HBP: Hubert Thurnhofer im Interview - Interview mit UK2022

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 Interview mit unserem Kandidat 2022 (UK2022)

Wann und warum fassten Sie den Gedanken, als Bundespräsident zu kandidieren?
Das war bei der letzten Wahl 2016. Weil ich keine Persönlichkeit gesehen habe, die für mich wählbar war. Trotzdem war sichtbar, dass das Amt des Präsidenten eine Chance für die Demokratie ist, die ja wesentlich auf Parteistrukturen basiert, und auf dem Willen der Parteien letztlich der ganze Staatsapparat aufgebaut ist. Der Präsident könnte ein Korrektiv sein. Bislang gab es in der Geschichte der Zweiten Republik keinen wirklich parteiunabhängigen Präsidenten, sondern nur solche, die sich kurz vor der Wahl als unabhängig deklariert haben. Der Bundespräsident ist die Chance für unsere Demokratie, von der Spitze her ein Korrektiv zu sein, nicht nur moralische Autorität als Sonntagsprediger, sondern als jemand, der sich wirklich mit Moral und Legalitätsprinzip beschäftigt. Letztlich habe ich erkannt: Ich sehe diese Personen nicht in Österreich und muss mich selber auf dieses Amt vorbereiten. Ich habe dann tatsächlich unmittelbar nach der letzten Wahl begonnen, mich systematisch und akribisch auf dieses Amt vorzubereiten.

Dietmar und Hubert 800

Foto. Dietmar Koschier (links) und Hubert Thurnhofer
Von der ersten Überlegung bis zur aktuellen Kandidatur, wie laufen die ersten Schritte ab?
Das ist ganz unterschiedlich. Denn alle anderen Kandidaten werden quasi aufgestellt wie bei einem Fußballmatch und sind nicht wirklich unabhängig. Der Parteikader stellt eine Person aus der Partei auf, und die muss halt dann Kandidat spielen und sich in zwei, drei Monaten Wahlkampf alles aneignen. Ich habe mich fünf Jahre lang akribisch mental vorbereitet, Geschichte studiert, Politik studiert, Tagespolitik analysiert, viel dazu publiziert, und auch angefangen, mich systematisch in der Zivilgesellschaft zu vernetzen. Ich war dabei in der Gründungsphase eines Dachverbands für Kleinparteien und habe versucht, etwas Neues mit aufzubauen, habe aber bemerkt, dass viele Leute nicht mit dem Tempo mithalten können, das ich vorlege, um ins politische Geschehen zu kommen. Dass sie auch gar nicht ins realpolitische Geschehen wollten, sondern ein idealpolitisches System konstruieren, was für mich einfach zu idealistisch war und zu wenig praxisorientiert. Ich habe damals schon in Bezug auf das Amt des Bundespräsidenten Netzwerke geschaffen, habe im Oktober 2021 meine Webseite online gestellt, die ich bewusst als Drehscheibe meiner Kandidatur sehe, weil ich auch unabhängig sein muss von den Medien, den Massenmedien, die mich ignorieren. Weil ich unabhängig sein will von social media, facebook und so weiter, die wiederum ein internationales Monopol haben, dem ich auch nicht unterliegen will. Seit dem Nationalfeiertag habe ich auf meiner Webseite ethos.at 250 Artikel publiziert, habe mich mit über 50 Vereinen und Initiativen vernetzt und sehe hier auch gewährleistet, was ich von einem Präsidenten verlange: absolute Transparenz und absolute Offenheit.
Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Gute Frage. Jeder, der die Realpolitik kennt, sagt mir netterweise: Du hast ja keine Chance. Doch demokratisch betrachtet hat jeder Kandidat, sofern er auf der Liste steht, bis zuletzt die gleichen Chancen. Weil am Ende entscheidet das Volk, nicht die Journalisten, nicht die Prominenz. Die Chancen sehe ich sehr gut insofern, weil die Leute die Nase voll haben von Parteikadern, von Apparatschiks, die teflonglatte Phrasen formulieren und Parteiinteressen und Pfründe vertreten. Sie wollen authentische Menschen. Menschen, die verschiedene Interessensgruppen akzeptieren. Und da sehe ich gute Chancen, dass die Stimmung kippt. Wenn es Chancengleichheit gibt, dann habe ich die gleichen Chancen wie VdB. Wer jedoch meint, dass ich von vornherein keine Chancen habe, weil VdB wieder antritt, der soll nie wieder unsere Politik kritisieren, sondern sich selbst fragen, warum es in unserem Land keine Chancengleichheit gibt.

