KHM würdigt Macho Baselitz

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Gewidmet der Künstlerin Romana Hostnig, geboren am 8.3.1952

8. März 2023 - Ausgerechnet am internationalen Frauentag erreicht ethos.at folgender Newsletter aus dem Kunsthistorischen Museum KHM: "Anlässlich seines 85. Geburtstags hat das Kunsthistorische Museum den deutsch-österreichischen Künstler Georg Baselitz zu einem Ausstellungsprojekt eingeladen, in dem der Künstler in ein visuelles Gespräch mit Cranach, Altdorfer, Parmigianino, Correggio, Tizian und Rubens sowie den Manieristen am Hof Kaiser Rudolfs II. tritt."

Baselitz Saal 9 KHM

Banausen-Frage am Rande: Warum hängt das Zumpferl bei Baslitz' Adam nicht nach unten, obwohl dieser am Kopf steht? (c KHM)

Fortsetzung KHM: "Baselitz selbst traf die Auswahl der Werke: 75 Arbeiten aus dem eigenen Schaffen, 40 aus unserer Gemäldegalerie – wobei er sich vollkommen auf den Akt, auf die nackte Figur konzentriert hat. Nicht die mythologischen und biblischen Geschichten der Altmeister-Gemälde interessieren Baselitz, sondern der menschliche Elementarzustand. In der Begegnung der Werke von Georg Baselitz mit historischen Bildern idealschöner Figuren der Gemäldegalerie ergeben sich spannende Einsichten in die Geschichte der Aktmalerei sowie in die Aktualität von Malerei selbst."

Die Ausstellung läuft bis 25. Juni. Man darf davon ausgehen, dass anschließend zu den Salzburger Festspielen vor der Galerie Ropac die potenziellen Käufer Schlange stehen werden, um die museal aufgewerteten Gemälde zu erwerben. Aber das ist eine andere Geschichte.

Baselitz wurde vom Salzburger Landesfürsten die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen, nachdem er in Deutschland Steuern hinterzogen hat, im "besonderen Interesse der Republik Österreich". Worin dieses Interesse genau besteht, konnte die PR-Abteilung des Landeshauptmanns nicht wirklich erklären: Wilfried Haslauer zeigte sich überzeugt, "dass sich Professor Baselitz als Persönlichkeit von internationalem Format und als neuer österreichischer Staatsbürger sehr fördernd in Land und Gesellschaft einbringen wird". Das ist Teil der österreichischen Realverfassung, in der es hochkarätige Künstler gibt, die am Hungertuch nagen, und solche, die sich alles leisten können, sogar eine Staatsbürgerschaft - nicht weil sie sich diese kaufen, sondern diese "verliehen" bekommen, weil sie so "wichtig" sind. Ob wichtig oder unwichtig entscheidet ein Landesfürst eigenmächtig! Aber das ist ein anderes Thema.

Zum Tag der Frauen möchte ethos.at an einen Kommentar erinnern, der auf kunstsammler.at am 28.1.2013 erschienen ist: "Ein Künstler steht Kopff".


Ein Künstler steht Kopf

28.1.2013 - Ein gewisser Hans-Georg Kern wird 75 und die Medien stürzen sich auf ihn. So auch "Der Spiegel" (Ausgabe 4 / 21.1.13), der gleich einleitend keine Zweifel offen lässt, dass es der Leser mit "einem der bedeutendsten Maler der Welt" zu tun hat. Das Interview nutzt der Künstler gleich mal dazu, um über die Medien, die ihn angeblich zu wenig beachten, herzufallen.

Aber zum Scharfrichter wird der hinter Gerhard Richter zweitteureste Künstler der Bundesrepublik, wenns um die Ankaufspolitik der staatlichen Museen geht. Da stellt ein Betroffener die wirklich substanziellen Fragen: "Trotz der ganzen Steuern ist dann angeblich kein Geld da in diesem Land für die Kunst. Da fragt sich natürlich ein Künstler: Ja was macht ihr denn mit meinen hundert Millionen, die ich jedes Jahr zahle? Wo sind die geblieben? Und er bekommt nicht einmal eine Antwort."

