PARLAMENTSKORRESPONDENZ NR. 817 VOM 07.07.2023
Nationalrat: Vielfältige Bürgeranliegen in Erster Lesung behandelt
Wien (PK 7. Juli 2023) – Sieben Volksbegehren standen zum Abschluss der Plenarwoche auf der Tagesordnung des Nationalrats. Diese decken ein breites Themenspektrum ab, von der Beibehaltung der Sommerzeit über die abermalige Forderung, die GIS-Gebühren abzuschaffen, bis zur Sicherstellung einer unabhängigen Justiz. Weitere Bürgeranliegen zielten auf ein Lieferkettengesetz, den Erhalt der Bargeldzahlung ohne Obergrenze und den Ausbau der direkten Demokratie ab. Nachdem die Abgeordneten die Volksbegehren ein erstes Mal debattierten, wurden sie zur weiteren parlamentarische Behandlung den jeweiligen Ausschüssen zugewiesen
Noch nicht im Parlament eingelangt sind die jüngsten sechs Volksbegehren, die in der letzten Eintragungswoche die 100.000 Unterschriften erreichten. Darunter finden sich etwa die Volksbegehren "Lebensmittelrettung statt Lebensmittelverschwendung" mit 203.831 Unterstützer:innen, "Asylstraftäter sofort abschieben" (197.151) und das "anti-gendern-Volksbegehren" (154.102).
Am Ende des Sitzungstages fasste der Nationalrat mehrheitlich - ohne die Stimmen der SPÖ - den Beschluss, den Bundespräsidenten zu ersuchen, die Tagung 2022/2023 mit Ablauf des 10. Juli 2023 für beendet zu erklären. Über den Sommer weitertagen kann jedoch der Ausschuss für Arbeit und Soziales. Gleichlautende Anträge von ÖVP, Grünen und NEOS auf der einen und der FPÖ auf der anderen Seite wurden einstimmig angenommen.
Keine Mehrheit fanden hingegen Anträge der SPÖ, auch den Bautenausschuss, den Finanzausschuss und den Wirtschaftsausschuss hinsichtlich gewisser Anträge permanent zu erklären. Das gleiche gilt für einen Antrag der FPÖ, der darauf abzielte, dass auch der Innenausschuss seine Arbeit während der tagungsfreien Zeit fortsetzt.
Darüber hinaus setzte der Nationalrat dem Budgetausschuss zur Vorberatung eines erst heute eingebrachten ÖVP-Grünen-Antrags zum COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz eine Frist bis zum 10. Juli. Damit ist sichergestellt, dass die Gesetzesnovelle auf die Tagesordnung der nächsten Nationalratssitzung kommt. Sie soll es der COFAG ermöglichen, Ergänzungsgutachten zur automationsgestützten Risikoanalyse einzuholen, nachdem den Koalitionsparteien zufolge bei einer erheblichen Anzahl von Fällen Zweifel am Ergebnis der Analyse besteht.
Nach der Plenarsitzung trat der Hauptausschuss des Nationalrats heute zusammen, um über die Mitglieder des Verwaltungsrats der Europäischen Investitionsbank (EIB) abzustimmen. Karin Rysavy und Christian Reininger sollen Österreich in der EIB vertreten.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka nutzte die letzte Sitzung vor Tagungsende dazu, um sich bei den Abgeordneten und den Mitarbeiter:innen des Parlaments zu bedanken. Das Tagungsjahr sei sowohl für den Nationalrat als auch für den Bundesrat ein besonderes gewesen, betonte er und verwies auf die Rückübersiedlung von der Hofburg ins historische Parlamentsgebäude. Durch die Öffnung des Hauses habe sich vieles geändert. Sobotka zufolge haben inzwischen bereits 250.000 Besucher:innen das Parlament besucht.
Volksbegehren "ECHTE Demokratie"
Insgesamt 131.619 Österreicher:innen bzw. 2,07 % der Wahlberechtigten haben das Volksbegehren "ECHTE Demokratie" unterzeichnet, das – inklusive Begründung – 25 Seiten umfasst und ein ganzes Bündel an Forderungen enthält. So werden etwa neben einem "absoluten Diktaturverbot" und einem "fairen Wahlrecht" ohne Prozenthürden die verpflichtende Abhaltung von Volksabstimmungen über erfolgreiche Volksbegehren und die Untersagung von Koalitionen im Parlament samt empfindlicher Strafen ("Kartellverbot") verlangt. Auch die Beendigung der Schuldenpolitik Österreichs, eine Rückkehr zum Schilling, die Abschaffung der Briefwahl, die Verkürzung der Legislaturperiode auf zwei Jahre, eine Begrenzung der Amtszeit von Nationalratsabgeordneten und eine zehnjährige "Abkühlphase" vor einem Wechsel von der Abgeordneten- auf die Regierungsbank gehören zum umfangreichen Forderungskatalog. Entscheidungen durch das Volk würden zwar viel länger dauern, dafür seien Volksentscheidungen "deutlich besser als Politikerentscheidungen", sind die Initiator:innen rund um Robert Marschall überzeugt.
