Mit Vorsicht zu genießen: Wikipedia

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Teil 1: Vorgeschichte + Finanzierung + Struktur

von Bernd Stracke

Am 15. Jänner 2021 ist Wikipedia 20 Jahre alt geworden. Das Schachtelwort setzt sich aus „Wiki“, das hawaiische Wort für „schnell“ und einer Verkürzung des Wortes „Encyclopedia" (englisch für Lexikon) zusammen. Das Online-Lexikon liegt auf dem 13. Platz der am häufigsten aufgerufenen Webseiten der Welt. Von der Größe her rangiert Wikipedia laut Onlinedienst Alexa hinter Google, Youtube, Facebook und der chinesischen Suchmaschine Baidu an fünfter Stelle. Dutzende Millionen Einträge in 305 Sprachen stehen kostenlos zur Verfügung und werden pro Stunde eine Million Mal angeklickt. Menschen in den reicheren Industriestaaten schlagen im Schnitt pro Monat neunmal bei Wiki nach, die „gigantischste Stalkingmaschine der Welt“ („Schwarzbuch Wikipedia“, Herausgeber Dr. Andreas Mäckler, Zeitgeist-Verlag Höhr-Grenzhausen, 2020) ist aus dem modernen Leben nicht mehr wegzudenken. Klassische Enzyklopädien wie Brockhaus, Meyer oder die altehrwürdige Encyclopedia Britannica können da längst nicht mehr mithalten. Der Mega-Umfang dieser gefährlichen geistigen Machtzusammenballung ist kaum vorstellbar, das Ausmaß des versuchten und vollzogenen Monopolmissbrauchs wird nach Ansicht kritischer Geister sträflich unterschätzt. Mit dem vorliegenden GENIUS-Lesestück liegt Teil 1 einer kritischen Trilogie vor.

 

Screen Wikipedia

Das von 200 „Administratoren“ mit Texten, Fotos, Tabellen und Grafiken gefütterte deutsch(sprachig)e Wiki wird täglich vier Millionen Mal aufgerufen und liegt in Österreich auf Rang 6 (Deutschland Rang 7, Schweiz Rang 4) der meistbesuchten Webseiten. 2020 waren in der deutschen Wiki 748 067 Biografien gelistet, darunter 690 „relevante“ Pornodarsteller (78,8 Prozent davon weiblich) und 267 „relevante“ Forstwissenschaftler. Die Zahl der Wikipedia-Aufrufe ist eines, das Niveau der Wikinutzer ein anderes. Tief blicken lässt, dass das Publikum laut Wiki-Eigenmessung seit Beginn der Aufzeichnungen vor sechs Jahren täglich 977 Mal nach der Religionsparodie „Fliegendes Spaghettimonster“ suchte, während „Jesus Christus“ auf nur 896 tägliche Aufrufe kam (Quelle: pageviews.org).

Wenig schmeichelhafte Vorgeschichte

In schmeichelhaften Biografien ist zu lesen, dass der US-Südstaatler Jimmy Wales, Jahrgang 1966, Sohn eines Gemischtwarenhändlers, „schon kurz nach dem Studium an den Finanzmärkten genug Geld für ein sorgenfreies Leben gemacht“ habe. Der Politologe und Publizist Hermann Ploppa charakterisiert den späteren Wiki-Chef hingegen als einen mehrfach gescheiterten Glücksritter, der sich an der Chicagoer Börse vergeblich als Spekulant versuchte, später eine Hartporno-Suchmaschine namens Bomis betrieben habe, mit der er ebenfalls Schiffbruch erlitt, und der schließlich auf die Idee eines durch Werbung gegenfinanzierten Online-Lexikons namens Nupedia gekommen sei. Das Projekt sei zäh gelaufen, bis er Larry Sanger als Partner anheuerte, der die Eingebung hatte, Leser selbst die Lexikoneinträge redigieren zu lassen. Daraufhin feuerte Wales seinen Kompagnon und feierte sich fortan selbst als genialer Wiki-Erfinder.

Mittlerweile als einer der einflussreichsten Menschen in der Kategorie „Wissenschaftler und Denker“ mit dem „Time 100 Award“ ausgezeichnet (2006) und vom Weltwirtschaftsforum in die elitäre Riege der „Young Global Leader“ aufgenommen (2007), nennt Wales seine Wikipedia allerdings nicht „Lexikon“, sondern „Projekt“.

Wales sei zudem, so steht heute in seinem eigenen – hauptsächlich von einem Anonymus namens „Bonzo“ sowie weiteren 190 Autoren gebastelten – deutschen Wiki-Eintrag, ein begeisterter Hobbykoch, der in dritter Ehe mit Kate Garvey in London lebt und dort seit 2012 als unentgeltlicher Berater der britischen Regierung wirkt, für die er „neue Wege zu mehr Transparenz politischer Entscheidungsfindung und mehr Bürgerbeteiligung bei Gesetzgebungsvorhaben entwickeln“ soll. Im Vatikan ist Wales als Fan der Friedensenzyklika „Pacem in terris“ in der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften nicht ganz unbekannt. Seit Anfang 2016 ist er Boardmitglied in der potenten britischen Guardian Media Group. Zudem ist Wales mehrfacher Ehrendoktor und Träger zahlreicher Auszeichnungen. Er sieht sich weniger als Lexikon-Autor denn vielmehr als „eine Art konstitutioneller Monarch wie die Königin von England, der sich bitten lässt, in Fällen, in denen sich die Community nicht einigen kann, zu entscheiden“. Nicht als Monarch, sondern als „wohlwollender Diktator“ werde Wales mitunter bezeichnet, schreibt Michael Brückner in seinem Buch „Die Akte Wikipedia – falsche Informationen und Propaganda in der Online-Enzyklopädie“ (Kopp-Verlag, 2014).

Noch brisanter, aber nur schwer an relativ versteckter Stelle im Internet zu finden: Wales sitzt in Gesellschaft von hochrangigen Geheimdienstlern, darunter dem früheren CIA-Direktor Michael Hayden, auch im Beirat von Newsguard (mehr davon in Teil 3). Wales‘ Lieblingsbuch ist der „Atlas Shrugged“ von Ayn Rand, eine Art Bibel für freies Unternehmertum, und er bezeichnet sich als Friedrich-von-Hayek-Anhänger.

Kürzlich zeigte sich Wales in der NZZ selbst unzufrieden über den nur zehn- bis 15prozentigen Frauenanteil bei den Wikipedianern. Das emanzipatorische Defizit fiel zuletzt dem Wiener Branchenblatt „Extradienst“ auf, das in seiner April-Ausgabe über interne frauenfeindliche Diskussionen und Löschungen zu berichten wusste, ganz nach dem Muster des Schicksals der kanadischen Laser-Physikerin Donna Strickland, deren Eintrag wegen „mangelnder Relevanz“ gelöscht worden sei – kurz bevor sie 2018 den Nobelpreis erhielt. Der typische Wiki-Autor sei eben „ein weißer westlicher Mann mittleren Alters“. Wiki werde „von einer eingefleischten anonymen Möchtegern-Community beherrscht“, die schlicht „Fakten verdreht“. Außerdem würden, so die Journalistin Hanka Paetow, „selbsternannte Besserwisser Inhalte nach Gutsherrenmanier ramponieren“. Den niedrigen Frauenanteil bei den Wiki-Biografien (16 Prozent) soll ein Projekt namens „Woman in Red“ – übrigens unter Teilnahme der WU Wien – steigern helfen.

Wales‘ einst geschasster Ex-Partner Sanger gründete seinerseits das weniger spektakuläre englische Online-Lexikon Citizendium https://en.citizendium.org/ und zeigte später die Wikimedia-Foundation wegen Verbreitung von Kinderpornografie auf Wikimedia Commons beim FBI an. Konkret nannte Sanger die Commons-Kategorien Pedophilia und deren Unterkategorie Lolicon Lolicon als Beispiele für in den USA illegale Darstellungen. Namentlich angeschwärzt wurde der Wikimedia-Foundation-Vizechef Eric Möller, der die Vorwürfe zurückweist.

Sanger kann sich heute mit seinem einstigen geistigen „Kind“ immer weniger identifizieren. In Fox News meinte er kürzlich: „Die Wiki-Hauptseiten für Sozialismus und Kommunismus enthalten keine Diskussion über die von deren Regimen begangenen Verbrechen, bei denen zig Millionen Menschen ermordet wurden und verhungerten.“ Wikipedia betreibe demnach „keine Bildung, sondern Propaganda“ und habe sich „immer mehr zum Spielplatz der Linken entwickelt, die gnadenlos rechte oder neutrale Einträge zensieren und ihnen eine linke Schlagseite verpassen.“

Mehrere Milliarden Dollar wert

Wikipedia-Betreiberin ist die als gemeinnützig deklarierte – und auch unter Mithilfe einer jährlich groß inszenierten Spendenkampagne finanzierte – Non-Profit-Organisation „Wikimedia Foundation“ (WMF) mit Sitz in San Francisco. In vielen Ländern gibt es zudem unabhängige Wikimedia-Vereine, die mit der Stiftung zusammenarbeiten, die Wikipedia jedoch nicht betreiben; im deutschen Sprachraum sind dies die 2004 gegründete Wikimedia Deutschland (WMDE), die 2006 in der Schweiz online gegangene Wikimedia CH (WMCH) sowie die zwei Jahre später entstandene Wikimedia Österreich (WMAT). Letztere ist laut ihrer Homepage nicht nur mit der Caritas Österreich (!) verpartnert, sondern auch mit der „Cooperation Open Government Data Österreich“ und damit über das Bundeskanzleramt, die Städte Wien, Linz, Salzburg sowie Graz direkt mit dem Steuerzahler verbunden. Die genannten öffentlichen Stellen gründeten 2011 gemeinsam die „Cooperation Open Government Data Österreich“ („Cooperation OGD Österreich“, https://www.data.gv.at/infos/cooperation-ogd-oesterreich/ ), die – gemäß ihrem „Leitbild und Vision 2019 basierend auf der Salzburger Erklärung vom 29. 10. 2018“ – aktiv an der Kooperation OGD D-A-CH-LI und anderen internationalen Netzwerken teilnimmt. Es gelte, „mittels politischem Schulterschluss eine gemeinsame, zukunftsweisende Strategie zu entwickeln.“ Wikimedia Österreich selbst unterhält übrigens drei weitere Web-Projekte: die NGO-Wissensdatenbank „OpenDataPortal Österreich“, den österreichischen Heimatbücherkatalog „RegiowikiAT“ und die bundesweite Gemeinde-Info-Plattform „WikiDaheim“.

Bei Wikipedia sitzen, wie die FAZ vermutet, absolute Spendenprofis, die „das Spiel mit dem schlechten Gewissen längst perfektioniert haben“. An jedem Wort im Betteltext werde gefeilt. Finale Formulierung und sogar die Balkenfarbe würden aufwendig darauf geprüft, wie sie bei der Zielgruppe ankommen. Alles müsse passen, immerhin sähen bis zu zehn Millionen Menschen täglich das Banner auf der deutschen Wikipedia-Seite.

Denn der Wiki-Betrieb kostet natürlich etwas: Server müssen bereitgestellt und die Gehälter hunderter Stiftungsangestellter finanziert werden. Offenbar wird aber auch den angeblich unentgeltlich tätigen Autoren so einiges bezahlt, sofern sie danach fragen. Flugticket, Tankfüllung und das Abendessen obendrauf seien möglich und durchaus nicht an Landesgrenzen gebunden, weiß ein Insider. Es gehe sogar noch weiter: Das Unternehmen verleihe auch teure Technik, Laptops, Kameras und sogar Drohnen – inklusive Kostenübernahme für die Aufstiegsgenehmigung der Luftvehikel und die dazugehörige Versicherung.

Zudem betreibt die Wikimedia Foundation weitere „Tochter-Websites“ wie die Mediensammlung Wikimedia Commons, die Wissensdatenbank Wikidata, die Lernplattform Wikiversity, das Wörterbuch Wiktionary, die Lehrbuchsammlung Wikibooks, die Nachrichtenplattform Wikinews, die Zitatensammlung Wikiquote, die Quellensammlung Wikisource, der Reiseführer Wikivoyage und die Softwarekiste Mediawiki.