Ja, diese Frage stellt sich tatsächlich jeder Künstler irgendwann in seinem Leben! Nicht nur Kern, der es mit dem Künstlernamen Georg Baselitz zu einer gewissen Berühmtheit gebracht hat. Trotz Ignoranz der Medien. Trotz seiner Präsenz in 30 deutschen Museen. Trotz Teilnahme bei den documentas 5, 6 und 7. "Geld auszugeben für die Kunst war in diesem Land immer verpönt, selbst als die Bilder von mir und anderen am Anfang fast nichts kosteten", singt Baselitz sein Klagelied, doch er konzediert: "Es gibt einen Kunstmarkt, und der funktioniert tatsächlich phantastisch, gerade für deutsche Künstler." ABER: "Aber alles findet in Amerika und in London statt, dort gibt es eine Reihe betuchter, engagierter Leute. Welche Motive die haben, Kunst zu kaufen, ist eine andere Frage, aber sie tun es." Spricht da der verkannte Prophet im eigenen Lande?

Der alte Herr hat noch mehr zu bieten:

"Spiegel: … Der Kunstmarkt ignoriert heute das künstlerische Erbe der DDR weitgehend... Späte Gerechtigkeit?

Baselitz: Der Markt hat recht, wie immer.

Spiegel: Immer? Der Markt lässt nur wenige Frauen gelten. Unter den teuersten Künstlern finden sich kaum welche.

Baselitz: O Gott! Frau bestehen nun mal die Prüfung nicht.

Spiegel: Welche?

Baselitz: Die Marktprüfung, die Wertprüfung.

Spiegel: Was soll das sein?

Baselitz: Frauen malen nicht so gut. Das ist ein Fakt. …

Spiegel: Frauen malen also angeblich nicht so gut.

Baselitz: Nicht angeblich."

Darf sich ein weltberühmter Künstler alles erlauben? Soll man solche Aussagen einer möglichen Alterssenilität zuschreiben um sie zu entschuldigen? Sind solche Aussagen überhaupt entschuldbar?

Hier beleidigt ein offenbar in seiner Wahrnehmung getrübter Mensch nicht nur die Hälfte der Kunstwelt, sondern beweist auch, dass er aufgrund seiner eigenen wirtschaftlichen Entwicklung den Bezug zum allgemeinen wirtschaftspolitischen Umfeld verloren hat. Wer heute noch meint, der Markt habe immer recht und Frauen seien weniger begabt, der hat das Zeug zum Kanzlerkandidaten! Zumindest das Peer-Steinbrück-Personenkomitee könnte er erhobenen Hauptes anführen.

NACHSATZ 2. Januar 2016 - Zwei Jahre hat es gedauert, bis "die Kunstwelt" die Absonderungen des Herrn Baselitz als unappetitlich zu den Akten gelegt hat. In einem Interview mit The Guardian wiederholt er seine Anschauungen und artnet reiht ihn dafür unter die "Loser" des Jahres 2015.

REAKTIONEN:

Christine Frei: .. natürlich Sexismus und unerträglicher Machismo, den jene, die ihn kaufen und verehren, insgeheim ganz sicher unterschreiben würden...

Karlheinz Schmid (Chefredakteur Kunstzeitung): Besten Dank, für Ihre Zeilen in Sachen Baselitz. Selbstverständlich habe auch ich dieses Interview gelesen und mich gewundert, wie ein derartiges Statement nebenbei in den "Spiegel" fließen kann, für den ich einst selbst schrieb. Gerade angesichts der aktuellen Debatte sollte da mehr Sensibilität seitens der Redaktion zu erwarten sein. Das sehe ich letztlich wie Sie, und im kommenden Informationsdienst KUNST werden wir dazu ein paar Zeilen veröffentlichen.