Die übliche Milchmädchenrechnung geht ja so, dass man sagt: jetzt hat er fünf Prozent Zustimmung, dann hat er 15 und vielleicht kriegt er noch 25 Prozent wenn er wirklich gut ist… Tatsächlich sehe ich das System so: Auf der einen Seite Systemerhalter. Das sind nicht mehr als zehn Prozent, doch die haben alles in der Hand: Macht, Medien, Parteien, Geld. Auf der anderen Seite zehn Prozent Systemkritiker, die haben nichts in der Hand. Dazwischen gibt es so etwas wie die Masse, die unentschieden ist. Aber wenn eine gewisse Unzufriedenheit überwiegt, kann diese Masse kippen. Ich sehe die Stimmung so weit, weil die Leute die Nase voll haben von Willkürherrschaft, von Einschränkung der Freiheitsrechte. Wir wissen nicht, was wiederkommt mit Corona, mit Corona-Willkür, das kann wirklich nur ein unabhängiger Präsident beenden.
Was würden Sie anders bzw. was würden Sie besser machen als VdB? (Der im Mai bekanntgegeben hat, nochmals anzutreten)
Ich würde alles anders machen und hoffentlich auch alles besser. Weil Van der Bellen ein Kandidat der Grünen ist und seinen Wahlkampf mit einer Lüge beginnt, der Lüge der Unabhängigkeit. Und dann einen Gesetzesbruch begeht, das Budget von sieben Millionen um 800.000 überschreitet und so tut als wär‘ nix. Die Aussage wäre dann vielleicht „Ja, sind eh nur zwölf Prozent Gesetzesüberschreitung“. Oder dass er sich als unabhängiger Kandidat deklariert, obwohl er in Wahrheit 4,8 seiner 7,8 Millionen Werbebudget von den Grünen kriegt, direkt aus der Parteikasse. Dass er die eigenen Wähler und Grün-Mitglieder eigentlich betrogen hat, nämlich um die Urabstimmung, die die Grünen in ihren Statuten haben; dass er überhaupt zwei Drittel von den Grünen kriegt, damit er antreten kann… Also alle diese Lügen, die er bis zum Ende durchzieht; dass er den Menschen keine Alternative zur Corona-Politik der Regierung aufzeigt, dass er die Hofburg zur Impfburg umfunktioniert, bis zuletzt zum Impfpflichtgesetz, das verfassungswidrig zustandegekommen ist und er signiert, ohne mit der Wimper zu zucken… All das wäre unter einem Präsidenten Thurnhofer nicht möglich gewesen.
Schutz der Grundrechte ist eine der Kernaussagen Ihres Programms – was mit den Grundpflichten?
Gehört sicher beides zusammen. Dass Rechte nicht alleine stehen und der Mensch nicht nur Rechte hat, die er sich nehmen oder auf die er zugreifen kann, sondern dass jedes Recht mit Pflichten verknüpft ist. Jede Vorschrift ist letztlich auch eine Verpflichtung, es so und nicht anders zu machen. Aber bei den Grundrechten muss man tiefer gehen. Die Grundrechte in Österreich gehen ja zurück auf das Staatsgrundgesetzt 1867, und wir haben hier durchaus sehr sinnvolle Sachen drinnen als Teil der Verfassung, der besser ist als vieles, was später hinzugekommen ist. Die österreichische Verfassung ist als Gesamtkomplex viel zu überladen. Es ist Verfassungspraxis, Rechtsmaterien in die Verfassung zu übernehmen, obwohl das nicht verpflichtend ist. In keinem Staat Europas ist die Europäische Menschenrechtskonvention Teil der Verfassung, aber Österreich fühlt sich verpflichtet. Und dann gab’s einen Kanzler Vranitzky, der der Meinung war, er müsse einen eigenen Freiheitszusatzartikel schaffen. Da steht aber nichts Anderes drinnen als eh schon in der EMRK. Solche Dinge sind völlig abstrus. Mein Gesamtansatz ist, die Demokratie wirklich lebendig zu machen dadurch, dass jeder an einer Diskussion über unsere Verfassung teilnimmt; die muss bestehen aus zwei Teilen. Die Grundrechte sind jetzt verstreut in einem Gesetz aus dem 19. Jahrhundert, aber das muss man so aufbauen wie in Deutschland: Grundrechte, Grundpflichten, zweiter Teil die administrativen Abwicklungen und Klärung der Gewaltenteilung. Selbst der Begriff Gewaltenteilung steht expressis verbis nicht in unserer Verfassung. Die Klärung der Grundbegriffe wäre ein wesentlicher Teil einer neuen Verfassung, aber das passiert nicht. Der Souverän ist nicht geklärt. Wir haben den Artikel 1: „Österreich ist eine demokratische Republik, ihr Recht geht vom Volk aus“. Dazu müsste aus meiner Sicht der Zusatz kommen: Das Volk ist der Souverän. Denn wenn du heute einen Bürger fragst: „Wer ist der Souverän?“ – „Na ja, der Bundespräsident, der Bundeskanzler, die Landeshauptleute,…“ Nein! Wir, das Volk, sind der Souverän! Solche Informationen müssten im Grundrechtekatalog geklärt sein, dann kann ich im zweiten Teil zur Klärung der Machtverhältnisse kommen. Das wäre ein Komplex, der wirklich eine Amtsperiode eines Präsidenten erfordern würde. Bei der der Präsident nicht alle Vorgaben macht, sondern Strukturen geben, moderieren, unterschiedlichste Interessengruppen zusammenführen kann. Aber am Ende muss eigentlich das Volk eine neue Verfassung schreiben. Es gab den Versuch eines österreichischen Verfassungskonventes 2004/2005 – sträflich gescheitert. Warum? Weil es nur die Parteien waren, die sich gegenseitig ans Bein gepinkelt haben, weil nur die Parteien mitgeredet haben und sich angemaßt haben, zu entscheiden, wie eine Verfassung ausschaut. Nein, das Volk entscheidet, wie seine Verfassung ausschaut! Jetzt können wir so weiter tun die nächsten 500 Jahre, oder wir sagen: Fürs 21. Jahrhundert brauchen wir was Neues. Das ist eigentlich meine Intention gewesen. Wir brauchen Demokratie auf einem neuen Fundament. Meine Analyse dafür habe ich geliefert im Buch Baustelle Parlament.
