Koglers Misthaufen-Gas-Konzept

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Update 22. Februar 2024 - Ziemlich genau ein Jahr hat es von der Begutachtung bis zum "Beschluss im Ministerrat" gedauert. Es gehört zum systemischen Missbrauch des Parlaments durch unsere Regierung, dass sie nun davon ausgeht, das Parlament wird durchwinken wird, nein, muss durchwinken, was die Herrschaften und Frauschaften unserer Regierung vorab beschlossen haben. Aus Sicht einer grünen Herrin ein "historischer Moment". (Aus Sicht eines Demokraten ein weiteres Beispiel für die systematische Unterwanderung der Gewaltenteilung, siehe BVG).

Kogler Kuh twitter 2023 02 15

Leonore Gewessler @lgewessler am 21.2.24 via twitter: "Historische Momente wie diesen muss man einfach mit einem Selfie festhalten: Soeben haben wir im Ministerrat das #ErneuerbaresGasGesetz beschlossen. Es ist ein zentraler Schritt zur #Energiewende. Oder anders gesagt: Aus jedem #Misthaufen wird ein #Kraftwerk. (1/3)

Die Ziele, die das #EGG setzt, sind ehrgeizig: Mindestens 7,5 TWh grünes Gas pro Jahr - das übertrifft das Ziel des Regierungsprogramms um die Hälfte. Und bis 2040 soll der Gasbedarf zur Gänze aus grünen Gasen gedeckt werden- ein großer Schritt in Richtung #Energieautarkie. (2/3)

Das Gesetz braucht nun im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit. Ich appelliere an alle Parteien, für unsere Unabhängigkeit und für den #Klimaschutz zu stimmen. Denn mit heimischem #Biogas wird die Abhängigkeit von Russland verringert & das Klima geschützt. #EGG (3/3)"

15. Februar 2023 - "Heute geht das Erneuerbare-Gase-Gesetz in die Begutachtung. Bis 2030 sollen mindestens 7,5 Terawattstunden an Biogas produziert werden. Die Idee ist einfach: Aus Holzresten, Mist oder Biomüll wird grünes Gas produziert. Wie @lgewessler sagt: Jeder Misthaufen wird zum Kraftwerk", zwitschert Vizekanzler Werner Kogler.

"Funktionieren tut in Güssing nichts mehr – der damals weltweit ersten Biomasse-Versuchsanlage ging das Geld aus. Der Bund strich die Forschungsprämien und Fördermittel. Die Strom und Gaspreise waren damals im Keller. Ebenso das öffentliche Interesse an alternativen Energiequellen. Reinhard Koch musste seine Forschungsanlage in Konkurs schicken. Über Jahre wurde sehr erfolgreich hier eine neue Art der Holzvergasung getestet – mit Strom-, Biogas und Treibstoff-Erzeugung. Das Know-how aus Güssing ist weltweit gefragt. Nur in Österreich stieß es auf wenig Interesse", berichtet ORF.at am 29.4.22, als aufgrund des Ukraine-Russland-Konflikts die Frage der Erdgasversorgung wieder aktuell wurde. Ein später Nachruf auf ein ehemaliges Vorzeige-Projekt, das bereits seit 2013 insolvent ist (siehe Kurier.at am 22.7.133)

 

 

Ein bodenständiger Rinderbauer (Name der Redaktion bekannt), der offenbar ein besseres Gedächtnis hat als der grüne Vizekanzler, hat zum jüngsten Energie-Vorstoß nur einen Kommentar: "Der Kogler soll scheißen geh'n!"

Siehe auch Beiträge zur Wirtschaftsethik:

Wie (un)moralisch ist Biodiesel? (Artikel in "Die Bunte Zeitung", Juni/Juli 2009)

Wie bio ist Biosprit? (Artikel in der Unternehmerzeitung a3eco 8/2015)


Gesetzesentwurf auf parlament.gv.at / Regierungsvorlage: Bundes(verfassungs)gesetz

"Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über den Ausbau von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – EAG) erlassen wird sowie das Ökostromgesetz 2012, das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das Energielenkungsgesetz 2012, das Energie-Control-Gesetz, das Bundesgesetz zur Festlegung einheitlicher Standards beim Infrastrukturaufbau für alternative Kraftstoffe, das Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz, das Starkstromwegegesetz 1968 und das Bundesgesetz über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, geändert werden (Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket – EAG-Paket)

Inhaltsverzeichnis

Artikel 1: Bundesgesetz über den Ausbau von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – EAG)

Artikel 2: Änderung des Ökostromgesetzes 2012

Artikel 3: Änderung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010

Artikel 4: Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes 2011

Artikel 5: Änderung des Energielenkungsgesetzes 2012

Artikel 6: Änderung des Energie-Control-Gesetzes

Artikel 7: Änderung des Bundesgesetzes zur Festlegung einheitlicher Standards beim Infrastrukturaufbau für alternative Kraftstoffe

Artikel 8: Änderung des Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetzes

Artikel 9: Änderung des Starkstromwegegesetzes 1968

Artikel 10: Änderung des Bundesgesetzes über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken"

ethos.at kommentiert: Das Konvolut ist so umfangreich, dass es kein einziger Abgeordneter durcharbeiten kann, nicht einmal die paar Juristen im Nationalrat. Hauptzweck gemäß § 3. (1) dient dieses Gesetz der Umsetzung von EU-Richtlinien. Mit § 4 werden die Ziele festgesetzt: "Als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens 2015 und des Ziels der Europäischen Union, den Bruttoendenergieverbrauch der Union bis 2030 zu einem Anteil von mindestens 32% durch erneuerbare Energie zu decken, sowie im Bestreben, die Klimaneutralität Österreichs bis 2040 zur erreichen, ist es das Ziel dieses Bundesgesetzes,

