24. Dezember 2023 - Das ist kein präfaschistisches Gesellschaftsbild, das ist keine postfaschistische Zukunftsvision. Das ist Faschismuspropaganda in Reinkultur - von der ersten Szene bis zum letzten Akt. Vom hungernden Kind, das den Überlebenskampf bei seiner Nahrungssuche im Abfall kennen lernt, bis zum Helden, blond, blauäugig, groß und stark, der am Ende weiß, worum es im Leben wirklich geht: um den Sieg. Den Endsieg, den der blauäugige Strahlemann gegen alle Widerstände, Versuchungen und dank Verrat seines besten Freundes erringen konnte. Dieser Weihnachtsfilm 2023 hat den lyrischen Titel "Ballad of Songbirds and Snakes".
"Im Mittelpunkt der Geschichte steht der junge Coriolanus (Tom Blyth), lange bevor er zum Präsidenten von Panem werden sollte. Er ist die letzte Hoffnung für seine einst stolze Familie Snow, die in Ungnade gefallen ist. Als er zum Mentor von Lucy (Rachel Zegler), einem Mädchen aus dem verarmten Distrikt 12, erwählt wird, sieht er die Chance, sein Schicksal zu ändern. Wir sahen den Fall von Präsident Snow. Nun wird die Welt Zeuge seines Aufstiegs", so die offizielle Kurzfassung des Films, der nun als "Prequel" zur Trilogie "Die Tribute von Panem" erschienen ist, einer dystopische Romanreihe der US-amerikanischen Schriftstellerin Suzanne Collins, die weltweit millionenfach verkauft wurde.
"Im Mai 2020 wurde ein vierter Band in Form eines Prequels veröffentlicht, der also zeitlich vor den ersten drei Bänden angesiedelt ist. Der englische Titel lautet The Ballad of Songbirds and Snakes, in der deutschen Übersetzung Das Lied von Vogel und Schlange. Protagonist des Prequels ist der hier noch jugendliche spätere Präsident von Panem, Coriolanus Snow", weiß wikipedia.
Mit diesem Wissen kann man sich den Film und die ganze Serie schönreden als Lehrbeispiel vom Aufstieg und Fall des Faschismus. Ein Lehrbeispiel inkludiert eine Lehre und die ist in dieser "Ballade" eindeutig: Es gibt auch innerhalb der Welt der Reichen und Mächtigen Klassenunterschiede, doch die kann man mit Ehrgeiz, blauen Augen, blonden Haaren und überdurchschnittlicher Kaltschnäuzigkeit überwinden. Es gibt keine Durchlässigkeit zwischen den Klassen (Distrikten), sondern nur die Beherrschung der Besiegten durch die Sieger. Sogar Vögel (Brieftauben, die alles, was sie hören, jenen weiter erzählen, die die richtigen Empfangsgeräte haben) und Schlangen (die nur fremde Menschen beißen und erwürgen, nicht aber jene, deren Geruch sie kennen) sind willfährige Instrumente der Herrenklasse (zu der - politisch korrekt - sowohl Arier, als auch Neger und Asiaten gehören).
Coriolanus, der blonde Held, wird in dem Film nicht kritisch beleuchtet, nein, er wird von der ersten bis zur letzten Szene verherrlicht. Vielleicht hätte man so einen Film noch vor 15 Jahren mit erhobenem Zeigefinger der Jugend zeigen können, etwa mit dem Verweis, was passiert, wenn man den Blendern allzu viel Macht gibt. Doch heute, 2023, kann man ohne ironische Zwischentöne erklären: "Nun wird die Welt Zeuge seines Aufstiegs". Worauf "die Welt" schon lange gewartet hat. Fast vier Jahre nach Ausbruch der Corona-Diktatur, Demontage der Demokratie, Machtmissbrauch in Österreich und der EU (und vom "Rest der Welt" gar nicht zu sprechen), nach den politischen Willkürakten der vergangenen Jahre, die offenbar viele Menschen für "alternativlos" und viele schon als "Neue Normalität" akzeptieren, nach so einer Periode kann man "Balladen" nur als Verniedlichung der gesellschaftlichen Spaltung und als Verherrlichung von Gewalt durch Macht und Reichtum interpretieren. Aus Sicht von 2023 ist dieser Film ein faschistisches Machwerk! Aufgeblasen auf ein zweieinhalb Stunden langes "Epos".
Die Tribute von Panem / The Ballad of Songbirds & Snakes
Genre: Abenteuer, Action, Drama
Darsteller: Tom Blyth, Rachel Zegler, Viola Davis, Peter Dinklage, Hunter Schafer, Jason Schwartzmann u.a.
Regie: Francis Lawrence
Laufzeit: 158 Minuten
P.S. Die einzige kritische Lesweise, die der Film aus österreichischer Sicht ermöglicht, aber mit Sicherheit nicht die Intention der Autorin und des Regisseurs war:
Tom Blyth als Sebastian Kurz (Coriolanus)
Rachel Ziegler als Thomas Schmid (Lucy Gray Baird)
Viola Davis als Johanna Mikl-Leitner (oberste Spielemacherin)
Peter Dinklage als Wolfgang Sobotka (Dekan Casca Highbottom)