Skandal-Inszenierung: Künstler gegen Kirche

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4. November 2025 - Arnulf Rainer (geboren 1929) hat zu seinem 60. Geburtstag mit einer Solo-Exhibition im New Yorker Guggenheim Museum international Aufsehen erregt. Danach war er Jahrzehnte lang „Nummer 1“ österreichischer Kunstrankings, seine Preise im internationalen Vergleich (z.B. Gerhard Richter) sind aber „mittelmäßig“ geblieben, sein „Weltranglistenplatz“ liegt derzeit bei 484 (Quelle artprice.com).

Rainer gg Kirche

Foto: https://www.katholisch.at/aktuelles/155810/kuenstler-arnulf-rainer-gegen-geplante-ausstellung-im-stephansdom

Vom Revoluzzer, der den Kunstakademien den Rücken kehrte (1947) bis zum Großen Österreichischen Staatspreis (1978) vergingen nur drei Jahrzehnte. Der Einbruch in Rainers Atelier (1995) mit Übermalungen seiner Übermalungen machte in Österreich Schlagzeilen, roch aber stark nach einer Eigen-Inszenierung. So auch der neueste Skandal:

Arnulf Rainer lies dem Dompfarrer Toni Faber ausrichten, dass er eine geplante Ausstellung seiner 77 Kreuze im Stephansdom als „Vereinnahmung durch die Katholische Kirche“ empfinde. „Er habe sein künstlerisches Schaffen niemals in einen sakralen Zusammenhang gebracht, so Rainers Anwalt Alexander Pflaum.“ (ORF.at 4.11.25)

Die Werke für die geplante Ausstellung stammen aus der Sammlung von Werner Trenker. Hätte sich ein Kurator um Werke aus dem Bestand des Künstlers bemüht, hätte dieser wohl eine andere Haltung eingenommen. So wie beim Ankauf seiner Kreuze für die Kapelle im Landhaus St. Pölten, gegen die keinerlei Einwände vorgebracht wurden. Von Rainer unwidersprochen, erklärte die Landeshauptfrau Mikl-Leitner auf eine Aufrage der Grünen: "Die Landhauskapelle ist dem Landespatron geweiht und wurde 1997 fertiggestellt, die christlichen Symbole wie das Kreuz wurden von Arnulf Rainer geschaffen". (DerStandard.at 22.1.21)

Siehe auch Anfrage und Beantwortung auf noe-landtag.gv.at

Über die theologische Frage, ob christliche Symbole von einem Künstler, dem das Christentum fern steht, noch christliche Symbole sind, oder vielleicht sogar antichristliche Persiflagen, wird in diesem Fall natürlich nicht diskutiert. Aus Sicht von Kunstexperten handelt es sich vermutlich um eine Scheinfrage, aus Sicht der Geschichte christlicher Kunst und ihrer Entwicklung im 20. und 21. Jahrhundert ist sie essenziell.

Es wird auch nicht darüber diskutiert, warum Anschaffungen für christliche Einrichtungen sich an der Prominenz eines Künstlers und nicht an der christlichen Ausrichtung von Künstlern orientieren. Ob es überhaupt noch christliche Kunst gibt, ob diese heute nur noch epigonal oder auch originär sein kann, das ist eine Frage, die angesichts einer Ausstellung im Stephansdom diskutiert werden sollte.

Offensichtlich haben die Würdenträger der Katholischen Kirche darauf vergessen, dass einige Jahrhunderte lang (von der Gotik bis zum Barock) in und durch Kathedralen Kunst zum Leben erweckt wurde und ihr Zweck darin lag, die Größe Gottes zu verherrlichen. Heute gibt es statt dessen eitle Selbstdarstellung von Dompfarrern in den Klatschspalten der Massenmedien, woke aber politisch korrekte Regenbogenpastorale, dümmliche Corona-Gläubigkeit (inklusive Totalversagen von Caritas und Gottvertrauen) und nicht zuletzt Selbstunterwerfung unter den Islam unter dem Mäntelchen der Toleranz, die sich schon längst als Einbahnstraße erwiesen hat.

Die oberflächliche Skandal-Inszenierung "Rainer gegen Faber" dient einzig und allein der Produktion von Schlagzeilen, die mit Sicherheit nicht dem Kunstdiskurs oder gar der geistigen Auseinandersetzung mit den substanziellen Problemen unserer Zeit dienen; mit hoher Wahrscheinlichkeit aber dem Kunstmarkt.