Big Wiki-Spender Google, Adobe, Apple, Amazon

Die herbeigeschnorrten Kleinspenden mögen eine angenehme Nebenerscheinung sein, das große Geld bringen sie wohl nicht. Das kommt von anderswo her: Zu den größten Spendern gehört der Netzgigant Google, genauer gesagt die Brin Wojcicki Foundation von Google-Mitbegründer Sergey Brin. Alles andere als knausrig sind aber auch Adobe, Apple, Amazon, Cisco, Hewlett Packard, Oracle, Netflix sowie Salesforce – also fast die gesamte Tech-Branche. Sie alle profitieren umgekehrt – eine Hand wäscht die andere – massiv von den kostenlos zur Verfügung gestellten Daten. So nutzte die Google-Schwesterfirma Jigsaw bei der Entwicklung eines Moderationstools gegen Hasskommentare ("Perspective") unter anderem 115.000 Wiki-Diskussionsbeiträge. Die Chefin der Google-Tochter Youtube, Susan Wojcicki, verriet Pläne, künftig auf „verschwörungstheoretische“ Videos mit Textauszügen aus Wikipedia kontern zu wollen. Suchte man in Google nach dem Pariser Musée d'Orsay, erschien noch vor kurzem im rechten Teil der Ergebnisseite ein Knowledge Panel, eine Info-Box mit Hintergrundinfos, deren Auszüge zum Teil aus der Wikipedia extrahiert und zuweilen mit ihr sogar identisch sind. Auch Amazons „Sprachassistentin“ Alexa benützt Wiki-Content. Wohl nur rein zufällig durfte sich ihrerseits die Wikimedia Endowment über eine Amazon-Millionenspende freuen. Der Journalist Michael Johnston errechnete, dass Wikipedia 2,3 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr erzielen könnte, wenn die Plattform kommerziell betrieben würde. Pro Monat ließen sich durch digitale Anzeigen mühelos 160 Millionen Dollar einspielen. Eine offene Wiki-Werbefinanzierung könnte aber als Verrat an den Wiki-Idealen gewertet werden und wäre der Community wohl kaum zu vermitteln.

Die zwei Plattformen Facebook und Twitter liebt Wales übrigens nicht, denn sie seien „Junk Food für das Gehirn“, würden Nutzer süchtig machen und dazu verleiten, sich oberflächlich zu verhalten: „Ein Like ersetzt keine normale menschliche Interaktion“, so der Enzyklopädie-Gründer. Für das Wiki-Schwarzbuch grub Herausgeber Andreas Mäckler übrigens ein Wales-Zitat aus, wonach die Wiki-Foundation in den USA bereits 2008 „mehrere Milliarden Dollar wert“ war.

Mäckler stellt in seinem Wiki-Schwarzbuch auch fest, dass in Wikipedia „Rechtsgerichtete“ stets als solche benannt und kategorisiert werden, „Linksgerichtete“ hingegen selten bis gar nicht. Lassen sich im Universum der veröffentlichten Meinung Zitate finden, die eine Person kritisch sehen oder skeptisch beurteilen, schlägt der Meinungshammer erbarmungslos zu: Dem Wiki-Opfer kann mit Hilfe dieser Zitate das Mäntelchen „umstritten“ umgehängt werden. Ein weiteres von Wiki angewendetes Instrument: Einzelne Aspekte – Werke, Äußerungen oder Verfehlungen – werden betont und erhalten übergroßes Gewicht. Bei anderen hingegen werden „dunkle Flecken“ vertuscht, wie man es auch bei der klassischen „antifaschistischen“ „Anprangerungsliteratur“ kennt: So intendiert Wikipedia wohl eine negative Punzierung des Leopold Stocker Verlages (z. B. scheinen in den „Kategorien“ die Schlagworte „Völkische Bewegung“ und „Neue Rechte“ auf), beim PapyRossa Verlag hingegen unterbleibt eine abwertende „linke“ Markierung (dort scheinen unter den „Kategorien“ lediglich die neutralen Begriffe „Buchverlag“, „Verlag“ und „Gegründet 1990“ auf).

Im Wiki-Eintrag über das sicher nicht rechtslastige „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS) ist auch kein Sterbenswörtchen über seinen seltsamen Konnex zum „Ibiza-Video“ zu lesen. Klickt man in die kritische Internetplattform „Unzensuriert“ hinein, erfährt man, dass dieses „politische Schönheitszentrum“ in jüngster Vergangenheit „immer wieder im Umfeld des sogenannten ,Ibiza-Videos‘ medial erwähnt und sogar als möglicher Käufer des Videos genannt wurde. Auch erfährt man aus Wikipedia nicht, dass die (mittlerweile aus dem österreichischen Parlament geflogene) „Liste Jetzt“ des Ex-Grünen Peter Pilz, früher bekanntlich Mitglied der trotzkistischen Gruppe Revolutionärer Marxisten, kurz vor der Nationalratswahl 2019 das „Schönheitszentrum“ zu einem „Diskurs“ eingeladen hatte. Die „ideologischen Dienstleistungen“ wurden so ausgelobt: „Das ZPS ist eine Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Großgesinntheit. Grundüberzeugung ist, dass die Lehren des Holocaust durch die Wiederholung politischer Teilnahmslosigkeit, Flüchtlingsabwehr und Feigheit annulliert werden und dass Deutschland aus der Geschichte nicht nur lernen, sondern auch handeln muss.“ Die genannte Berliner Kanzlei fungierte übrigens auch als Vertreter des verhafteten und verurteilten Drogendealers und nach Österreich ausgelieferten mutmaßlichen Lauschfallen-Mittäters Julian Hessenthaler rechtsfreundlich gegen Medien.

Für die „Politur“ des Netz-Images hat sich der Begriff „Online Reputation Management“ (ORM) eingebürgert, die Beeinflussung und/oder Observierung des Rufs von Einzelpersonen, Organisationen oder Marken. Mittels professioneller Suchmaschinenoptimierung (SEO) lassen sich auf den ersten Seiten der Suchmaschinen schlechte Nachrichten von guten verdrängen – und umgekehrt. Da Wikipedia-Einträge wie durch Zauberhand stets ganz nach vorne rutschen, können sie nicht nur über Leben und Tod von Unternehmen, sondern auch über Karrieren und Karriereknicks von Wissenschaftlern, Politikern und Autoren entscheiden. Selbst professionellen (und in der Regel nicht ganz billigen) ORM-Firmen gelingt es meist nicht, Rufmorden erfolgreich und nachhaltig gegenzusteuern.

Korruption und Schutzgeld?

Zum Glück nicht in Mitteleuropa, sondern bis dato nur in Brexit-Land tauchten im Wikipedia-Umfeld die hässlichen Begriffe Korruption und Schutzgeld auf, aber immerhin: Im Wiki-Schwarzbuch berichtet Hermann Ploppa über eine sich im Inselreich „immer deutlicher äußernde zunehmende Korruption“. Wikimedia Großbritannien habe die Konten von 381 Nutzern sperren müssen, die mittelständische Unternehmen und Prominente unter Druck gesetzt hätten, ihnen Schutzgeld zu zahlen, andernfalls die Firmen und ihre Produkte oder die Reputation der Prominenten in Wiki-Artikeln systematisch schlechtgemacht würden. Der Betreiber des Kartenspiels „Cards against humanity“ begriff daraufhin offenbar rasch, wo der Hebel anzusetzen ist: Er spendete 70.000 Dollar an die Wiki-Foundation – und durfte fortan die Seite über sein Produkt ungestört in seinem Sinn redigieren. Auch auf höherer Ebene rissen seltsame Bräuche ein: Ein Mitarbeiter der Boeing-Flugzeugwerke, Jeff Finlayson, habe, so Ploppa, jahrelang Artikel über Boeing geschrieben und redigiert. Und der Einfachheit halber auch gleich jene über das Konkurrenzunternehmen McDonell-Douglas. Jenseits des Atlantiks überwies die Stanton Foundation, eine von Frank Stanton, einem langjährigen Präsidenten des Columbia Broadcasting System, gegründete Privatstiftung – selbstverständlich unverbindlich – 4,75 Millionen Dollar auf das Konto der Wiki-Foundation, worauf im Gegenzug ein angeheuerter Redakteur nach Belieben Wiki-Artikel mit außen- und sicherheitspolitischen Themen im Sinne des Council of Foreign Relations umschreiben durfte. Derlei Usancen wären in Mitteleuropa, wo man so etwas wie Korruption überhaupt nicht kennt, und speziell in Österreich, wo die Korruptionsstaatsanwaltschaft praktisch arbeitslos ist, natürlich absolut undenkbar.

Unübersichtliche Hierarchie

In der für Außenstehende unübersichtlichen Hierarchie steht eine „Bürokraten“ genannte Elite an der Pyramidenspitze. Darunter amtieren „Administratoren“, „Sichter“, „Benutzeroberflächenbearbeiter“, „Zurücksetzer“, „Oversighter“, „Checkuser-Berechtigte“ sowie Schiedsgerichtsmitglieder, „Stewards“, „Bots“, „CAPTCHA-Ausgenommene“ und „OTRS-Mitglieder“. Angemeldete Nutzer mit Benutzerkonto dürfen alle Artikel bearbeiten, müssen aber auf Freischaltung der Bearbeitung warten. Nicht angemeldete Nutzer und Leser dürfen lesen und einige Artikel bearbeiten, müssen aber ebenfalls auf Freischaltung der Bearbeitung warten. Das Verfassen der nach Wiki-Muster aufgebauten Artikel nennt sich Wikifizieren, die Autoren müssen sich an Benimmregeln, genannt Wikiquette, halten.

Bis zum „Held der Wikipedia Erster Klasse“

Ebenso kindisch wie die Hierarchie nehmen sich die Belohnungsorden in „Wikilandia“ aus: Die „Mentoren-Plaketten“, welche die Nachwuchs-Ausbildner für die Betreuung ihrer „Mentees“ (also einer Art „Azubis“) erhalten, gibt es in den Stufen Bronze (10), Silber (25), Gold (50), Platin (100), Smaragd (250), Rubin (500) und Saphirblau (750). Für die höchsterreichbare pädagogische Stufe (1000) winkt – Symbol muss wohl Symbol sein – als allerbegehrteste Trophäe die „Mentorenplakette in Blattgrün“. Während die Zahlen der Bronze- und Silberträger noch in die Hunderte gehen, listet die Wiki-Ehrentafel nur 4 Smaragd-, 3 Rubin-, einen Saphir- und keinen einzigen Blattgrünträger auf. Allerdings wird an Benutzer, die sich in besonderer Weise um das Mentorenprogramm verdient machen, der „Order of Mentoring“ vergeben. Die Vergabe dieser – bisher an neun Personen verliehenen – Auszeichnung „folgt nicht quantitativen Maßstäben“. So winkte dem treuen Schreiber „Hardenacke“ für 15 ehrenamtliche Wiki-Jahre der „Wikiläumsverdienstorden in Rubin“. Je neun Wikipedianer tragen stolz den „Aton-Orden“ und den „Karl-August-von-Cohausen-Orden“ (Pate stand wohl der gleichnamige deutsche Berufsoffizier und provinzialrömische Archäologe) vor sich her. Ersterer wird verliehen für herausragende Leistungen in Ägyptologie, letzterer für herausragende Leistungen in römischer Militärgeschichte. Bisher sechs Wiki-Mitarbeiter verdienten sich den „En-hedu-ana“-Orden. Für Nicht-Alt-Orientalistiker: Namenspatin En-hedu-ana war die Tochter von Sargon von Akkad und bekleidete das Amt der Hohepriesterin des Mondgottes Nanna in der südmesopotamischen Stadt Ur. Der unermüdliche Wiki-Benutzer „WolfgangRieger“ wiederum erhielt für „in den klassischen Altertumswissenschaften erbrachte Leistungen“ den „Böckh-Mommsen-Orden“, offensichtlich benannt nach dem Fachbuch „Grundbegriffe Des Antiken Münzwesens Nach Böckh, Mommsen, Hultsch, Gräße Und Andern“. Aber damit nicht genug: WolfgangRieger wurde zudem sogar noch zum „Held der Wikipedia Erster Klasse“ geadelt.

