Künstler, Autoren, Musiker mit dem Publikum. Die Freiheit der Kunst ist von unserer Verfassung gesichert – das impliziert, dass der Staat auch Verantwortung für die Kunst im Allgemeinen und die Künstler im Besonderen zu übernehmen hat.

- Was ist das Wesen einer Pride-Parade? Sie ist laut und schrill, sie stellt zur Schau, was die Stadt Wien am Gürtel mittlerweile verboten hat (Sex auf der Straße), sie zwingt das Publikum zum Hinschauen und hat nichts mit einem Dialog, nichts mit Verständigung zu tun. Sie ist, mit einem Wort eine Aktion, die den zufälligen Passanten oktroyiert wird, aber keine Kulturaktion, die echte Kommunikation mit dem Publikum impliziert.

- Warum wird die Schaustellung bestimmter sexueller Vorlieben öffentlich gefördert? Antwort: es gibt dafür keine Grundlagen in der Verfassung, denn Sexualität ist Privatsache. Unsere Verfassung sieht vor, dass niemand aufgrund seiner Neigungen diskriminiert werden darf, nicht aber, dass bestimmte Neigungen besonders gefördert werden müssen.

- Und wenn: warum werden mit 651.000 Euro die LGBTQ-Aktivitäten, aber mit keinem Cent Maßnahmen zur Förderung der traditionellen Familien subventioniert? Die Antwort:

Sapere aude!

Herzlichst, Euer Hubert