Vielleicht schafft es die PR-Agentur mit besonderer Nähe zum Himmel (SKY unlimited), die vorprogrammierte Verflachung des Scheinkonflikts in die Tiefen der wahren Konflikte hinabzuführen. Die Ankündigung der Ausstellung ist zumindest vielversprechend: „Die Zahl 'Sieben' – seit jeher Symbol für Vollendung, Glaube und geistige Ordnung – zieht sich als zentrales Motiv leitend durch die Präsentation im Stephansdom. Sie spiegelt sich nicht nur in der Anzahl der gezeigten 77 Werke wider, sondern auch im spirituellen und theologischen Anspruch dieser Präsentation: 'Das Kreuz – als Zeichen, das bleibt' – über Zeit und Raum hinaus. Gerade in Zeiten großer gesellschaftlicher und politischer Herausforderungen soll das Kreuz als Symbol an die Kernbotschaften des Christentums erinnern: an Liebe, Mitgefühl, Vergebung und den unerschütterlichen Glauben an das Gute. Das Kreuz ist als Symbol der bleibenden Werte des Christentums zu verstehen – seit Jahrhunderten spendet es Orientierung, Trost und Hoffnung und ist eine der wesentlichen Grundlagen der abendländischen Kultur.“ (APA / OTS 28.10.2025)

Frage am Rande: Welche kulturelle und religiöse Relevanz hat folgende Ankündigung: „Bundeskanzler Stocker und Dompfarrer Faber werden Schau mit 77 Kreuzarbeiten des international bekannten österreichischen Malers im Februar eröffnen.“ (katholisch.at 29.10.2025)

 


 

Du sollst dir ein Bild machen

so der Titel einer Ausstellung die angeblich „zeitgenössische Kunst und religiöses Erleben“ vermitteln soll. Die Ausstellung läuft noch bis 8.2.2026 im Künstlerhaus, Wien.

Kuratiert von Günther Oberhollenzer

Kuratorische Assistenz: Miriam King

KHaus Christen Persiflage

TEXT DER KURATOREN: Die Ausstellung DU SOLLST DIR EIN BILD MACHEN erzählt von der Imaginationskraft religiösen Erlebens, ihre visuelle Entsprechung in der christlichen Bildtradition und deren Interpretation durch Künstler*innen der Gegenwart. Im Zentrum stehen Werke, deren Schöpfer*innen sich mit kritischem aber auch liebevollem, mit humorvollem, aber auch feministischem Blick der christlichen Ikonographie annähern und neue Sichtweisen auf über Jahrhunderte tradierte Bildmotive ermöglichen. In Konzeption und Ausrichtung steht die Schau nicht für vordergründige Provokation oder lauten Protest, sondern mehr für einen differenzierten Blick, für eine Suche nach Gemeinsamkeiten und das Bestreben einen Dialog von zeitgenössischer Kunst und Religion zu fördern.

Religion wie Kunst gehören zu den Wesenszügen des Menschen und beschäftigen sich mit den grundlegenden Fragen des Menschen: der Frage nach dem Sinn, der Welt, unserem Sein. Die Religion macht das Unvertraute vertraut, die Kunst stellt der vertrauten Welt oft einen unvertrauten Bereich gegenüber. Kirche und Kunst verbindet auch das Irrationale, das Geheimnisvolle und besonders die Imagination und Vorstellungskraft, sich eine Welt mit eigenem Regelwerk und Gesetz zu erschaffen – eine Welt, die auch zurückstrahlt auf unser Leben, uns über unsere Existenz erzählt. Eine Vielfalt dieser Welten wird in DU SOLLST DIR EIN BILD MACHEN sichtbar gemacht.

Künstler*innen: Marina Abramović, Irene Andessner, Sumi Anjuman, Anouk Lamm Anouk, Siegfried Anzinger, Teodora Axente, Ursula Beiler, Renate Bertlmann, Guillaume Bruère, Victoria Coeln, Aron Demetz, Leslie De Melo, Christian Eisenberger, Manfred Erjautz, VALIE EXPORT, Paul Sebastian Feichter, Paolo Gallerani, Philipp Haslbauer mit Marco Schmid und Aljosa Smolic, Lois Hechenblaikner, Siggi Hofer, Martin Kippenberger, Julia Krahn, Evelyn Kreinecker, Lena Lapschina, Ina Loitzl, Sissa Micheli, Hermann Nitsch, Adrian Paci, Drago Persic, Margot Pilz, Arnulf Rainer, Johannes Rass, Bettina Rheims, Sylvie Riant, Thomas Riess, Deborah Sengl, Andres Serrano, Thomas Sterna, Esther Strauß, Billi Thanner, Timm Ulrichs, Markus Wilfling

PROTEST auf citizen.go mit der Forderung:

5778 Unterzeichner (Stand 12.12.2025) fordern: Kein Steuergeld für Christenfeindlichkeit und Blasphemie

Christenfeindliche Straftaten sind keine Ausnahmeerscheinung. Sie sind Alltag.