Eva Meloun, Malerin: Diese Aussagen erinnern nicht nur an die in NS- Zeiten transportierte Meinung "der Platz der Frau sollte wohl eher hinter der Staffelei, als vor der Staffelei zu finden sein", sondern, ich nehme mit Sicherheit an, dass Herr Baselitz zu viel " Weininger", also Geschlecht und Charakter" gelesen hat. Ich zitiere: " ...ist sein ( des Weibes) Dasein ein Zufall und eine Lächrlichkeit? " Weininger unterscheidet zwischen" jüdischer, weil " weibischer" und männlicher Kunst".... usf. Zudem halte ich es auch für wahrscheinlich, dass das "Surrealistische Manifest" mit den kernigen Aussagen " ...Die Verachtung des Weibes..... die Verherrlichung der Gewalt...." ! ! ! dauerhafte Schäden in der Wahrnehmung des Herrn Baselitz angerichtet hat. Wenn es aber nicht diese grotesken Einflüsse waren, die zu dieser Wortmeldung führten, ja dann muss man sich auch nicht weiter über solche Aussagen ärgern, dann vergeben wir Herrn Baselitz großzügig, denn es kann eben nur jeder nach seinen persönlichen Möglichkeiten Dinge richtig wahrnehmen und einordnen.

Dr. Isabella Ackerl (Galerie Alpha): Wie wahr!! Gegen „Größen“ traut sich keiner was zu sagen. Diese Feststellung würde ein wenig an der eingebildeten Macht des Herrn Brüderle kratzen. Abgesehen davon: der Kunstbereich ist kleiner, überschaubarer, bisweilen finanzintenisver und daher eine direktere Markt- bzw. Machtausübung.

Susanna Wouk: Ihr vorliegendes Statement gefällt mir außerordentlich! Wäre es von mir würde ich es auf facebook, das ich sonst nicht besonders schätze, posten...

Manfred Flener: sie haben völlig recht und diese ihre unterstützung ist sehr angebracht! Super!

Eva Eder: Vielen Dank für Ihre Gedanken bezüglich Sexsismus Georg Baselitz. Ich lebe/ arbeite seit 30 Jahren mit dem Sexismus auch hinsichtlich meiner Arbeit als Künstlerin. Vor Monaten hat Dr. Freilacher von ART BRUT-GUGGING ebenfalls ernsthaft behauptet, dass im Haus der Künstlerer deshalb keine Künstlerinen sind, WEIL Frauen einfach nicht so gut wie die männlichen Klienten sind. Mein empörter Anruf im Radio wurde abgedreht.

Zoran Lerch: Danke für den Hinweis auf diesen Ausbruch der Steinzeit in unserer Mitte! Es ist schlicht erschreckend, dass solch abstruse Gedanken noch unser Zeitalter erreichen! Als Mann kann ich nur bedauern, das Baselitz vom selben Geschlecht ist, und um Verständnis der Damen bitten, dass wir Männer offenbar noch nicht alle das Mittelalter im Geiste verlassen haben.

Johanna K. Penz (Direktorin Art Innsbruck): Baselitz' Behauptung wider das Können der Frau ist schlicht eine bornierte Frechheit! Die Geschichte und die Kunstwelt beweisen das Gegenteil. Wobei es einen Beweis ja gar nicht braucht!

Beatryx Chabeso Pirchner: Weihrauch trübt den Blick. Und Selbstbeweihräucherung macht offensichtlich blind.

Ely Magos (Globalartlife): wenn ein großer schon jammert .. was sollen alle andere sagen.. und seine frauenaussagen kotzen mich an..

Lea Schweinegger: ja, unqualifizierte Aussagen über "Frauen" & Kunst und eigentlich eher merkwürdig, und das sagt ein so anerkannter Künstler??? Da lobe ich Neo Rauch, ich war beim Pressegespräch im Essl Museum dabei, der gab ganz andere Töne von sich.

Ingrid J. Poljak: Frauen schaffen es deshalb weniger oft in die höheren Regionen der Kunst, weil sie noch immer zu oft Männer bedienen bzw. als "Muse" herhalten müssen.

Monika Sylvester-Resch: Wenn jemand behauptet Frauen seien die schlechteren Maler dann sollte man in Anbetracht der historischen Entwicklung nicht übersehen, dass Frauen immer wieder die schlechteren Karten hatten und in ihrer Kreativität behindert wurden. Somit ist die Aussage "Frauen seien die schlechteren Maler" nicht nur falsch sondern auch ignorant und frauenfeindlich und hat in unserer heutigen Zeit nichts verloren.

Petra Heitkötter Lieber Hubert, danke für den Artikel!!! Mich hat Herr Baselitz noch nie beeindruckt!