Von Seiten der Abgeordneten setzten sich Georg Bürstmayr (Grüne) und Michael Bernhard (NEOS) kritisch mit dem Volksbegehren auseinander. Er könne den Initiator:innen des Volksbegehrens "keine Blumen streuen", auch wenn er vor allen Menschen Respekt habe, die Volksbegehren unterschreiben, sagte Bürstmayr. Was der Initiator Robert Marschall unter Demokratie verstehe, sei allerdings "doch deutlich etwas anderes", als der Vater der österreichischen Verfassung Hans Kelsen intendiert habe "oder wir im Parlament darunter verstehen". Herrn Marschall gehe es darum, "dass einige tausend Demonstrierende auf der Straße ihren Willen haben" und alles andere sei für den Initiator nicht demokratisch. Bürstmayr stieß sich außerdem an diversen Formulierungen in der Begründung des Volksbegehrens, etwa dass Österreich eine Diktatur auf Zeit wäre oder dass es manipulative Wahlen in Österreich gäbe.
Dem Initiator Robert Marschall gehe es nicht um "echte Demokratie", sondern darum, seine Wunschvorstellungen umzusetzen und "eine parlamentarische Demokratie im Herzen Europas zu destabilisieren", glaubt auch NEOS-Abgeordneter Bernhard. So kann er sich etwa nicht vorstellen, die Legislaturperiode auf zwei Jahre zu verkürzen oder zum Schilling zurückzukehren. Ein Verbot von Koalitionen würde ihm zufolge außerdem stabile Mehrheiten im Parlament, die zur Durchsetzung von Reformen nötig seien, verunmöglichen. Auch lege das Volksbegehren einen Austritt aus der EU nahe. Es seien aber auch konstruktive Vorschläge aus dem Volksbegehren herauslesbar, sagte Bernhard und nannte als Beispiel etwa die Forderung, bestehende Prozenthürden zu überdenken.
Seitens der SPÖ betonte Selma Yildirim, dass sich ihre Fraktion zur repräsentativen Demokratie, ergänzt um Elemente der direkten Demokratie, bekenne. Worin man dem Volksbegehren aber zustimmen müsse, sei, "dass irgendwo Sand im Getriebe ist", meinte sie. Viele Menschen spürten, dass etwas nicht passe. Das zeige sich auch daran, dass Österreich zuletzt in internationalen Demokratie-Rankings abgerutscht sei. Yildirim warf den Regierungsparteien außerdem vor, die Opposition in der Gesetzgebung zu missachten.
Irene Neumann-Hartberger (ÖVP) machte geltend, dass sich seit der Beendigung der vom Nationalrat eingesetzten Enquete-Kommission "Demokratie" einiges getan habe. Ihre Partei sei auch weiterhin an der Weiterentwicklung der Gesellschaft und des politischen Systems interessiert. Maßnahmen, die dazu dienen, die Bürger:innen stärker in den politischen Prozess einzubinden, seien durchaus zu begrüßen, betonte sie. Nach der Ersten Lesung wurde das Volksbegehren dem Verfassungsausschuss zugewiesen.
Volksbegehren "Beibehaltung Sommerzeit"
Die von 120.115 Wahlberechtigten unterstützte Forderung nach Festlegung der Sommerzeit als "Normalzeit" während des gesamten Kalenderjahres wird mit nachteiligen Auswirkungen der regelmäßigen Zeitumstellungen auf den Biorhythmus von Mensch und Tier begründet. Zudem führe der Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit zu einem hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand, ohne dass der ursprüngliche Zweck der Zeitumstellung, die Energieersparnis, erfüllt werde, geben die Unterzeichner:innen des Volksbegehrens zu bedenken.