Und das nicht nur im Nahen Osten oder in Afrika, sondern auch hier, mitten in Europa. Christen werden bedroht, Kirchen beschmiert und von linken sowie migrantischen Extremisten für politische Statements missbraucht.

Statt die Adventszeit, in der sich Christen auf der ganzen Welt auf das Fest der Geburt des Heilands vorbereiten, zu nutzen, um auf diese Gewalt aufmerksam zu machen, zeigt das Künstlerhaus in Wien abstoßende blasphemische Exponate. Das alles ist Teil eines Kulturkampfes. Und finanziell wird dieser Kulturkampf von der Stadt Wien und der Republik Österreich unterstützt.

Eines der sogenannten Kunstwerke, das in der Ausstellung zu sehen ist, ist „Zuerst die Füße“ von Martin Kippenberger. Es zeigt einen gekreuzigten Frosch, bereits Papst Benedikt XVI. wies darauf hin, dass dieses Machwerk die religiösen Gefühle vieler verletze.

Andere Bilder zeigen Bibelszenen mit vertauschten Geschlechterrollen: Maria als Mann, Jesus als Frau, die Abendmahlszene mit einer Gruppe Frauen. Ein besonders abstoßendes Exponat entstellt in grotesker Weise die Pietà: Die trauernde Gottesmutter wird als Transfrau dargestellt, Jesus hält sich an ihrem erigierten Penis fest. Ein Werk zeigt einen Priester als Wolf mit gefletschten Zähnen. Die Botschaft ist klar: Christliche Geistliche sind Raubtiere, bösartige Kreaturen, die es auf Unschuldige abgesehen haben.

Hier wird mittels Kultur ein christenfeindliches Klima geschaffen.

Wenn sich ein Künstler entscheidet, trotz wachsender Christenfeindlichkeit Christen zu entmenschlichen und ihren Glauben wahlweise als lächerlich oder gefährlich darzustellen, ist das keine zufällige Entscheidung. Dahinter steckt Kalkül.

Diesen Künstlern geht es darum, das Christentum weiter an den Rand der Gesellschaft zu drängen.

Ein Blick auf das Rahmenprogramm zeigt, dass die Kuratoren das wissen und genau das wollen. Denn es gibt spezielle Führungen für Sehbehinderte, Schulklassen und Eltern mit Kleinkindern. Diese Ausstellung ist politisch; die Macher wollen die Gesellschaft in ihrer ganzen Breite indoktrinieren.

Während die Abgabenlast steigt und die Österreicher angesichts von Inflation und wirtschaftlicher Stagnation den Gürtel enger schnallen müssen, verschleudert die Politik Steuergelder für antichristliche und einfach nur abstoßende Kunst.

Das können und dürfen wir nicht einfach hinnehmen!

Christen dürfen nicht gezwungen werden, Blasphemie zu finanzieren.

Stadt und Republik dürfen nicht dabei mithelfen, Hass und Verachtung gegen Christen zu schüren.

Unterzeichnen Sie die Petition, fordern Sie Stadträtin Veronica Kaup-Hasler und Bundesminister Andreas Babler auf, die Förderung des Künstlerhauses sofort einzustellen!

HTH kommentiert: Das Problem sitzt tiefer! Die in Österreich dominante Katholische Kirche hat seit Jahrzehnten kein eigenes Statement zur zeitgenössischen Kunst mehr abgeben. Von 1945 bis Ende der 1970er Jahre wurden noch rund 250 Kirchen in Österreich neu errichtet, seither gibt es dazu keine Zahlen mehr. Die Kirche ist und bleibt damit beschäftigt, ihre Schätze zu bewahren und zu restaurieren. Statt Neuerungen in der christlichen Kunst zu fördern, haben sich Würdenträger der Kirche dem Zeitgeist angepasst. 

HTH verfasste dazu bereits 2008 folgenden Kommentar

 


 

Kirche und Kunst – Ein Desolationsprozess

1. Mai 2008: Christi Himmelfahrt am Tag der Arbeit. So drängt sich die Frage auf, warum die Obrigkeit der Kirche mit der Niedrigkeit der Kunst, die als Künstlerproletariat immer weitere Kreise zieht, keine Berührungspunkte mehr aufzuweisen hat. Tatsächlich ist die Beziehung zwischen Kirche und zeitgenössischer Kunst in einem derart desolaten Zustand, dass dafür ein eigener Begriff kreiert werde muss: kirchostrophal. Die Kirchostrophe ist die ins Metaphysische gesteigerte Form der Katastrophe. Die Kirchostrophe ist mit irdischen Instrumenten nicht messbar wie Naturkatastrophen und daher mit irdischen Mitteln auch nicht zu beheben. Gott selbst steht der Kirchostrophe machtlos gegenüber.