Worin bestünden echte Veränderungen ihrem Verständnis nach?
Die Veränderung beginnt in dem Fundament der Demokratie: der Verfassung. Wobei die erste Veränderung wäre die Abschaffung aller Corona-Maßnahmen ohne Wenn und Aber. Zurück zu dem Status, den wir vorher hatten. Der Status Corona begann mit der Aushebelung des Epidemiegesetzes und dann mit Willkürverordnung und so weiter. Es kann nicht sein, dass der Bundeskanzler am Sonntag vor die Presse tritt und sagt, was das Parlament am Donnerstag beschließen wird. Das ist Vergewaltigung der Gewaltenteilung, Vergewaltigung der Grundprinzipien jeder Demokratie. Das Parlament ist der Gesetzgeber. Was sich grundsätzlich ändern müsste: Das Parlament muss wieder Parlamentarismus lernen, und die Regierung muss wieder das tun, was ihr die Verfassung laut Artikel 19 sagt: Sie ist das oberste Organ der Vollziehung, nicht der Apparat, der sich Macht zuschiebt, sich Institutionen und Organisationen schafft, mit denen man Macht verteilen kann. Ein Beispiel, wie man Macht missbraucht, ist die Konstruktion der Verwaltung der Staatsbeteiligungen. Seit 20 Jahren hat jede Regierung den Staatsbesitz an Unternehmen – Post, Energiebetriebe etc. – neu organisiert. ÖIAG, ÖBAG,… was da alles war. Jedes Mal nur darum, um eigene Parteischranzen in Positionen zu hieven mit Millionengagen. Für nichts, für eine Verwaltung von Betrieben, in denen sie nichts zu sagen haben. Das kann ein Sektionschef nebenbei mitmachen, das ist eine rein administrative Aufgabe. Dafür braucht man angeblich ÖIAG, ÖBAG,… mit einer miesen Ratte wie diesem Schmidt und seinen Freunderln, die sich das zuschanzen. Dieser Zustand der Republik muss grundsätzlich überarbeitet werden. Und das wird kein Apparatschik machen wie ein Van der Bellen. Auch kein Apparatschik aus der FPÖ. Das kann nur ein unabhängiger Kandidat. Das gibt’s so viel aufzuarbeiten, man muss wirklich von vorn beginnen und dieser Demokratie eine neue Chance geben.
Historisch gesehen: Welcher war der beste Bundespräsident, welcher der schlechteste, den Österreich bislang hatte, sofern man das sagen kann?
Rudolf Kirchschläger war sicher einer der besseren, und der schlechteste Van der Bellen. Wenn man die Frage modifizieren würde: „Haben Sie ein Vorbild?“, dann gibt es eindeutig eines für mich: Vaclav Havel. In Österreich finde ich kein wirkliches politisches Vorbild, das meinen moralischen und ethischen Ansprüchen genügen würde.
Wie würden Sie Ihr Amt verstehen und anlegen?