Scherz muss sein

Wie alle Medienprojekte, an denen Menschen mitarbeiten, ist auch Wikipedia nicht frei von Fehlern. Dass erst nach Jahren korrigiert wurde, dass der Rhein nicht 1320 Kilometer, sondern nur 1230 Kilometer lang ist, gehört wohl zu den lässicheren lexikalischen Sünden.

Wenn es einem Scherzbold gelingt, Wikipedia hereinzulegen, kann das schon peinlich werden: Als Karl-Theodor zu Guttenberg 2009 deutscher Wirtschaftsminister wurde, erlaubte sich ein Amateur-User, zu den vielen in seinem Eintrag aufgelisteten Vornamen Karl-Theodor, Maria Nikolaus, Johann, Jacob, Philipp, Franz Joseph, Sylvester, Freiherr von und zu Guttenberg in Wiki – frei erfunden – den Namen Wilhelm einzufügen. Fast alle Medien von Bild bis Spiegel übernahmen die Ente. Besonders Spiegel online wurde übrigens mehrfach beim Abschreiben von Wiki erwischt, was durch die Übernahme der Beistrichfehler dokumentiert wurde.

Ethnische und ethnoreligiöse Diskretion in der deutschen Wiki

Anders als andere Wikipedien geht die deutsche Enzyklopädie mit der ethnischen bzw. ethno-religiösen Herkunft von Persönlichkeiten höchst diskret um. Der kürzlich verstorbene Schauspieler Charles Sidney Grodin (eigentlich Charles Grodinski) ist unter folgenden deutschen Kategorien gelistet: Theaterschauspieler, Theaterregisseur, Filmschauspieler, Autor, Literatur (Englisch und US), Drama, Sachliteratur, Pseudonym und US-Amerikaner. Kein Wort über seine Herkunft.

In der englischen Wikipedia stößt man hingegen gleich im ersten Absatz auf die Wurzeln des Stars: „Grodin was born in Pittsburgh, Pennsylvania, to Orthodox Jewish parents“ (Grodin wurde in Pittsburgh, Pennsylvanien von orthodoxden jüdischen Eltern geboren). Zusätzlich findet man ihn detailreich gleich in mehreren „Kategorien“, wie sie der deutschen Wiki fremd sind: „Jüdischer amerikanischer männlicher Schauspieler“, „Jüdischer amerikanischer Autor“, „Jüdischer Theaterdirektor“ und „Jüdisch-amerikanischer männlicher Komödiant“.

Auch die spanische Wiki macht kein Geheimnis daraus, dass Grodins Eltern „júdios ortodoxos“ (orthodoxe Juden) waren und man geht dort noch in weitere genealogische Details: „Su abuelo materno había sido un ruso judío inmigrante que provenía de una larga línea de rabinos“ (sein Großvater mütterlicherseits war ein eingewanderter russischer Jude, der einer langen Linie von Rabbinern entspross). Die spanische Wiki verfügt über ein eigenes Verzeichnis „Judíos de Estados Unidos“ (US-Juden), in dem auch Grodin zu finden ist.

Aus der portugiesischen Wiki erfährt man noch mehr Details: „Grodin era filho de pais judeus ortodoxos Lena e Theodore Grodin. Seu avô materno foi um imigrante judeu da Rússia, descendente de uma longa linhagem de rabinos.“ (Grodin war Sohn der orthodoxen Juden Lena und Theodore Grodin sowie mütterlicherseits Enkel eines aus Russland eingewanderten Sprosses aus einer langen Ahnenreihe von Rabbinern). Weiters steht zu lesen, dass er „Tem um irmão mais velho, Jack“, einen älteren Bruder namens Jack, hatte. Auch die portugiesische Wikipedia führt eine separate Liste der US-Juden, in der Grodin aufscheint.

Selbst in der russischen Wikipedia wird Grodins Ethnie nicht verschwiegen: „семья евреев ортодоксальных“ (orthodoxe jüdische Familie).

Bei der französischen Wikipedia war man bei GENIUS-Redaktionsschluss noch mit der Eintragsaktualisierung befasst. Man konnte den Hinweis lesen: „...Es handelt sich um einen Eintrag über eine kürzlich verstorbene Person und er ist noch nicht eingerichtet...“

 


 

Teil 2: Wiki-Opfer und Wiki-Alternativen

von Bernd Stracke

Von Wiki-Jägern verfolgt zu werden, ist kein Spaß: Sehr oft schießen sie ihre Giftpfeile aus dem Schutz der Anonymität ab. Was über manche Wiki-Schreiber an die Öffentlichkeit durchsickert, zeigen hier einige bemerkenswerte Beispiele. Mittlerweile bildeten sich einige interessante Alternativen zur Monopol-Enzyklopädie mit wirksamen Gegenstrategien gegen Verleumdung und Rufmord. Mit dem vorliegenden GENIUS-Lesestück liegt Teil 2 einer kritischen Trilogie vor.

Andol, der gescheiterte Grüne als graue Wiki-Eminenz in Sachen Klima

Im unterfränkischen 16.000-Einwohnermarkt Großostheim verorten die Schweizer Weltwoche bzw. das Schwarzbuch Wikipedia Herrn Andreas Lieb. Er habe – erfolglos – für die Grünen im Gemeinderat kandidiert, sei als Klima-Redner aufgetreten und sei ein Greta-Fan, habe Geschichte studiert und Artikel über die Eisenbahn geschrieben. Allerdings wirke er unter dem Decknamen Andol als einer von 20.000 „Sichtern“ für Wikipedia und sei dort einer der ganz Mächtigen geworden. Er könne dort quasi nach Belieben kontrollieren, korrigieren und blockieren. Ihm werden das Publikationsmonopol und die Deutungshoheit in der deutschen Wikipedia über die Themen Klimapolitik (92 Prozent Andol-Anteil) und Energiewende (90 Prozent Andol-Anteil) zugeschrieben. Das Schwarzbuch rätselt freilich, wovon der Mann lebt, der in den letzten zehn Jahren 180 eigene Artikel verfasste und über 20.000 Bearbeitungen bestehender Wiki-Einträge vornahm. Aus dem Wikipedia-Logbuch ist nicht nur ersichtlich, dass sich der fleißige Mann Tag für Tag nach 13 Uhr einloggt, um 17 Uhr eine Pause einlegt und danach weiter bis Mitternacht oder länger arbeitet. So brachte er es allein im Juni 2021 auf 470 Eintragsbearbeitungen. Dazu gehören sprachliche Überarbeitungen, Neutralisierungen und Löschungen, etwa im Artikel über die „Klimaschmutzlobby“, einem kritischen Sachbuch von Susanne Götze und Annika Joeres, oder Streichungen („Klimawandelleugnung“, „Photovoltaik in Deutschland“) oder Umbau („Energiemanagement“). Während Andol den Grünenkritiker Prof. Fritz Vahrenholt kritisierte, unterstützte er den Züricher Klimawarner Prof Reto Knutti bedingungslos als „bedeutendes Mitglied des IPPCC“ (Anm.: Intergovernmental Panel on Climate Change).

„Schwarze Feder“ auf dem Tummelplatz des geistigen Lumpenproletariats

Wikipedia stellt ihren Autor Andreas Kemper, geboren 1963 im niedersächsischen Nordhorn, als deutschen Publizisten und Soziologen vor, der den Klassismus-Begriff (angelehnt an die Begriffe Sexismus und Rassismus sei Klassismus eine Form der Diskriminierung) etabliert und kritische Publikationen über die AfD verfasst habe sowie als Wikipedia-Autor aktiv sei. Das „Schwarzbuch Wikipedia“ nennt Kemper einen unter dem Tarnnamen „Schwarze Feder“ als Wikipedia-Heckenschütze fungierenden profeministischen Linksextremisten, der ideologisch in den 1970er-Jahren stehengeblieben ist“, der aber 2009 von der Jungen Freiheit enttarnt worden sei. Die „Schwarze Feder“ platziere Artikel und Interviews in „Qualitätsmedien“, die dann ihrerseits wieder in Wikipedia als „Beleg“ verwendet werden. An anderer Schwarzbuch-Stelle wird Kemper unterstellt, dass er mit vielen Propagandawerkzeugen und Methoden arbeite, wobei Wiki nur ein Standbein sei. Allerdings könne er dort verdichten, was er in der Folge als „Wahrheit“ verbreiten wolle. Kemper finde willfährige Journalisten, durch die er Andersdenkende und ihm unbequeme Quellen als „illegal“ und „kriminell“ denunzieren könne. Er knüpfe Netzwerke zwischen linken Gruppen, feministischen Kreisen und Parteistiftungen und verfüge über Zuarbeiter, die in Wikipedia einarbeitbare „Sekundärquellen“ schaffen. Wer Feminismuskritik übe, sei aus Kempers Sicht ein Nazi oder zumindest ein AfD-ler. Unter der Kapitelüberschrift „Wikipedia als Tummelplatz des geistigen Lumpenproletariats“ verfremdet der Historiker Volkmar Weiss den Protagonisten Andreas Kemper zu Albert Klempner und den Tarnnamen „Schwarze Feder“ zur „Schnellen Feder“ und schildert ausführlich seine – letztlich mit einem regulären Sperrverfahren endenden – Wiki-Erfahrungen, wonach der innere Zirkel der Wiki-Autoren und -Administratoren „wie ein geschlossener Jakobinischer Klub“ funktioniere.

50.000 Wiki-Stories vom Klavierlehrer und „Jesusfreund“

Als einer der aktivsten Wikipedia-Autoren gilt der ehemalige Hausbesetzer, Graswurzler, Anarchosyndikalist, Nationalsozialismus-Experte, Ex-Theologiestudent und diplomierte deutsche Klavierlehrer Gerhard Sattler aus Melle bei Osnabrück, von dem die Webplattform WikiMANNia (g) zu wissen glaubt, er sei zumindest in Teilzeit Instrumentallehrer an der Uni Osnabrück. Sattler habe zunächst von 2004 bis 2011 unter dem Pseudonym "Jesusfreund" und ab 2011 mit dem Benutzerkonto „Kopilot“ wikipedisiert. Nach der Sperrung des Benutzerkontos "Kopilot" auf Beschluss eines Wiki-Schiedsgerichts und einem Pseudonym-Intermezzo als „Geradliniger“, sei er nunmehr unter dem Pseudonym "EinBeitrag" aktiv. Faulheit kann man ihm gerade nicht vorwerfen: Sein Logbuch offenbart, dass er zwischen 2011 und 2015 nahezu 50.000 Wikipedia-Einträge (mit)gestaltet hat. Sowohl auf Wikipedia als auch im alternativen Online-Lexikon PlusPedia fanden sich Nachweise, dass der Herr Klavierlehrer regelmäßig viele Stunden am Tag schreibt, sowohl an Wochentagen als auch an Wochenenden und Feiertagen. Oder er hat Heinzelmännchen als Helfer.

Der deutsche Diplombiologe und Filmemacher Markus Fiedler (seine 2015 produzierte Dokumentation „Die dunkle Seite der Wikipedia“ wurde ein Sensationserfolg) enttarnte übrigens nicht nur Sattler als „Sockenpuppe“ (auch Fakeaccount oder englisch sockpuppet), also als jemanden, der Sperren durch durch missbräuchliches Einsetzen von Mehrfachkonten umgeht, sondern wies auch nach, dass der Gymnasiallehrer und Bildungsreferent der Stadt Hamburg, Philipp Heyde, jener geheimnisvoller Wikipedia-Autor „Phi“ ist, der u. a. damit auffiel, dass er den Schweizer Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser als „Verschwörungstheoretiker“ stigmatisierte. Sattlers „Spezialitäten“ seien das Verschieben, Umformulieren und Löschen von Diskussionsbeiträgen anderer. Auch manipulierte Referenzen und Quellen konnten ihm nachgewiesen werden. Aufgrund guter Vernetzungen mit Gleichgesinnten sei Sattler inzwischen allerdings praktisch unsperrbar.