Symptomatisch für die Kirchostrophe ist die Verleihung von allerlei kirchlichen Kunstpreisen, wie zuletzt der Preis der Diözese Graz Seckau an Lotte Lyon. Lyons Kunst ist minimalistisch, ihre Meisterschaft besteht darin, Juroren aller Jurien zu vereinnahmen. So erhielt sie 2007 den Kunstförderungspreis der Stadt Graz, ein Staatsstipendium für künstlerische Fotografie und den Kunstpreis der Diözese Graz-Seckau, 2006 den Preis der Steiermärkischen Bank & Sparkassen AG, weiters Arbeitsstipendien in Paris (1997, 2002), New York (2003) und Rom (2005). Lyon hat offenbar alle erdenklichen Preise und Fördermittel abonniert, Ausstellungen hat sie noch wenige gemacht.

Im Internet findet sich eine Info über Loyns Ausstellung in der Neuen Galerie Graz, 2004. "Zentrales Objekt der Ausstellung waren zwei Plastikstühle, einer blau, der andere rot. Egon Kapellari schafft es in seinem Bischofswort zur Verleihung des Preises der Diözese am 3. Dezember 2007 die Künstlerin und ihr Werk mit keinem Wort zu erwähnen. Anstatt dessen stellt er der Jury „ein gutes Zeugnis“ aus und versichert, dass „unser diözesaner Kunstpreis auf diese Weise unzweifelhaft legitimiert“ sei. Auf welche Weise? Kapellari: „Ein diözesaner Kunstpreis wäre in der Tat eine bald als solche entlarvte Alibi-Institution, wenn es in einer solchen Diözese nicht viele Foren und viele Menschen gäbe, die Kunst und Religion ohne gegenseitige Vereinnahmung miteinander ins Gespräch bringen. Dies in der Überzeugung, dass beide auf die großen Fragen menschlicher Existenz bezogen sind und daher einander auch heute viel zu sagen haben.“ Und wo bitte findet dieses Gespräch statt? „An theologischen Fakultäten, in kirchlichen Bildungshäusern und Studentengemeinden, in vielen Klöstern und nicht wenigen Pfarren setzt man sich seit Jahren mit jeweils neuerer und neuester Kunst auseinander.“ Offenbar unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Hätte Kapellari die Verleihung nicht nutzen können um uns zu sagen, was die Kirche im 21. Jahrhundert von der Kunst erwartet? Und was hat die Kirche heute über die Kunst zu sagen, oder was hat sie der Kunst zu sagen? Wie hätte er die beiden Plastikstühle von Lotte Lyon interpretieren können? Der Papst sitzt zwischen den Stühlen, der Heilige Stuhl in seiner Polarität zwischen heißer Wirklichkeit (rot) und kalter Dogmatik (blau), oder, besonders originell: der Kampf zwischen Himmel (blau) und Hölle (rot). Damit hätte er wenigstens der Minimal Art aus ihrer Isolation geholfen, wenn auch durch Dekonstruktion der von der Minimal Art selbst definierten Regeln und Verbote. Doch wozu soll sich denn ein Bischof inhaltlich auseinander setzen?

Dass die Kirche heute für sich nicht mehr definiert, welche Kunst sie in ihren sakralen Räumen sehen will und welche Kunst sie dem entsprechen fordert und fördert, macht es auch unmöglich, einen Dialog mit der Kunst respektive den Künstlern zu führen. Über welche Position soll denn diskutiert werden, wenn sich niemand auf eine Position festlegt?

Die allgemeine Verwirrung darüber, was Kunst ist, was Kunst heute darf oder nicht darf, soll oder nicht soll, hat natürlich auch die Kirche in die völlige Desolation getrieben. Kein Bischof, ja nicht einmal der Papst, darf sich heute über einen Hohepriester der Kunst stellen, der da behauptet: "Im Falle der Kunst gibt es keine objektiv überprüfbaren Kriterien, mit deren Hilfe man die Qualität beurteilen könnte. Man kann nicht einmal objektiv sagen, ob ein bestimmter Gegenstand überhaupt Kunst ist oder nicht" (Dieter Ronte). Dass die Kirche heute nicht mehr definiert, welche Kunst sie in ihren sakralen Räumen sehen will und welche Kunst sie dem entsprechen fordert und fördert, macht es auch unmöglich, einen Dialog mit der Kunst respektive den Künstlern zu führen. Über welche Position soll denn diskutiert werden, wenn sich niemand auf eine Position festlegt?