Eine rasche Erfüllung des Anliegens zeichnet sich allerdings nicht ab. Zwar sprach sich ein Großteil der Redner:innen dafür aus, die derzeitige Zeitumstellung abzuschaffen, einen Alleingang Österreichs können sich die Fraktionen aber nicht vorstellen. Es sei wichtig, dass es eine einheitliche Regelung in Mitteleuropa gebe, hielt etwa ÖVP-Abgeordneter Franz Hörl fest. Ansonsten drohten Komplikationen und Verwerfungen. Auch Elisabeth Feichtinger (SPÖ) und Walter Rauch (FPÖ) sprachen sich gegen einen "Zeitzonen-Fleckerlteppich" in Europa aus, wiewohl sie persönlich eine einheitliche Sommerzeit begrüßen würden. Die beiden Abgeordneten appellierten in diesem Sinn an die Regierung, sich auf EU-Ebene für eine einheitliche Vorgangsweise einzusetzen.
NEOS-Abgeordnete Julia Seidl erinnerte daran, dass man auf EU-Ebene nicht beschlossen habe, die Sommerzeit beizubehalten, sondern lediglich, die Zeitumstellung abzuschaffen. Sie selber könne nicht sagen, ob die Beibehaltung der Sommerzeit oder der Winterzeit besser wäre, beides habe Vor- und Nachteile. Wie in ihrer Familie gebe es dazu auf EU-Ebene unterschiedliche Meinungen. So hätten Kinder bei der Beibehaltung der Sommerzeit im Winter sehr lange einen Schulweg in Dunkelheit. Auch Martin Litschauer (Grüne) gab zu bedenken, dass die einen eine Beibehaltung der Winterzeit und die anderen eine Beibehaltung der Sommerzeit wollten. Seiner Meinung nach wäre es sinnvoll, eine Entscheidung zu treffen und dann eventuell Arbeits- und Schulbeginn-Zeiten anzupassen. Mit dem Volksbegehren wird sich nun der Wirtschaftsausschuss befassen.
Volksbegehren "GIS-Gebühren NEIN"
Das Volksbegehren " GIS-Gebühren NEIN " ist bereits das dritte, das eine Abschaffung der ORF-Gebühren fordert. Es erhielt 167.406 Unterschriften (2,64 % der Wahlberechtigten) und zielt konkret auf die Beseitigung sämtlicher allgemeiner Gebühren und Abgaben zur Finanzierung des ORF ab.
Es sei immer populär Gebühren oder Abgaben abschaffen zu wollen, erklärte Martina Diesner-Wais (ÖVP). Doch in Zeiten vermehrter Desinformation müsse es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben, für den mit der Neuregelung des ORF-Gesetzes eine "solidarische Basis" geschaffen worden sei. Die beschlossene Haushaltsabgabe sei fair, transparent, günstiger als die GIS und durch die Möglichkeit zur Befreiung auch sozial ausgewogen.
Diese soziale Ausgewogenheit sah Sabine Schatz (SPÖ) nicht. Auch sie bekannte sich zu einem "starken" öffentlich-rechtlichen Rundfunk, forderte bei der Haushaltsabgabe jedoch Nachschärfungen in Richtung einer sozialen Staffelung.
Eva Blimlinger (Grüne) vermutete, dass Volksbegehren für den Bevollmächtigten ein Geschäftsmodell darstellten, da dieser bereits ähnliche Anliegen eingebracht habe. Ein solche "Funktionalisierung" der Unterzeichner:innen fand sie demokratiepolitisch bedenklich.
NEOS-Abgeordnete Henrike Brandstötter wartete mit einer Aufzählung von "medienpolitischen Sündenfällen" der Grünen auf. Für sie zählten dazu Postenabsprachen im ORF in Form von side letters, ein aus ihrer Sicht überhöhtes Budget für "Regierungspropaganda" insbesondere im Klimaministerium, der "Niedergang" der Wiener Zeitung sowie das "verpfuschte" ORF-Gesetz. Das Volksbegehren wird im Verfassungsausschuss weiterbehandelt.
Volksbegehren "Lieferkettengesetz"
Für die Sicherstellung einer lückenlosen Dokumentation von Lieferketten sowie die Einhaltung umfassender Rechtsstandards bei Warenproduktion und -transport setzen sich 120.397 Wahlberechtigte mit ihrer Unterschrift des Volksbegehrens " Lieferkettengesetz " ein. Gefordert wird ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen und Konzerne dazu verpflichtet, bei ihren Waren sämtliche Produktionsprozesse und Transportwege offenzulegen. Importierte Produkte sollen dabei laut Proponent:innen den gleichen hohen Rechtsstandards hinsichtlich der Menschenrechte sowie des Arbeits-, Tier- und Umweltschutzes entsprechen wie in Österreich hergestellte Waren. Verletzungen dieser Sorgfaltspflichten seien mit wirksamen Sanktionen zu ahnden.