Da sagt jeder automatisch: volksnah. Aber ich würde präzisieren, es anzulegen, wie ich mein ganzes Leben angelegt habe: learning by doing. Im Amt lernen, wie wirklich die Spielregeln sind, welche man adaptieren kann, welche man verändern muss, mit wem man im bestehenden Amtsapparat arbeiten kann, mit wem nicht, wie man Strukturen schafft, damit die guten Ideen in diesem Land in der Präsidentschaftskanzlei Raum finden. Ideen-Reich Österreich, das wäre mein Konzept. Nicht die Person des Präsidenten steht im Mittelpunkt, sondern die Präsidentschaftskanzlei. Das heißt nicht, dass der Präsident alle Ideen liefert, sondern dass er alle Ideen fördert und unterstützt. Das kann er machen, dafür brauche ich die Verfassung nicht zu ändern, ich brauche nur zuzuhören und den Medien sagen zum Beispiel: „Da gibt’s jetzt die Idee eines Grundeinkommens“. Wo ist diese Diskussion? Es gibt mindestens fünf Organisationen in Österreich, die sich seit Jahren in der Sache engagieren, es gab ein Volksbegehren, das erfolgreich gelaufen ist, warum wird das wieder abgelegt? SPÖ, wo bist du? Wo sind deine Parteiinstitutionen, deine Bildungseinrichtungen? Warum wird das bei euch dort nicht diskutiert? Gewerkschaft, wo bist du? Warum wird das bei dir nicht diskutiert? Sagt das der Thurnhofer, bewegt das niemanden. Sagt das der Präsident, werden sich die Institutionen doch überlegen, an dieser Diskussion teilzunehmen. Und das ist der Unterschied: ob ich fünf kleine Organisationen habe, die sich absprageln, damit sie ein Volksbegehren durchkriegen, das dann durchgewunken wird, damit auf Parlamentspapier droben steht „wurde behandelt“, oder ob ich nun alle sozial engagierten Organisationen mit ihren Apparaten, ihren Medien und finanziellen Mitteln, um solche Diskussionen im großen Maßstab durchzuführen, ob ich die motivieren kann, mitzumachen. Als ein Beispiel von hunderten…
Was würden Sie keinesfalls tun innen- oder außenpolitisch?
Ich würde mich keinesfalls ungefragt in irgendwelche internationalen Konflikte einmischen. Und ich würde erstmal klären, bei welchen Konflikten der Bundespräsident gar keine Chancen und Möglichkeiten hätte, als Vermittler zu wirken. Also der Klassiker, wo Kreisky aus persönlicher Geschichte integriert war, war Palästina/Israel. Ich würde hier keine Möglichkeit sehen. Ich kenne zwar die Israelis und habe Freunde dort, aber das ist nur der israelische Standpunkt. Ich sähe hier eine mission impossible und würde sie nicht aufgreifen. Bricht aber der Ukraine-Russland-Konflikt aus, könnte ich sagen: „Простите, друзья, давайте поговорим!“ („Entschuldigt, Freunde, lasst uns reden!“). Und es könnte sein, dass ein Selenskyj und ein Putin mit einem Mediator Thurnhofer, der Russisch spricht, miteinander reden, ohne Presse, privatim, und die Karten auf den Tisch legen, und dass man dann vielleicht schneller zu einem Ergebnis käme als wenn ein Herr Nehammer Aktionismus betreibt. Ich glaube, dass ich Fähigkeiten habe als Mediator, aber nicht in allen Bereichen. Ich habe ein Verständnis für europäische Geistesgeschichte, für europäische Kultur, aber ich würde mir nicht anmaßen, irgendwo einen Konflikt innerhalb Afrikas zu kommentieren oder zu lösen, da würde ich kaum eine Möglichkeit sehen, produktiv, konstruktiv einen Beitrag zu leisten.
Würden Sie für Ihre Kandidatur Unterstützung von Parteien akzeptieren?
Ich würde keine Unterstützung einer Partei wollen, aber vorstellbar ist, dass einzelne Mitglieder einer Partei mich unterstützen. Also wenn mich von NEOS, FPÖ, SPÖ,… einzelne Mitglieder, Nationalräte, Landtagsabgeordnete, Gemeinderäte,… unterstützen, fände ich das wunderbar, weil natürlich die Parteien ein Teil der Gesellschaft sind und ich sie ja nicht ausschließen will. Ich will nur ihre Macht zurückdrängen. Ich bin mir sicher, dass in den Parteien, in der ÖVP an der Basis und in unterschiedlichen Teilorganisationen viele die Nase voll haben von Politikern wie Kurz. Die stellen sich jetzt die Frage, was das für Strukturen waren, die so eine Führungspersönlichkeit möglich gemacht haben. Und was machen wir anders in Zukunft? Kann uns ein Unabhängiger einen Impuls geben, damit wir die Demokratie wieder auf Vordermann bringen und nicht Parteistrukturen in den Mittelpunkt unserer politischen Aktivitäten stellen? Ich würde jede Unterstützung einer Person, egal welcher Partei sie angehört, gerne annehmen. Genauso wie von Managern in Groß- und Kleinbetrieben; von Rapid genauso wie von Austria. Ich habe keine Berührungsängste.
Danke für das Gespräch