Das „Kunst ist nicht definierbar“-Axiom führt nicht nur zur Kirchostrophe, sondern zur Desolation der Kunst insgesamt. Jedes Reden über etwas, das nicht mehr definiert werden kann, ist nicht einmal ein Reden über Nichts, sondern einfach nichts, leeres Gewäsch, freies, assoziatives Plätschern von Worten und Wortfolgen, ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit; verpflichtet lediglich der absoluten Beliebigkeit, die so zum dogmatischen A priori des gesamten Kunst-Diskurses wird.

Eines ist sicher: zwei „verblüffend simple Objekte“, deren „Benutzbarkeit, Inhaltslosigkeit, industrielle Herstellung“ (Zitat Neue Galerie) sind nur deshalb, weil sie in einer Galerie von einer Künstlerin ausgestellt wurden, noch keine Kunst. Zwei Plastiksessel sind – egal mit welcher Intention und in welchem Raum – grundsätzlich keine Kunst. Zwei Plastiksessel, das ist ein Plastiksessel zuviel oder vielleicht ein Plastiksessel zu wenig. Zwei Plastiksessel sind Kunst, sind ein Gottesdienst, sind eine Demonstration, sind die Schwulen-Ehe, sind Adam und Eva, sind Elisabeth und Maria Stuart, sind alles und nichts.

Nach diesem Schema der Beliebigkeit kann ich als Künstler heute alles zur Kunst erklären. Ich setze mich ins Auto und fahre nach Graz. Meine Fahrt nach Graz ist Kunst. Der Stau bei der Ausfahrt von Wien – Kunst. Die Zufahrt zur Südautobahn – Kunst. Die Schallschutzwände – Kunst. Die Umleitung auf die Gegenfahrbahn mit den vielen blinkenden Lichtern – Kunst. Die Baustelle am Wechsel – der Höhepunkt des Kunstgenusses: Diese unglaublich präzis geplante Choreographie im Zusammenspiel von Kran, Bagger und Bauarbeitern, und die Ästhetik, wie der Schotter vom Kipper auf die Trasse fließt.... Die Verkehrsberuhigungsanlage bei Gleisdorf - Kunst. Die Einfahrt nach Graz – Kunst.

Dass alle kirchlichen Preise in den vergangen Jahren und Jahrzehnten ausschließlich an nicht-christliche Künstler verliehen wurden, kann nicht als Zeichen eines liberalen, offenen Dialogs der Kirche mit der Kunst gewertet werden, sondern nur als Zeichen der Orientierungslosigkeit der Kirche, die mittlerweile in die Kirchostrophe gemündet ist. [Update 12.12.2025: Für Kandidaten des Otto-Mauer-Preises scheint es geradezu Voraussetzung zu sein, dass sie absolut nichts mit christlicher Kunst am Hut haben!] Das ist so, als würde die Kirche bekennende Atheisten zu Theologen promovieren und zu Priestern weihen. Eine Utopie? Wahrscheinlich schon Realität.

Hauptsache es sind Männer, die die kirchliche Hierarchie aufrecht erhalten, da reicht es wohl, dass sie ihr Interesse an der Theologie bekundet haben und wenigstens an irgendwas glauben, sei es an Gott, oder sei es an Nichtgott. Viel schlimmer wäre da schon, wenn verheiratete Männer, geschweige denn fromme Frauen den Gottesdienst ausführen würden. Das wäre der sichere Untergang des Kirchensystems, wie es heute besteht. Da sind der Kirche die Priester-Päderasten schon lieber, die mit dem Zölibat nicht anders fertig werden als ihre Sexualität bei Jungschar und Firmlingen auszutoben. Haben wir doch Jahrhunderte bei den Exzessen der Päpste und Bischöfe weggeschaut, wollen wir heute beim kleinen Priesterfußvolk nicht so streng sein.

Jahrhunderte hat die Kirche bei all ihren Verfehlungen doch auch nach Höherem gestrebt und dieses Streben künstlerisch untermauert. Heute strebt die Kirche nur noch danach, den Schein zu wahren, doch der Schein trügt, aber das weiß heute jedes Kind bereits bei der Erstkommunion.

UM:Druck, Juni 2008, weiters erschienen in: Die Bunte Zeitung, Oktober/November 2008

Tags: Kirche, Katholische Kirche, Kunst und Malerei, Kirche und Kunst, Dompfarrer