Auf den „Kopiloten“ gehen 55,7 Prozent des Eintrages „Liste von Holocaustleugnern“ zurück, an dem insgesamt 45 Autoren mitwirkten. Sattler war auch einer jener 452 Autoren, die sich um eine möglichst negative Darstellung der deutschen AfD in der Wikipedia verdient gemacht haben, aber auch für jenen Text (mit)verantwortlich ist, der der Stasi-Zuträgerin Anetta Kahane Rosen streut und der die Amadeu-Antonio-Stiftung als „solide gemeinnützige Organisation“ einstuft.

Für den ehemaligen deutschen Verfassungsschutzpräsident Helmut Roewer ist Sattler ein Antifa-Aktivist und Datenmanipulator, für die Wiki-„Schwarzbuch“-Koautorin Katrin McClean hat Sattler einen linksextremen Hintergrund.

Pluspedia rettet gelöschte Wikipedia-Dateien

„Wer von Wikipedia genug hat, ist bei uns willkommen.“ Mit diesem Slogan öffnet sich Pluspedia für „jedermann“. Der werbefreie gemeinnützige Verein versteht sich als „inklusionistische, pluralistische, freie und politisch weit gefächerte Universalenzyklopädie ohne diskriminierende Relevanzkriterien", die sich u. a. um die Rettung gelöschter Wikipedia-Dateien verdient macht. Die Pluspedia-Kategorie „Kritik an Wikipedia“ zeigt Fehlentwicklungen auf wie:

* Ignoranz klarer Relevanzkriterien, Missachtung der Zitierpflicht und Enzyklopädie-unwürdige „romanhafte Ausschweifungen“. Einzelnen Gruppen gelinge es schnell, die Oberhand zu gewinnen. Weniger gebildete Autorinnen werden als „Oma“ disqualifiziert, unerwünschte Quellen als unwissenschaftlich bezeichnet. Nebst mangelnder Systematik und mangelnder Zuverlässigkeit sei virtueller Vandalismus (mutwillige Löschungen oder Störungen von digitalen Inhalten, Leerung von Artikeln oder deren Füllung mit unsinnigem Inhalt) zu kritisieren.

* Heimliche Lobby-Arbeit speziell in der deutschen Wikipedia: Viele private Seiten enthielten ausgesprochene Werbeinhalte. Während kommerzielle Themen rund um die Lebensmittelindustrie episch breit diskutiert würden, fehlten z. B. neue Ergebnisse der Ernährungswissenschaft oder das Thema Zuckerlobby. Wie „Wikiscanner“ entlarvte, sei aus dem „Störfall“ des Atomkraftwerks Biblis ein harmloses „meldepflichtiges Ereignis“ gemacht worden, der Export von Atommüll sei in eine schlichte „Rückführung von Brennstäben“ schöngeschrieben worden. Der eintragende Nutzer sei vom Energieversorger RWE AG (bis 1990 Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk) gekommen. Eine der Firma Boehringer Ingelheim zuordenbare IP-Adresse habe die Lieferung von Agent Orange an die USA aus der Firmenvergangenheit gelöscht. Der Hersteller eines Ginkgo-Gedächtnis-Präparats habe die Entfernung eines kritischen Kommentars zur Wirksamkeit aus dem Artikel veranlasst. (Das Tool „Wikiscanner“ wurde 2006 vom jungen US-amerikanischen Hacker Virgil Griffith (Jahrgang 1983) entwickelt, um unangemeldete Wiki-Beiträge aus den Netzwerken großer Firmen oder Organisationen transparent zu machen und Beiträge von verschiedenen IPs (oder ganzen IP-Bereichen) zu outen.)

* Irreführende Informationen durch falsche Zitate und Verfälschung von Quellen – Beispiele beträfen den Deutschen Aktienindex DAX oder die Enklave Gibraltar. Im Jahr 2015, zum 75. Jahrestag des Massakers von Katyn, hätten Wissenschaftler über 130 teils schwerwiegende Fachfehler nachgewiesen – und das just in einem von Wiki selbstbewusst als „exzellent“ ausgelobten Artikel. (Unter Exzellente_Artikel trugen bei Redaktionsschluss 2676 Einträge dieses Prädikat, das Wikipedianer vergeben können. Solcherart in den lexikalischen Olymp gehoben wurden z. B. der Biologiebeitrag über die brasilianische Wanderspinne Phoneutria nigriventer, der Geografiebeitrag über den Altausseer See, der historische Beitrag über die Hungersnot in Zentralkenia 1899, der Gesellschaftsbeitrag über Toiletten in Japan, der Kunstbeitrag über das Gebetbuch Ottos III, der Sportbeitrag über Roger Federer, der Technikbeitrag über Keramischen Faserverbundwerkstoff, der Wissenschaftsbeitrag über die Vulva und der Philosophiebeitrag über Das Gute.) Eine unabhängige Qualitätskontrolle fehle und Berichtigungen seien dem Zufall überlassen.

* Ideologische Ausrichtung: Viele Artikel über bestimmte Weltanschauungen und Ideologien wie z. B. Feminismus oder Hegemonie der politischen Linken seien einseitig ausgerichtet. Pluspedia und „Wiki-Watch“ (eine Arbeitsstelle im Studien- und Forschungsschwerpunkt „Medienrecht"
der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/O.) orten bei Wikipedia mindestens eine vierstellige Zahl Rufmordopfer verschiedenen Schweregrades, darunter

- den anthroposophischen deutschen Arzt Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer und Bruder des Musikers Herbert Grönemeyer („Medizingeschäftsmann“, „populistischer Scharlatan“, „Professor Hokuspokus“),

- den EU-kritischen Rechts- und Wirtschaftsprofessor Dr. Karl Albrecht Schachtschneider („gern gesehener Rechtsbeistand in nationalsozialistischen verschwörungstheoretischen Kreisen, Aktivist der Neuen Rechten, Interviewpartner der teilweise antisemitischen LaRouche-Politsekte, TV-Auftritt mit dem antisemitischen Verschwörungstheoretiker Jan van Helsing),

- den Wissenschaftstheoretiker Harald Walach (seine wissenschaftliche Arbeit sei „gerade im esoterischen Bereich stark umstritten“),

- den deutschen Homöopathen Claus Fritsche (er beging Suizid, nachdem ihn die Wiki „journalistisch unsauberer Praktiken“ und „Werbung für umstrittene Behandlungsmethoden wie Neuraltherapie“ geziehen hatte),

- den Schweizer Friedensforscher Daniele Ganser („Verschwörungstheorien, Holocaustleugnung“),

(siehe auch weiter unten bei „Vetopedia")

- den homosexuellen Theologen DDr. David Berger („rechtspopulistische Agitation“),

- den Wirtschaftsdozenten Prof. Dr. Walter Krämer (nachdem er kritisierte, dass die deutsche Wiki „von Ideologen dominiert“ werde, bekam er die Punze „AfD-naher abschreibender Rechtsradikaler“ verpasst),

- den Wissenschaftler Prof. Alexander Waibel (hartnäckige Schmähung als „Helfershelfer ausländischer Geheimdienste“),

- den berühmten Musiker und Komödiant Felix Reuter (wurde 2016 wegen „bürgerlicher“ Ansichten der anonymen Wikianer „Gleiberg“ und „Gripweed“ aus der Wiki getilgt),

- die in Deutschland lebende Französin Jocelyne Lopez („Relativistin“),

- den britischen Biologen Dr. Rupert Sheldrake („Skeptizist“ und „Esoteriker“),

- den liberalen Focus-Journalisten Michael Klonovsky (Sympathien für „völkischen Nationalismus“),

- den deutsch-iranischen Publizisten Ken Jebsen („Antiamerikanismus“, „Antisemitismus“, „Israel-Hass“) – seinen Wiki-Eintrag reichert der anonyme giftspeiende Wiki-Autor „Jonaster“ geradezu leidenschaftlich mit negativen Untertönen an. Gefährlich macht den 1979 in Reutlingen geborenen, in Berlin lebenden und mit einer Anwältin verheirateten Jonaster übrigens sein – nach Aussage des Dokumentarfilmers Markus Fiedler – offensichtlicher Zugang zu nichtöffentlichen Daten des Verlagswesens, die er „für Wikipedia und sonstige Zwecke“ nutze. Anknüpfungspunkte ergeben sich zum – anarchistischen Gruppen nahestehenden – Internetpranger Psiram, der sich als Lexikon tarnt und Überschneidungen zu anderen Prangerseiten wie Quackwatch und Crankwatch vermuten lässt.

- die friedliche religiöse Minderheit „Falun Gong“ (sie läuft – im Gegensatz zur korrekten Darstellung in der englischen Wiki – in Deutschland unter „propagandaverbreitende Sekte“),

- die Wählervereinigung „Bürger in Wut“ („Rassismus, rechtspopulistische Ausrichtung“),

- die rechtslibertäre Zeitschrift eigentümlich frei ( „Rechtsextremismus-Nähe“) und

- die deutsche Wochenzeitung Junge Freiheit (Darstellung als „eine Art Nazizeitung“, während z. B. die extrem linksradikale Junge Welt und der Anarchistenblog Ruhrbarone liebevoll als seriöse Blätter zurechtgetextet werden).

Pluspedias vergleichbare „Pendants“ in anderen Sprachen sind übrigens: „Deletionpedia“ (englisch), „Enciclopedia Libre“ (spanisch), „Susning.nu“ (schwedisch), „Meta-PrePedia“ (Polnisch) und „Wikiznanije“ (russisch).

Vetopedia als freie Enzyklopädie der Gegenstimmen

Als „freie Enzyklopädie der Gegenstimmen“ und mutige Kämpferin gegen Medienverleumdung versteht sich Vetopedia. Sie bietet jedem, der nicht allein auf die Gunst Interesse-befangener Massenmedien angewiesen sein will, eine ultimativ neutrale Gegendarstellungsplattform. Wer zu Unrecht ins mediale Visier gerate, womöglich Opfer falscher Behauptungen, Lügen, Beschuldigungen usw. werde, habe zwar theoretisch ein gesetzlich garantiertes Recht auf Gegendarstellung. Praktische Erfahrungen zahlloser Medien-Opfer hätten aber gezeigt, dass dieses verbriefte Recht nur in den seltensten Fällen greift. Tausende stünden daher jährlich mit ihren vergeblich erarbeiteten Gegendarstellungen, Einsprüchen, Erklärungen usw. völlig alleine da. Auch wiederholte Versuche, verweigerten Gegendarstellungen Gehör zu verschaffen, würden oft scheitern. Staatsanwaltschaften und Gerichte würden nur eingreifen, wenn die Medienopfer Anzeige erstatten und sich auf den langen und teuren Weg eins Rechtsstreites begeben. Nur in seltenen Fällen, und dann noch meist (zu) spät, werde ihnen Recht verschafft.

Die Vetopedia-Regeln sind klar: Die Plattform dient sowohl der Sicherung unverfälschter Berichterstattung in der Öffentlichkeit als auch der praktischen Verwirklichung des gesetzlich verankerten Gegendarstellungsrechts. Man gibt seine Entgegnung unter seinem Namen ein. Es dürfen keine gesetzwidrigen Inhalte veröffentlicht werden, und jeder Schreiber trägt die alleinige Verantwortung für das von ihm Veröffentlichte. Schon am gleichen Tag kann jedermann Einsicht in das nehmen, was tatsächlich berichtigend geschrieben und korrigiert wurde. Es kann aber auch jeder Interessierte objektiv vergleichen, in welcher Art und in welchem Umfang die Massenmedien mit eingegangenen Reklamationen und Gegendarstellungen verfahren, bzw. diese allenfalls zensieren, verfälschen usw. Vetopedia ist keine Plattform für rein private, zwischenmenschliche Differenzen oder Belange.