Maria Theresia Niss (ÖVP) unterstützte die Wahrung der Menschenrechte sowie hoher sozialer und ökologischer Standards in der Produktion, wandte sich jedoch gegen eine pauschale Verurteilung der österreichischen Unternehmer:innen. Diese nähmen ihre Sorgfaltspflichten großteils "vorbildhaft" wahr. Zudem seien einige Forderungen des Volksbegehrens "realitätsfern". Sowohl Niss, als auch Elisabeth Götze (Grüne) und Henrike Brandstötter (NEOS) pochten auf umsetzbare Regelungen, die vor allem die Möglichkeiten kleiner Unternehmen berücksichtigten und plädierten für Lösungen auf europäischer Ebene. Julia Elisabeth Herr (SPÖ) warf ein, dass Österreich diese europäische Lösung jedoch nicht blockieren dürfe. Nationalratspräsident Sobotka wies das Volksbegehren dem Wirtschaftsausschuss zu.
Volksbegehren "Unabhängige Justiz sichern"
Für die Sicherstellung einer unabhängigen Justiz in Österreich machen sich in einem diesbezüglichen Volksbegehren 143.217 Wahlberechtigte stark. Zur Gewährleistung politisch unbeeinflusster Strafverfahren wird gefordert, die 2008 abgeschafften Untersuchungsrichter:innen wieder einzusetzen, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in die Verfassung aufzunehmen sowie eine von Kontinuität gekennzeichneten Bundes- bzw. Generalstaatsanwaltschaft einzusetzen. Deren personelle Unabhängigkeit sei schon im Bestellungsverfahren maßgeblich. Die Generalstaatsanwaltschaft habe dem Parlament gegenüber verantwortlich zu sein, allerdings nur im Hinblick auf Auskünfte über bereits abgeschlossene Verfahren. Dadurch soll bereits dem Anschein politischer Einflussnahme auf laufende Ermittlungen entgegengewirkt werden, so die Erklärung der Forderung.
Das Volksbegehren zeige, dass es in der Justiz "Einiges abzuarbeiten" gebe, meinte Corinna Scharzenberger (ÖVP). Es sei Teil des Regierungsprogramms, die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft zu fördern, doch stehe sie im Gegensatz zum Volksbegehren eher für eine Ausdehnung der parlamentarischen Kontrolle und nicht für deren Einschränkung. Auch hinsichtlich der WKStA sah sie "Optimierungsbedarf", was etwa das Management von Großverfahren oder die Beschuldigtenrechte betreffe.
Selma Yildirim (SPÖ) hinterfragte generell den Bestellmodus von Staatsanwält:innen, der ihrer Ansicht nach über Personalsenate und nicht über "den verlängerten Arm der politischen Führung" erfolgen sollte. Die WKStA müsse mit ausreichend Ressourcen ausgestattet werden, um unabhängig und effizient handeln zu können.
Für Agnes Sirkka Prammer von den Grünen widersprachen sich die Forderungen des Volksbegehrens. Sie fragte, warum die WKStA in die Verfassung aufgenommen werden müsse, wenn sie mit Wiedereinführung der Untersuchungsrichter:innen ohnehin nur mehr ein Anklageorgan und keine Ermittlungsbehörde mehr darstelle.
Angesichts einer großteils funktionierenden Staatsanwaltschaft sei es problematisch das "Rad der Zeit" wieder vor 2008 zurückdrehen zu wollen, meinte Johannes Margreiter (NEOS). Er wies auf den Widerspruch zwischen der geforderten Stärkung der Beschuldigtenrechte und den Anregungen der DSN-Spitze anlässlich der verhinderten Attentats auf die Pride-Parade hin. Das Volksbegehren wurde dem Justizausschuss zugewiesen.
Volksbegehren "Nehammer muss weg"
Mit 106.440 Unterschriften knapp die 100.000er-Hürde übersprungen hat das Volksbegehren " Nehammer muss weg ", das wie das Volksbegehren "ECHTE Demokratie" von Robert Marschall initiiert wurde. Unter Verweis etwa auf den Terroranschlag in Wien, das Vorgehen der Polizei "gegen das friedliche Volk bei Kundgebungen" während der Corona-Pandemie, die Einführung der Impfpflicht und die ihrer Meinung nach verfehlte Russland-Politik der Regierung konstatieren die Proponent:innen, dass Bundeskanzler Karl Nehammer das Vertrauen der Wähler:innen und das Vertrauen in die Demokratie grob missbraucht habe. Nehammer sei zudem nie vom Volk zum Bundeskanzler gewählt worden und habe mit seinem Wechsel vom Nationalrat in die Regierung "einen Bruch der Gewaltentrennung" begangen, heißt es im Volksbegehren. Konkret gefordert wird, Artikel 41 der Bundesverfassung dahingehend zu ändern, dass alle Beschlüsse des Nationalrats und damit auch Misstrauensbeschlüsse gegen Bundeskanzler Karl Nehammer per Volksbegehren begehrt werden können.