Neben dem Themenkreis Medienverleumdung arbeitet Vetopedia auch an den aktuell besonders diskutierten Schwerpunkten Impfschäden, Pharma- bzw. Medizinopfer und Mobilfunk/Krebs.

Dazu erstellt Vetopedia eine weltweite pharma- und wirtschaftsunabhängige Studie über Impfungen und Impfgeschädigte. Anzugeben sind die Namen von lebenden oder verstorbenen Opfern, aufgetretene Komplikationen und Schädigungen und die mutmaßlich schädigenden Impfungen. Offizielle Zahlen des Paul-Ehrlich-Institutes und der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) seien höchst alarmierend, würden aber von den Massenmedien verschwiegen bzw. verharmlost. Die für Infektionskrankheiten zuständige US-Gesundheitsbehörde CDC habe seit Beginn der experimentellen Corona-Impfungen allein bis Ende März 2021 nicht weniger als 50.861 unerwünschte Nebenwirkungen und 2.509 Todesfälle in zeitlichem Zusammenhang mit den Corona-Impfungen registriert.

Stichwort Pharma- und Medizinopfer: Laut dem deutschen Mediziner und Spiegel-Bestseller-Autor Dr. Gerd Reuther („Der betrogene Patient“) sterben in Deutschland jährlich etwa 300.000 Menschen durch Medikamentenwirkungen, Klinikinfektionen und Operationen. Gerd Reuther beendete 2017 seine Tätigkeit als Radiologe, weil „meine Zweifel zunehmend gewachsen sind und ich kein Erfüllungsgehilfe mehr für schlechte Medizin sein wollte“. In Reuthers Wiki-Vita darf natürlich nicht fehlen, dass er er von Medizinern als „Wissenschaftsgauklern“, „Studienerfindern“ und „Übertherapeuten“ sprach und seit 2020 hat zahlreiche Artikel im verschwörungstheoretisch-verdächtigen Online-Magazin Rubicon veröffentlichte.

Vetopedia spricht von drei Millionen Toten in den USA aufgrund von verschreibungspflichtigen Medikamenten in den letzten drei Dekaden. In Deutschland stürben 240.000 Menschen jährlich an Chemotherapie, pro Tag seien das ca. 700. Nach Angaben der AOK stürben jedes Jahr rund fünfmal so viele Menschen durch Behandlungsfehler wie im Straßenverkehr. Jeder siebte Deutsche sehe sich selbst als Opfer von medizinischen Behandlungsfehlern. Darum erstelle Vetopedia eine weltweite Übersicht über Schäden durch Medikamente und medizinische Eingriffe, sowie über falsche Prognosen.

Das Vetopedia-Impressum weist als Redaktionsverantwortlichen Elias Sasek aus, einen Sohn des „Wiki-Schrecks“ Ivo Sasek. Die Vetopedia-Adresse im Schweizerischen Walzenhausen ist ident mit dem Sitz von Ivo Saseks Firmenimperium (Klagemauer-TV, Panorama-Film, Elaion-Verlag, Stimme und Gegenstimme, Organische Christus Generation, Antizensur-Koalition).

Ivo Sasek darf wohl als eine der von der deutschen Wikipedia am meisten geschmähten (und vielleicht gefürchteten) Persönlichkeiten gezählt werden.

Von allen 75 Wikipedia-Miatarbeitern, die sich bis Mai 2021 an der Netzbeschmutzung Saseks beteiligten, hat sich mit 71,4 Prozent der Osnabrücker Klavierlehrer Gerhard Sattler, alias „Kopilot“ alias „Jesusfreund“ am eifrigsten hervorgetan.

Der Wiki-Eintrag über Ivo Sasek liest sich freilich so, als wäre der Schweizer Medienunternehmer und Verleger der leibhaftige Gottseibeiuns: Die zehnseitige Darstellung Saseks trieft nicht nur von verbalen Abwertungen („Laienprediger“, „Irrlehrer“, „Sekte“, „gelernter Automechaniker“, „Christ durch visionäre Bekehrung“, „pfingstlerische Geistesgaben“ ) sondern auch von Vokabeln mit ehrenrührigem, ja sogar strafrechtlichem Konnex („Antisemitismus“, Fremdenfeindlichkeit“, „Geschichtsrevisionismus“, „Holocaustleugnung, „neurechts“, „Endzeitlicher Absolutheitsanspruch“, , „Kindesmisshandlung“, „Gehirnwäsche“, „Indoktrinierung“, „Feindeslisten“, „Dschihadisten“, „Volksverhetzung“ „Protokolle der Weisen von Zion“ „Weltjudentum“ „Hakenkreuzflaggen“, „hitlergrüßenden Kindern“ und „Verschwörungstheorie“). In den Zeugenstand für Saseks „Un-Vita“ ruft Wikipedia u. a. den Rassismus-, Antisemitismus- und Rechtsextremismusforscher und geprüften Hebräiker Andreas Zick, Das „Name-dropping“ auf Saseks zehn Wiki-Druckseiten reicht vom GENIUS-Autor General Gerd Schultze-Rhonhof über den Rudolf-Steiner-Schullehrer Bernhard Schaub, den Filmemacher Michael Vogt bis hin zum Journalisten Jürgen Elsässer und zum Schweizer Friedensforscher Daniele Ganser. Nirgendwo ist zu lesen, und wenn es der Fall wäre, könnte man das auf Wiki bestimmt, dass Sasek von einem Strafgericht rechtskräftig verurteilt worden sei. Selbst Wiki kommt nicht umhin, zu erwähnen, dass Sasek 2018 in einem Verfahren rechtskräftig freigesprochen wurde, nachdem ihm angelastet wurde, er habe „Holocaustleugnern eine Bühne geboten“.

Zu jenen, die Falschmeldungen über sich auf Vetopedia richtigstellten, zählen außer Ivo Sasek der Allgäuer Biobauer Robert Briechle, der Umwelttechnologie-Physiker Dr. Matthes Haug, der Makroökonomie-Dozent und „Wissensmanufaktur“-Betreiber Andreas Popp, der Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer sowie der Schweizer Historiker und Publizist Dr. phil. Daniele Ganser.

EverybodyWiki

Eine weitere geistreiche Antwort auf die „manipulative“ Wikipedia ist die EverybodyWiki, die sich als „inklusionistische Online-Enzyklopädie“ definiert, in der „jedermann über alles schreiben kann“ („an inclusionist online encyclopedia where anyone can write about anything“). Die Absicht der EverybodyWiki-Erfinder besteht u. a. ebenfalls darin, Texte zu retten, denen in Wikipedia die Löschung droht („to save articles which are currently marked for deletion on Wikipedia“). Man kann darin z. B. seine eigene Biografie auch dann eintragen, wenn man für die herkömmliche Wikipedia ein „Nobody“ ist. EverybodyWiki-Texte brauchen keinerlei Notabilität-Standards oder sonstige willkürliche Anforderungen zu erfüllen. Nach langen zermürbenden, aber letztlich fruchtlosen Scharmützeln mit der Alt-Wiki bzw. mit dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands nützte diese Alternative erfolgreich der österreichische Historiker und Kunsthistoriker Walter F. Kalina, der übrigens ein Schüler von GENIUS-Präsident Prof. Dr. Lothar Höbelt ist und über das Verhältnis von Kaiser Ferdinand III. zur Bildenden Kunst promovierte, außerdem als Bandgitarrist und Sänger auftritt und sich für die waffentragende pennale Burschenschaft Germania Libera im Weinviertel engagiert. Höbelt selbst verzichtet auf Wiki-Korrekturkriege mit der Begründung, dass man ihn ohnehin kenne, und wer nicht, sei selber schuld. Ihm ist die Wiki-Methode wohlbekannt, wonach für den Wiki-würdigen Beleg eines Zitats schon ein Zeitungsartikel ausreicht, in dem „der Unsinn das erste Mal stand“. So habe der linke Antifa-Publizist Hans-Henning Scharsach gewöhnlich seine eigenen im Kurier veröffentlichten Artikel in Wikipedia als „Belege“ zitiert. Scharsachs auffallend schmeichelhaftes Wikiporträt wurde übrigens zu 48 Prozent vom anonymen Autor „192.164.29.175“ erstellt. Für Höbelt bemerkenswert ist in dem Zusammenhang auch, dass z.B. über Rudolf Sallinger genüsslich dessen NS-Akt zitiert, seine sonstige Karriere aber nur extrem kurz abgehandelt wird. Auch über diverse FP-Politiker fand Höbelt amateurhafte und fehlerverhangene Einträge.

Die „ganz böse“ Metapedia

Auch auf Metapedia ( https://de.metapedia.org/wiki ) erfährt man einiges, was man in der „offiziellen“ Wiki nicht findet. Für 87 eifrige Wikipedia-Autoren ist Metapedia eine 2006 in Schweden gestartete „rechtsextreme Online-Enzyklopädie“, die Artikel publiziert, die laut Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen 2008 „geschichtsrevisionistische und das NS-Regime verharmlosende Züge aufweisen“. Metapedia selbst versteht sich als seit 2007 existierende Weltnetz-Enzyklopädie in 20 Sprachversionen mit den Schwerpunktthemen Kultur, Geschichte, Politik, Wissenschaft und Philosophie und Teil eines größeren internationalen Netzwerkes, das die Unterrichtung der Öffentlichkeit durch Bereitstellung wahrheistgemäßer lexikalischer Informationen bezweckt, die konforme Medien nicht bieten. Metapedia will helfen, das deutsche Kulturerbe zu bewahren, die deutsche Sprache schützen, über antideutsche Vorurteile aufklären und Quellen zusammenführen, mit denen Leser sich gegen mediale Täuschung und politischen Betrug zur Wehr setzen können. Metapedia ignoriert auch weitgehend das „Systemvokabular“, das z. B. „kriminelle Zivilokkupanten als Schutzsuchende zu verherrlichen sucht.“ Auch in diesem Sinn will das Lexikon „ein Führer durch die Vergangenheit sein, um daraus die Gegenwart besser zu verstehen und Zukunft überhaupt gestalten zu können.“

Die blockierte Moscheepedia

Insbesondere aufgrund der Häufung einschlägiger Vorkommnisse in letzter Zeit – beobachten die islamistische Entwicklung nicht nur in Österreich die Grazer Freilich Medien GmbH mit ihrer vieldiskutierten informativen „Islamkarte“ www.islamkarte.info , und das Uni-Wien-Projekt „Islam-Landkarte“, sondern auch in Deutschland die Moscheepedia . Diese hat sich zum Ziel gesetzt, „die Welt der Moscheen aus der Unsichtbarkeit herauszuheben“. Laut NZZ vom 19. März 2021 („Die Hinterhofmoschee ist die Normalität“) gründete der deutsche Journalist und Autor Constantin Schreiber die Moscheepedia nicht nur, um erstmals die mutmaßlich 2.500 islamischen Gebetshäuser in Deutschland zu katalogisieren, sondern auch Predigten unter die Lupe nehmen bzw. kommentieren – und bekommt heftigen Gegenwind zu spüren. U. a. findet Maryam Kamil Abdulsalam, Vorstandsmitglied des Aktionsbündnisses muslimischer Frauen, dass ein derartiges Moscheeregister „ein starker, nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Freiheit der Religionsausübung“ wäre. Sich selbst auf der Moscheepedia umzusehen, wird manchem Internetsurfer ohnehin schwerfallen, da Webbrowser wie Mozilla bzw. Firefox einen Computeraufruf der Seite verhindern bzw. mit dem Hinweis blockieren, dass die Website kann nicht angezeigt werden könne, „da die Authentizität der erhaltenen Daten nicht verifiziert werden konnte“. Die Firmenzwillinge Mozilla Corporation und Mozilla Foundation in San Francisco sind verbandelt u. a. mit Bill Gates‘ Microsoft, mit dem Suchmaschinen-Riesen Google (weltweiter Marktanteil: 92 Prozent) und dem Webseiten-Giganten Yahoo. Mozilla hat sich natürlich ganz dem Kampf gegen „fragwürdigen Content“ in sozialen Medien verschrieben.

Im Schwarzbuch Wikipedia vermutet Claus-Martin Wolfschlag unter den Wiki-Schreibern grosso modo ähnliche politische Präferenzen wie in der deutschen Journalistenszene, wo sich – laut „Focus“ – zuletzt 42 Prozent bei den Grünen, 24 Prozent bei der SPD und 7 Prozent bei den Linken, 14 Prozent bei der CDU, zwölf Prozent bei der FDP und Null Prozent bei der AfD daheim fühlen, wo also „Links“ über eine knappe Dreiviertelmehrheit von 73 Prozent verfügt. In der Tat haben sich mit dem Wiki-Eintrag über den „Neue-Freiheit“-Stammautor Wolfschlag insgesamt 61 wohl nicht gerade rechte Schreiberlinge abgemüht. Mehr als die Hälfte dieser „Arbeit“ stammt vom geheimnisvollen Wahlwiener „Miltrak“. Die weitere Liste der für die Negativ-Zitate über Wolfschlag herangezogenen Anschwärzer liest sich wie das „Who is who der Antifa“: An den ersten drei Stellen scheinen der Ex-Referatsleiter für Rechtsextremismus beim Verfassungsschutz, Armin Pfahl-Traughber, der „Extremismusforscher“ Thomas Pfeiffer und der Rechtsextremismus-/Neonazismusforscher Alexander Häusler auf, gefolgt vom Extremismusforscher und NPD-Verbots-Sachverständigen Eckhard Jesse, dem deutschen „Antifaschismus“-Juristen Peer Jürgens, der deutschen Soziologin Bärbel Meurer – sie nennt Wolfschlags Studie „Das antifaschistische Milieu“ eine „rechtsextremistische Propagandaschrift“ –, dem „politikwissenschaftlich der Antifa zuarbeitenden“ Bettina Blank, dem wissenschaftlichen Rechtsradikalismus-Projektleiter Rainer Benthin, dem Extremismusforscher und Ex-Verfassungsschützer Thomas Grumke, dem Rechtsextremismus- und Rechtsradikalismusexperten Bernd Wagner und, last not least, dem in Innsbruck unter Anton Pelinka promovierten Direktor des „Berlin International Center for the Study of Antisemitism“ Clemens Heni.


Teil 3: Mächtiges Weltmonopol

von Bernd Stracke

Eine der umfassendsten Wiki-Analysen hat Thomas Röper auf anti-spiegel.ru unter dem Titel „Wikipedia – Online-Lexikon oder Propagandainstrument? Geschichten aus Wikihausen – Neuigkeiten aus Absurdistan“ verfasst. (Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.)

Röpers erste Feststellung: Wikipedia ist eines nicht – ein Online-Lexikon. Als Röper 2015 sein Buch über die Ukraine-Krise schrieb, arbeitete er viel mit Wikipedia. Dass Wikipedia keine wissenschaftliche Quelle ist, war ihm klar. Auf Wikipedia gab es aber viele Artikel über den Maidan, die Ukraine-Krise, die Krim und so weiter. Bei der Analyse der Wikipedia-Artikel auf Deutsch, Englisch, Russisch und Ukrainisch stellte er die Unterschiede der Wikipedia-Fassungen in den verschiedenen Sprachen fest. Röper erkannte, dass in den deutschen Wikipedia-Artikeln viele Informationen fehlten und sich auch viele Unwahrheiten in den Artikeln fanden. Dennoch war Wikipedia für Röper – ungewollt – sehr hilfreich, denn er hatte sich angewöhnt, nicht den Artikeln zu glauben, sondern las stets die angegebenen Quellen. Er stellte fest: In der deutschen Wikipedia war man besonders dreist, denn teilweise stand in den Quellen das Gegenteil von dem, was in dem Wikipedia-Artikel unter Bezug auf die Quelle zu lesen war! Schon damals verstand er, dass die deutsche Wikipedia nicht objektiv über Ereignisse berichtet, sondern sie nach Lesart der transatlantischen Propaganda darstellt, auch wenn dafür die Wahrheit stark verbogen werden muss. Später stieß er auf den Film „Die dunkle Seite der Wikipedia“ von Markus Fiedler. Sein Motiv, den Film zu machen, war der Wiki-Artikel über den Friedensforscher Dr. Daniele Ganser, der in seinen Vorträgen zu verschiedenen Themen sehr korrekt vorgeht und transparent seine Quellen nennt. Was Ganser erzählt, ist also nachprüfbar. Aber er stellt unbequeme Fragen zu 9/11, zu den Kriegen der Nato und zu den Medienberichten über diese Themen. In der Wikipedia wird Ganser als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet und sogar in die Nähe von Holocaust-Leugnern gestellt. Wer derartige Verleumdungen korrigieren möchte, wird bei Wikipedia kommentarlos auf Lebenszeit gesperrt. Das war Fiedler aufgefallen, und daher fing er an zu recherchieren. Das Ergebnis war der Film, der aufdeckt, wie die Wikipedia in Deutschland funktioniert und wer dort das Narrativ vorgibt.

Heute analysiert und kritisiert Markus Fiedler zusammen mit Dirk Pohlmann in der Sendereihe „Neues aus Wikihausen“ die Wikipedia weiter. Dabei stellte sich heraus, dass das System Wiki nicht nur ein „deutsches Phänomen“, sondern international etabliert ist. Journalisten in den USA kamen unabhängig von Fiedler und Pohlmann zum Ergebnis, dass in der Wikipedia einige wenige User fast alle Artikel bearbeiten und „beherrschen“. Die wichtigste Gemeinsamkeit sei, dass dabei konsequent die transatlantische und die pro-israelische Linie vertreten werde und jeder, der Fakten in Artikel einarbeiten möchte, die dem widersprechen, verwarnt oder sogar gesperrt wird. Korrigierende Änderungen würden nicht zugelassen. In einer Konferenz über Pressefreiheit berichtete Pohlmann den versammelten internationalen Journalisten anhand von Beispielen, wie Journalisten, Kabarettisten und Autoren, die sich gegen das Wiki-Narrativ stellen, systematisch verleumdet werden. In Wikipedia-Artikeln werden sie in die „rechte Ecke“ gestellt und als Spinner gebrandmarkt. Für einen Kabarettisten kann das den Ruin bedeuten, denn Veranstalter weigern sich oft, jemandem einen Saal zu vermieten, über den derartiges in der Wikipedia steht. Trauben von internationalen Journalisten, die Pohlmann nach dem Vortrag umringten und gedacht hatten, sie seien Einzelfälle, waren für ihn der Beweis dafür, dass es bei Wiki ein System vorliegt.

Instrument für Rufmord, Knebelung der Meinungsfreiheit

Kampagne gegen Uwe Steimle: Wiki sei nicht nur ein Instrument der transatlantischen und pro-israelischen Propaganda, sondern habe noch eine zweite Funktion: Menschen, die sich gegen diese Propaganda stellen, sollen durch Verleumdung mundtot gemacht werden. Zum Beispiel wurde der beliebte Kabarettist Uwe Steimle beim MDR wegen seiner (angeblich) rechten Einstellung gefeuert. Steimle warf nämlich dem MDR „mangelnde Staatsferne“ vor. Öffentlich-rechtliche Sender sind aber nun einmal staatlich und werden geleitet von Personen, die von den politischen Parteien ernannt werden. Und finanziert werden sie durch gesetzliche Zwangsbeiträge. Da kann man schlecht behaupten, diese Sender wären „staatsfern“, im Gegenteil. Ein weiterer Vorwurf gegen Steimle lautete, er habe in einem Interview gesagt, Deutschland sei „ein besetztes Land“. Im Spiegel lasen sich die Vorwürfe zusammengefasst so: „Der sächsische Komiker ist wegen seiner politisch kontroversen Äußerungen seit Langem umstritten. In dem von Jacobi angesprochenen Interview mit der Wochenzeitung Junge Freiheit hatte der 56-Jährige Deutschland als „besetztes Land“ bezeichnet und einen staatsfernen Rundfunk bestritten. Im vergangenen Juni ließ sich Steimle mit einem „Kraft durch Freunde“-Shirt fotografieren – eine Anspielung auf die nationalsozialistische Freizeitorganisation. Entgegen der Spiegel-Behauptung war das keineswegs der Fall, sondern der über 40 Jahre alte Satz war eine eindeutige Kritik an nationalsozialistischen Ideen. Schon in den 1970er Jahren hatte der Kabarettist Werner Fink eine Platte mit dem Titel „Kraft durch Freunde“ herausgebracht. Und Fink steht als ehemaliger KZ-Häftling sicher nicht im Verdacht, mit NS-Ideen zu sympathisieren. Steimle hat also seine Meinung offen geäußert, sowohl in seiner Funktion als Kabarettist, als auch als Privatmann in Interviews. Das reicht in Deutschland heute aus, um seinen Job zu verlieren. Man muss Steimle nicht zustimmen oder mögen, aber er hat ein Recht auf seine Meinung. Aber man kann im Spiegel auch lesen, dass die Sache eine Vorgeschichte hat, dass Steimle schon „seit Langem umstritten“ war. Und in dieser Vorgeschichte kommt Wikipedia ins Spiel. Der Wikipedia-Artikel über Steimle war bis Juni 2015 sachlich. Er berichtete von Steimles Wirken und den Preisen, die er gewonnen hatte. Am 11. Juni 2015 trug dann aber jemand folgendes ein: „Steimle erklärte bei seinem zweiten Auftritt bei der WDR-Kabarettsendung Mitternachtsspitzen: „Wieso zetteln die Amerikaner und Israelis Kriege an und wir Deutsche dürfen den Scheiß bezahlen?“ Dies dechiffrierte Jan-Philipp Hein für den Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (SHZ) dahingehend, dass die Juden mal wieder die Welt in Brand setzen würden, dabei die US-Regierung kontrollieren und die Mittel dafür den Deutschen abpressen, indem sie aus deren schlechtem Gewissen bezüglich des Holocaust seit Jahrzehnten bekanntlich Profit schlagen. Hein wertete dies als Beleg dafür, dass antisemitische Ressentiments im deutschen Fernsehkabarett als Humor getarnt weiterleben.“ Wenn man nun weiß, dass Steimle ein Linker und Unterstützer der Friedensbewegung ist, der sogar von der Partei „Die Linke“ einst zur Bundesversammlung eingeladen wurde, entpuppen sich diese Vorwürfe als lächerlich. Aber sie standen nun in der Wikipedia. Die Versionsgeschichte von Steimles Wiki-Artikel wurde von einem User namens Feliks regelrecht gekapert. Der hatte am 11. Juni diesen Eintrag gemacht und von da an hunderte weitere Änderungen in den Artikel geschrieben. Wer in der heutigen Version die Rubrik „Kontroversen um Steimle“ liest, bekommt den Eindruck, man habe es mit dem Teufel persönlich zu tun. Aber alles hatte mit diesem einen Eintrag begonnen, dessen Grund eine humoristische Äußerung Steimles in seiner Kabarett-Sendung war, und über die irgendein kleiner Reporter einen Artikel schrieb, in dem er Steimle Antisemitismus vorwarf. Wobei: Es war kein Artikel, sondern eine Kolumne. Sie erschien unter der Überschrift „Darf Satire wirklich alles? – Fernsehkabarett – da wo der Antisemitismus blüht.“ Und der Grund für Aufregung war der eine Satz von Steimle: „Wieso zetteln die Amerikaner und Israelis Kriege an, und wir Deutsche dürfen den Scheiß bezahlen?“ Was ist an dem Satz falsch? Es ist doch tatsächlich so, dass Deutschland für die Kriege der Israelis und der Amerikaner bezahlt. Die US-Kriege bezahlen wir in Deutschland mindestens, indem wir über eine Million Flüchtlinge aufgenommen haben, die es ohne die Kriege der USA im Nahen Osten und in Libyen nicht gegeben hätte. Und Israel wird von Deutschland kräftig unterstützt, sogar hochmoderne und vermutlich atomwaffenfähige U-Boote wurden Israel von Deutschland teilweise geschenkt. Steimles Fehler war wohl, dass er gegen das Narrativ sprach. Zu 60 Prozent stammt der Steimle-Eintrag von „Feliks“, der so ziemlich alle Artikel dominiert, die mit Israel zu tun haben. In der deutschen Wikipedia erscheint Israel daher als friedliebender Staat, der nie gegen das Völkerrecht verstoßen würde, und die Palästinser leben dank Israel in Freiheit und Wohlstand (ein wenig überspitzende Ironie sei an dieser Stelle erlaubt). Um das klar zu sagen: Hier geht es um die Politik Israels, um seine Regierung, nicht um die Menschen in dem Land, mögen es Juden, Araber oder Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion sein. Man muss immer zwischen den Menschen und ihrer Regierung unterscheiden. Jemand, der die Politik Frankreichs kritisiert, ist nicht „anti-französisch“, aber wer die Politik Israels kritisiert, der ist für Feliks ein Antisemit, und das nur aufgrund einer Kolumne, nicht aufgrund von Fakten. Feliks und der Kolumnist Hein sind jedenfalls über Twitter miteinander verbunden, sie könnten sich also kennen und den Rufmord an Steimle gemeinsam inszeniert haben. Jedenfalls sprangen dann andere Medien auf den Zug auf und fuhren eine Kampagne gegen Steimle. Das zeigten Fiedler und Pohlmann sehr unterhaltsam in Folge 26 von „Neues aus Wikihausen“ auf.