Ein gegen eine Person gerichtetes Volksbegehren hielt Nikolaus Berlakovich (ÖVP) generell für problematisch. Es fuße auf einer "politischen Parole" und führe das demokratische Instrument ad absurdum. Für SPÖ-Mandatarin Muna Duzdar war das Volksbegehren, dessen Stoßrichtung sie nicht teile, Ausdruck eines Bedürfnisses nach demokratischer Teilhabe. Es demonstriere "Frustration", die sich unter anderem aus fehlenden Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Teuerung speise. Korruptionsvorwürfe hätten stark am Ruf der österreichischen Demokratie "genagt" und die Pandemie habe ihre "Spuren hinterlassen", erklärte Olga Voglauer (Grüne) den Hintergrund des Volksbegehrens. Nun gelte es, einander zuzuhören und sich nicht aufgrund divergierender Meinungen spalten zu lassen. Weiterbehandelt wird das Volksbegehren im Verfassungsausschuss.
Volksbegehren "Bargeld-Zahlung: Obergrenze NEIN!"
Das Volksbegehren " Bargeld-Zahlung: Obergrenze NEIN! " setzt sich schließlich generell gegen eine Beschränkung oder Abschaffung von Bargeld sowie konkret gegen eine Beschränkung von Bargeldzahlungen auf 10.000 bis 15.000 € ein. Aus Sicht des Bevollmächtigten Werner Bolek bedeutet Bargeld Freiheit und darf weder beschränkt noch abgeschafft werden. Die Intentionen der EU und mehrerer Parteien in Österreich, Bargeld-Zahlungen zu beschränken, empfinden die Proponent:innen als unzulässigen Eingriff in die demokratischen Rechte und lehnen sie daher strikt ab. 121.350 Unterzeichner:innen fordern daher den Beschluss eines Bundesverfassungsgesetzes zur dauerhaften Absicherung von uneingeschränkten Bargeldzahlungen.
"Bargeld bedeutet Freiheit" zeigte sich Angela Baumgartner (ÖVP) mit dem Proponent:innen des Volksbegehrens einig. Sie sah diese Freiheit jedoch weder auf nationalstaatlicher noch auf EU-Ebene gefährdet. Es werde ganz im Gegenteil eher über die Annahmepflicht von Bargeld diskutiert. Beschränkungen würden lediglich auf die Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung abzielen, so Baumgartner.
Die Bargeldzahlung werde weniger aufgrund politischer Beschlüsse eingeschränkt, sondern eher "schleichend" wegen dem Fehlen von Bankomaten – besonders in ländlichen Regionen – oder durch die Weigerung von Geschäften, Bargeld anzunehmen, warf Kai Jan Krainer (SPÖ) ein. Diesen Entwicklungen müsse Einhalt geboten werden. Beschränkungen zur Kriminalitätsbekämpfung erachtete er als sinnvoll.
FPÖ-Abgeordneter Walter Rauch wies zudem auf die Tendenz hin, dass etwa bei Bargeldbehebungen zunehmend mit Gebühren "gedroht" werde. Er äußerte auch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes bei Kartenzahlungen. Karin Doppelbauer (NEOS) wehrte sich dagegen, Menschen die gerne bar bezahlen in ein "kriminelles Eck" zu stellen und wandte sich auch gegen eine Obergrenze. Mit diesem Volksbegehren wird sich der Finanzausschuss weiterbefassen.
Mitglieder für Verwaltungsrat der EIB vom Hauptausschuss nominiert
Im Hauptausschuss stimmten die Abgeordneten einstimmig für den Vorschlag des Bundeskanzlers, Karin Rysavy als ordentliches Mitglied und mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS mehrheitlich Christian Reininger als stellvertretendes Mitglied für den Verwaltungsrat der Europäischen Investitionsbank zu nominieren. Rysavy hat bereits in der vorangegangenen Funktionsperiode seit 2017 Österreich im Verwaltungsrat der EIB vertreten, Reininger war seit 2020 stellvertretendes Mitglied. Die Volkswirt:innen sind im Finanzministerium tätig. (Schluss Nationalrat) gs/keg/wit