Wie einzelne User nach Belieben Artikel manipulieren

Hier geht es um Folter und darum, wie diese durch Wiki-Autoren verschleiert wird. Dazu sehen wir uns einen Artikel über ein israelisches Foltergefängnis an. In Israel gab es das sogenannte Camp 1391, das in der deutschen Wikipedia allerdings nichts als „Lager“ bezeichnet wird, sondern als „Anlage 1391“. Das klingt wahrscheinlich netter als „Lager 1391“. Dieses Lager war streng geheim, auf Luftaufnahmen wurde es sogar herausretuschiert. Seit wann das Lager bestand, ist nicht ,bekannt. Es wurde bereits 1985 genutzt, um ausländische Gefangene zu internieren und zu verhören. Da das Lager geheim war, konnten Gefangenen „verschwinden“. Weder Angehörige noch das Rote Kreuz noch Anwälte wussten, wo die Gefangenen waren oder ob sie überhaupt noch am Leben waren. Auch die Gefangenen selbst wussten nicht, wo sie waren. Wenn sie danach fragten, war die Antwort zum Beispiel: „Auf dem Mond“. Die Haftbedingungen waren schrecklich. Die Zellen waren teilweise nur zwei mal zwei Meter groß, sie hatten keine Toiletten oder Waschbecken und waren komplett schwarz gestrichen. Auf diese Weise konnten die Gefangenen in kompletter Dunkelheit gehalten werden. Schlafentzug war normal und es wurde massiv gefoltert. Gefangene wurden bei Verhören geschlagen und anal wahlweise von Soldaten oder mit Holzstöcken vergewaltigt. Als 2002 eine Menschenrechtsorganisation Klage in Israel einreichte, um herauszufinden, wo einige Palästinenser gefangen gehalten wurden, wurde zwar die Existenz des Lagers bekannt, aber das Gericht verweigerte die Bekanntgabe des Standorts. Lediglich eine Liste der Gefangenen sollten die Behörden herausgeben. Der Standort wurde erst bekannt, als ein Historiker beim Vergleich von Luftbildern feststellte, dass eine alte Polizeistation aus der Kolonialzeit auf modernen Luftaufnahmen weg retuschiert war. So wurde 2004 der Standort bekannt. 2003 griff die Presse das Thema auf, zumindest ein bisschen. Im Zuge der Klage von 2002 wurde ein israelischer Offizier unter dem Namen „George“ bekannt, der der schlimmste „Verhörspezialist“ gewesen sein soll. Und als es um eine Strafe für sein Verhalten ging, meldeten sich auch andere Soldaten zu Wort, die sich über eine mögliche Strafe beschwerten, denn sie hätten ja nur auf Anweisung gehandelt. Die israelische Zeitung Haaretz schrieb damals einen langen Artikel unter der Überschrift „UN fragt Israel zu palästinensischen Foltervorwürfen“.

Darin steht: „Vor dem Bezirksgericht von Tel Aviv ist noch eine Klage von Dirani gegen den Staat Israel und Major George wegen zweier Vorfälle anhängig, bei denen Dirani sagt, er sei sexuellem Missbrauch ausgesetzt gewesen. Im ersten Fall rief George vier der Soldaten hinzu, die Wachdienst in der Einrichtung leisteten, und einer von ihnen soll Dirani auf Befehl von George vergewaltigt haben. In einem anderen Fall, sagt Dirani, habe George selbst einen Holzstab in sein Rektum gesteckt. Das Gericht wird entscheiden müssen, ob diese Dinge so geschehen sind. Eine Durchsicht der eidesstattlichen Versicherungen, die dem Gericht vorgelegt wurden, Zeugenaussagen von Offizieren und Soldaten, die in der Einrichtung gedient haben, und Beweise, die von anderen Häftlingen, die dort waren, gegeben wurden, zeichnen ein Bild einer schrecklichen Routine in den Verhörräumen des Lagers 1391. Im Rahmen dieser Routine haben die Vernehmungsbeamten des Referats 504 extreme Maßnahmen angewendet, um Informationen zu gewinnen.
„Ich weiß, dass es üblich war, mit dem Einführen eines Stocks zu drohen“, sagt T.N., ein Vernehmungsbeamter der Einrichtung, in seiner Aussage gegenüber den Ermittlern der Militärpolizei. „Die Absicht war, dass der Stock eingefügt werden würde, wenn der Gefangene nicht sprechen wollte … Ich erinnere mich an einen Fall, als etwas in dieser Art getan wurde … George verhörte einen der Gefangenen … Er rief S. und mich. Wir kamen in den Raum und S. ließ seine Hose fallen und blieb in seiner Unterwäsche oder er machte Klickgeräusche mit seinem Gürtel, als ob er ihn öffnete … S. tat dies während der Vernehmung, als George [dem Gefangenen] sagte, dass er in den Arsch vergewaltigt werden würde … Ich erinnere mich mit Sicherheit, dass Vergewaltigung angedroht wurde.“
„Ich möchte über diesen Gefangenen hinzufügen, dass er nackt, in Handschellen und mit bedecktem Kopf ins Zimmer kam. S. und ich waren im Zimmer und einer von uns führte ihn durch den Raum und der andere hielt den Stock neben seinem Hinterteil, als Provokation und Drohung, weil er beim (unerlaubten) Liegen erwischt worden war, dass der Stock seinen Arsch geschoben werden würde. Wenn ich sage, dass der Stock neben seinem Hinterteil gehalten wurde, war die Idee, seinen Po mit dem Stock zu berühren und ihn vielleicht sogar nahe an das Rektum zu schieben, damit er denken würde, wir würden ihn wirklich hineinstecken.“
Diranis Beschwerde, zusammen mit anderen Zeugenaussagen über das, was in den Verhörräumen des Lagers 1391 vor sich ging, öffnete eine Büchse der Pandora in der Armee. Georges Verteidigungslinie war klar: Das System, sagte er, habe ihn fallen gelassen; alles, was er getan hatte, wurde mit Genehmigung getan. Jeder wusste davon, jeder gab seine Unterstützung, und jetzt leugnen es alle. Um seinen Fall zu untermauern, präsentiert George eine Petition, die von etwa 60 Reserveoffizieren und Soldaten der Einheit unterzeichnet wurde, in der sie sagen, es sei falsch, dass George persönlichen für die Anwendung von solchen Arbeitsmethoden zahlen muss, die in der Einheit seit vielen Jahren Standard waren.“

Strenge Strafen wurden nicht verhängt, und der Standort von Lager 1391 wurde weiterhin geheim gehalten. Während die französische Le Monde Diplomatique und der britische The Guardian im Jahr 2003 über Lager 1391 berichteten, hielten die deutschen „Qualitätsmedien“ das nicht für berichtenswert. Erst als auch das UNO Komitee gegen Folter 2009 in einem Bericht über die Folter in Israel berichtete, erwähnte das der Spiegel kurz.

Damals konnte man lesen: „Die UNO-Experten werfen Israel vor, palästinensische Gefangene an einem geheimen Ort auf israelischem Staatsgebiet festzuhalten und dort Verhörmethoden anzuwenden, die gegen die UN-Anti-Folter-Konvention verstoßen. Genannt werden unter anderem Schläge, Schlafentzug und das Sitzen in schmerzhaften Stellungen. Insgesamt seien laut UNO zwischen 2001 und 2006 etwa 600 Beschwerden über Misshandlungen oder Folter gegen Israel vorgebracht worden. Den Anschuldigungen sei bisher allerdings nicht nachgegangen worden. Die UN-Experten forderten Israel daher auf, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz Zugang zu der Anlage zu gewähren. Auch Anwälte und Angehörige dürften die Häftlinge in dem Geheimgefängnis bislang nicht besuchen.“ Der Spiegel zitierte auch die Reaktion Israels: „Israel wies die Vorwürfe zurück. Die „Anlage 1391″ werde seit September 2006 nicht mehr als Haftanstalt genutzt, heißt es in einer schriftlichen Antwort. Es fänden dort auch keine Verhöre mehr statt. Die Foltervorwürfe seien von den israelischen Behörden bereits untersucht und entkräftet worden.“ Die Information über die Schließung von Lager 1391 dürfte der Wahrheit entsprechen, denn es war ein Geheimgefängnis und mit der Geheimhaltung war es ja schon seit spätestens 2003 nicht mehr weit her. Aber niemand hat die Frage gestellt, ob nicht einfach ein anderes Geheimgefängnis Lager 1391 ersetzt hat. Hinweise darauf gibt es.

Und nun zu Wikipedia: 2007 wurde in der deutschen Wikipedia ein Artikel über Lager 1391 angelegt, an dessen Ende man las: „Amtlich bestätigt wurde dabei auch eine Anlage Barak; vermutet wird eine weitere bei Tel Aviv namens Sarafend.“ Aber über diese Lager ist nichts bekannt. Diese erste Version des Wikipedia-Artikels über Lager 1391 enthielt auch noch folgende Sätze: „Danach ist den Inhaftierten, die zu 68 Prozent der Folter unterzogen werden, der Zugang zu Anwälten und das Wissen um den Ort des Aufenthalts verwehrt, Familienkontakt nur selten möglich. Es gibt fensterlose Isolationshaft in kleinen Zellen mit Dauerbeleuchtung, was als mentale Folter gilt und zum DDD-Syndrom führt.“ Später fanden sich diese Formulierungen in dem Artikel unter der Überschrift „Menschenrechtsverletzungen“. Das beschauliche Leben dieses Artikels fand am 15. Juni 2017 ein jähes Ende, als sich den Artikel „Feliks“ vor, der es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hat, in der deutschen Wikipedia den Ruf von Israel zu verbessern, und zum vielleicht wichtigsten Autoren für alle Artikel wurde, die mit Israel, den Palästinensern und dem Nahostkonflikt zu tun haben. Dabei entfernte er aus Artikeln konsequent alles, was Israels Politik in ein schlechtes Licht rücken könnte, so auch aus dem Artikel über das Lager 1391. Die Überschrift „Menschenrechtsverletzungen“ verschwand ebenso wie die vielen anderen hässlichen Begriffe. Nachdem Feliks den Artikel am besagten 15. Juni insgesamt 14 Mal verändert hatte, war alles kritische daraus getilgt. In der Folgezeit wurde Feliks der Hauptautor des Artikels, der ein Jahr später über 60 Prozent aller Bearbeitungen durchgeführt hatte. Das endete im September 2018 abrupt. Zu diesem Zeitpunkt gaben Fiedler und Pohlmann bekannt, Feliks‘ Identität aufgedeckt zu haben. Feliks musste nun befürchten, wegen seiner teils nicht statthaften Änderungen von Artikeln und insbesondere wegen seiner Verleumdungen gegen Menschen, die kritisch gegenüber Israel waren, juristisch belangt zu werden. Er hatte nämlich seine Macht als bislang anonymer Wikipedia-Schreiberling ausgenutzt, um viele Menschen, deren politische Einstellung ihm nicht gefiel, in die Nähe von Antisemitismus zu rücken. Feliks prozessierte gegen Pohlmann und Fiedler, weil diese seine Identität öffentlich gemacht haben, verlor den Prozess aber in erster Instanz. Seit dem Feliks den Artikel nicht mehr bearbeitet, sprang nahtlos ein anderer Wikipedia-User namens „Hvd69“ ein. Nun findet sich in dem Artikel zwar die Überschrift „Foltervorwürfe“, das Kapitel geht aber nur in sehr allgemein gehaltenen Formulierungen auf die Vorgänge in Lager 1391 ein. Der deutsche Leser soll offenbar möglichst keine Details erfahren. Im englischen Wikiist der Artikel anders aufgebaut.

Auch dort fehlen zwar deutliche Worte, und das entsprechende Kapitel trägt die nichtssagende Überschrift „Kritik“, aber immerhin erfährt man da – im Gegensatz zur deutschen Version – die meisten Tatsachen. Wikipedia – das angeblich demokratische Online-Lexikon – lässt es zu, dass jemand den Artikel so verfälscht, dass er möglichst harmlos aussieht und dass kritische Veränderungen unterbleiben.

Wikipedia als Propaganda-Sprachrohr der NATO

Im vermutlich vielen bekannten Fall „Gladio und NATO“ spielen Wikipedia und deren Autor „Kopilot“ eine unrühmliche Rolle. Gladio war der Codename für Nato-Strukturen im Kalten Krieg. Die Idee dahinter war, dass im Falle eines Krieges die Sowjettruppen in Westeuropa einfallen würden. Für diesen Fall wurden sogenannte „Stay-Behind-Armeen“ aufgebaut, die dann als Partisanen gegen die Sowjettruppen aktiv werden sollten. Die gab es in jedem Nato-Land in Europa, aber auch im Nicht-Nato-Land Schweiz. Und es dürfte sie immer noch geben, denn Gladio wurde nie von offizieller Seite aufgeklärt, und es wurde auch nie erklärt, dass die Strukturen aufgelöst wurden. Diese autonom arbeitenden Einheiten waren gut ausgerüstet und hatten Waffen, Kommunikationstechnik sowie Geld und Gold, das in unzugänglichen Wäldern für den Tag X versteckt war. In jedem Land hatten diese Strukturen einen eigenen Namen. In Italien, wo die Sache ans Licht kam, hieß sie Gladio, was heute auch als Sammelbegriff für die Stay-Behind-Armeen benutzt wird. Das Problem war (und ist), dass diese Armeen jenseits des Gesetzes und der parlamentarischen Kontrolle arbeite(te)n.

Die Parlamente waren nicht eingeweiht, oft nicht einmal die jeweiligen Regierungen. Als das Ganze 1990 ans Licht kam, soll der belgische Verteidigungsminister seinen Generalstab entgeistert gefragt haben, ob es so etwas auch in Belgien gebe. Als das bestätigt wurde, soll er weiter gefragt haben, warum er als Verteidigungsminister darüber nicht informiert war. Die bestechende Antwort soll gewesen sein: „Ihr Minister wechselt ja sofort, da können wir Euch nicht alles erzählen.“

Ans Licht kam das Ganze in Italien, das eines der wenigen Länder ist, in denen Staatsanwälte nicht weisungsgebunden sind. Sie können in ihren Ermittlungen nur gestoppt werden, indem man sie tötet. In Deutschland hingegen entscheidet die Politik ganz legal darüber, in welchen Fällen Staatsanwälte ermitteln dürfen und in welchen nicht. Was wie eine böse Verschwörungstheorie klingt, ist in Deutschland Gesetz, und nach einer EUGH-Rüge dürfen deutsche Staatsanwälte seitdem keine europäischen Haftbefehle mehr ausstellen, weil ihre Unabhängigkeit von der Politik nicht gegeben ist. Das dürfen seit dem Urteil nur noch Richter. (Quelle: anti-spiegel)

In Italien gelang es jedoch einem hartnäckigen Staatsanwalt (dort heißen sie „Ermittlungsrichter“), den ehemaligen italienischen Premier Andreotti vor Gericht zu bringen, der dann öffentlich zugab, dass Gladio existierte. Und nicht nur das. Es stellte sich heraus, dass Gladio in Italien Terroranschläge verübt hatte (darunter der schwerste Terroranschlag in Italiens Geschichte auf den Bahnhof in Bologna mit fast 100 Toten), die danach den Roten Brigaden in die Schuhe geschoben wurden. Es ging darum, zu verhindern, dass die von den USA gehassten Kommunisten Wahlen gewinnen und an die Macht kommen. Daher sollte die Öffentlichkeit durch die Terroranschläge so beeinflusst werden, dass sie ihr Kreuz „an der richtigen Stelle macht“, also bei den Parteien, die treu zur USA standen. Das sind keine bösen Verschwörungstheorien, das konnte man in mehreren Arte- bzw. ZDF-Dokus sehen.

In der ersten Wiki-Version über Gladio, sie wurde noch vor Veröffentlichung von Gansers Doktorarbeit veröffentlicht, las man 2004 noch: „Eine öffentliche Aufarbeitung fand nirgendwo bisher statt, obwohl einzelne Waffen und Sprengmittel aus solchen Depots bei Attentaten und Anschlägen, gerade auch in Italien, auffielen. Danach wurden auch in der BRD und im damals sich neutral gebenden Österreich geheime Waffenverstecke aufgedeckt, aber bis heute weder medial, juristisch oder sonstwie aufgearbeitet. Italiens bekanntes „Gesetz des Schweigens“ (Omerta) greift länder- und themenübergreifend und zuverlässig.“

Seither wurde der Wiki-Text über Gladio fast tausend Mal verändert. 2007 war beispielsweise zu lesen: „1990 deckte der italienische Untersuchungsrichter Felice Casson nach Recherchen in den Archiven des Militärgeheimdienstes SISMI die Existenz von Gladio auf. Er konnte beweisen, dass Mitglieder des italienischen Militärgeheimdienstes SISMI, Neofaschisten und Teile des Gladio-Netzwerks von den 1960ern bis in die 1980er Jahre zahlreiche politisch motivierte Terroranschläge und Morde in Italien begangen hatten. Dabei hatte ein Netzwerk geheimdienstlicher Stellen durch Verbreitung von Falschinformationen und Fälschung von Beweisen dafür gesorgt, dass die Verbrechen linksextremen Terroristen zugeordnet wurden, vor allem den Roten Brigaden. Die Vorgehensweise zielte auf die Diskreditierung der in Italien traditionell starken Kommunistischen Partei (KPI) und wurde als Strategie der Spannung bekannt. Eine bis heute nicht vollständig aufgeklärte Rolle spielte dabei auch die Geheimloge Propaganda Due unter Licio Gelli. Der italienische Ministerpräsident Giulio Andreotti gab unter dem Druck der nachfolgenden parlamentarischen Untersuchung an, dass Gladio auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern existierte, was einen europaweiten politischen Skandal auslöste. Dies führte zu parlamentarischen Anfragen in mehreren Ländern. In Italien, Belgien und der Schweiz kam es zu Untersuchungskommissionen. Das Europaparlament drückte nach einer Debatte am 22. November 1990 seinen scharfen Protest gegenüber der NATO und den beteiligten Geheimdiensten aus“.

Es lohnt sich aber auch, einen Blick in diese Version vom März 2014 zu werfen, nachdem am 27. März 2014 der Autor „Kopilot“ den Artikel gekapert hatte und ein „Edit-War“ entbrannt war. Nachdem – wenig überraschend – der gut vernetzte „Kopilot“ diesen gewonnen hatte, wurde schon am 1. April 2014 war der Artikel stark gekürzt und „entschärft“. worden. Kopilot wollte offenbar nicht, dass die deutschen Leser allzu viel über Gladio, Verbindungen zu CIA und Nato, Staatsterrorismus und so weiter erfuhren. Anders als bei „Feliks“, der den Nahost-Konflikt im Sinne der Politik Israels bearbeitet, das Thema von „Kopilot“ das transatlantische Bündnis. Alles, was Nato oder USA in ein schlechtes Licht rücken könnte, entfernt er sofort. Er beherrscht eine Unzahl an Artikeln zu dem Thema, und wer versucht, dort objektive Informationen einzustellen, die der Nato-Propaganda und dem gewünschten Narrativ widersprechen, riskiert eine lebenslange Wiki-Sperre. In der Sendereihe „Neues aus Wikihausen“ (Folge 6) erzählt ein Autor, der zum Thema Gladio einen Edit-War mit Kopilot führte, detailliert, wie so etwas abläuft.

Die Macht der Geheimdienste

Aufgedeckt hat das in Deutschland Markus Fiedler, der nun zusammen mit Dirk Pohlmann die Wiki-Recherchen betreibt. Dachten Fiedler und Pohlmann zuerst noch an eine Art „Betriebsunfall“, kamen sie während ihrer Recherchen immer mehr zu dem Schluss, dass die Wikipedia planmäßig von westlichen Geheimdiensten als Instrument für Propaganda und Desinformation eingesetzt wird. Und inzwischen ist auch klar, dass es sich dabei nicht um ein rein deutsches Phänomen handelt. Wikipedia – muss man heute schlussfolgern – war nie als „demokratisches Online-Lexikon“ geplant, sondern von vorneherein als Propaganda-Instrument angelegt. Neben allen Belegen und Indizien, die Pohlmann und Fiedler für Geheimdienst-Verbindungen der Wikipedia und einiger der dort aktiven Autoren fanden, liegt die Annahme nahe, dass von vornherein Geheimdienste im Boot waren. In den USA kam die Journalistin Helen Buyniski („Propaganda in der Wikipedia, international betrachtet“ – Interview: Helen Buyniski | #32 wikihausen) zu den gleichen Ergebnissen wie Fiedler und Pohlmann. Helen Buyniskis Informationen deuten darauf hin, dass die Rolle Israels und seiner Geheimdienste bei Wikipedia noch viel größer ist, als man auch nur ahnen konnte. So wird zum Beispiel die israelische Wikimedia-Foundation, also das „juristische Dach“ der Wikipedia, von einem Mann geleitet, der vorher für eine Abgeordnete der Knesset gearbeitet hatte, die Mossad-Mitarbeiterin war. Und viele Dinge, die später in der weltweiten Wikipedia genutzt werden, wurden zuerst in Israel ausprobiert, zum Beispiel eine Zusammenarbeit von Wikipedia mit TV-Sendern.

Auch die Wikimedia-Foundation in Kalifornien hat Geheimdienst-Verbindungen, und es wird nicht einmal ernsthaft versucht, diese Verbindungen geheim zu halten. Der Wikipedia-Mitgründer Jimmy Wales sitzt zum Beispiel im Beirat von Newsguard und befindet sich in Gesellschaft von ehemaligen Geheimdienstlern, wobei jeder, der sich mit der Materie auskennt, weiß, dass es per Definition keine „ehemaligen“ Geheimdienstler gibt. Und in diesem Beirat sitzen nicht einfache Mitarbeiter von Geheimdiensten, sondern zum Beispiel General a. D. Michael Hayden, ehemaliger Direktor der CIA (!) und der NSA. Die Newsguard selbst bezeichnet sich auf ihrer Homepage als – kostenlos downloadbares – „Vertrauenstool fürs Netz“ das „Desinformation bekämpft, indem es von einem Team von Analysten Nachrichten-Webseiten anhand von neun Qualitätskriterien untersucht und beurteilt. Diese Bewertungen „zeigen Nutzern, welche Webseiten sich um seriösen Journalismus bemühen und welche nicht“.