1. die Erzeugung von Strom und Gas aus erneuerbaren Quellen gemäß den Grundsätzen des Unionsrechts zu fördern;

2. die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen anteils- und mengenmäßig entsprechend den in Abs. 2 und 4 angegebenen Zielwerten zu erhöhen;

3. die energieeffiziente, ressourcenschonende, marktkonforme und wettbewerbsfähige Erzeugung von Strom und Gas aus erneuerbaren Quellen sicherzustellen und die Mittel zur Förderung von Strom und Gas aus erneuerbaren Quellen effizient einzusetzen;

4. die Marktintegration und die Systemverantwortung von erneuerbaren Energien zu steigern;

5. die Investitionssicherheit für bestehende und zukünftige Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen zu gewährleisten;

6. die Investitionssicherheit für bestehende und zukünftige Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarem Gas zu gewährleisten;

7. den Anteil von national produziertem erneuerbarem Gas am österreichischen Gasabsatz bis 2030 auf 5 TWh zu erhöhen;

8. den Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern mit lokalen Behörden, kleinen und mittleren Unternehmen zu Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften zu ermöglichen und die gemeinsame Nutzung der in der Gemeinschaft produzierten Energie zu fördern;

9. die Errichtung und Modernisierung der erforderlichen Infrastruktur durch integrierte Planung zu unterstützen;

10. die Anwendung von erneuerbarem Wasserstoff als Schlüsselelement zur Sektorkopplung und –integration zu forcieren."

Abgesehen von Punkt 7 sind die übrigen Punkte schwammig oder nichtssagend wie Punkt 9. Aber immerhin ein Gesetz mit einer Zieldefinition und sogar mit Begriffsklärung. Im § 5 folgen 44 Begriffsbestimmungen von  A wie "Abwärme und -kälte" bis Z wie "Zuschlagswert". Dass dieses Konvolut wieder einmal Verfassungsrecht tangiert, bzw. eine Verfassungsbestimmung neu geschaffen wird, die bisherige Bestimmungen außer Kraft setzt, sollte grundsätzlich zu denken geben. So lautet "1. Teil, Allgemeine Bestimmungen, Kompetenzgrundlage und Vollziehung, § 1. (Verfassungsbestimmung) Die Erlassung, Änderung, Aufhebung und Vollziehung von Vorschriften, wie sie in diesem Bundesgesetz enthalten sind, sind auch in den Belangen Bundessache, hinsichtlich deren das B‑VG etwas anderes bestimmt. Die in diesen Vorschriften geregelten Angelegenheiten können unmittelbar von den in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Einrichtungen versehen werden."

Die Kompetenzartikel (laut Walter/Mayer gibt es vier Haupttypen der Zuständigkeiten von Bund oder Ländern für Gesetzgebung und/oder Vollziehung), die im B-VG fast dutzende Seiten von Artikel 10 bis 15 umfassen, wird damit noch ein bisschen verworrener und undurchsichtiger. In Relation zu dem Kompetenz-Dickicht, das wir bereits haben, ein kleiner Strauch. Aber ein gutes Beispiel dafür, dass Kompetenzen, von denen manche Herrschaften unserer Politik der Meinung waren, man müsse sie dezentralisieren, mit einem Federstrich annuliert werden können. Ein Beispiel dafür, wie notwendig es wäre, unter das Kompetenz-Wirrwarr einen Strich zu ziehen im Rahmen einer grundlegenden Erneuerung unserer Verfassung (siehe Baustelle Parlament).


 

Planspiele der Energieagentur

Pressemitteilung der Energie Agentur

Wien, 27. April 2022 – „Rund 80 Prozent des nach Österreich importierten Gases stammen aus Russland. Diese über Jahrzehnte gewachsene Abhängigkeit kann weder unmittelbar noch kurzfristig geändert werden. Bis 2027 ist es durch eine nationale und internationale Kraftanstrengung möglich, die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu beenden“, betont Franz Angerer, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur. Damit bringt er eine der Kernaussagen der Analyse „Strategische Handlungsoptionen für eine österreichische Gasversorgung ohne Importe aus Russland“, die die Österreichische Energieagentur im Auftrag des Klimaministeriums durchgeführt hat, auf den Punkt.

ethos.at kommentiert: so geht Planwirtschaft auch wenn sich die "Austrian Energy Agency" mit ihrem amerikanisierten Namen als neoliberal tarnen will. Die Klimaministerin bestellt eine Studie und schon kriegen wir den Plan. Wie einfach die Entkoppelung vom russischen Erdgas geht, beweist die Grafik. Was das kosten wird und wie das gehen soll, steht nicht im Plan. Alternativen - beispielsweise intensive Verhandlungen mit dem größten Rohstofflieferanten für eine europäische Sicherheitsarchitektur - interessieren offenbar auch niemanden in der auf NATO-Kurs fahrenden Bundesregierung.

EA Erdgas Ru Importreduktion

Fortsetzung EA-Pressemitteilung:

Die Analyse skizziert die großen Handlungsfelder: „Die Handlungsoptionen für den Ersatz der Erdgasimporte aus Russland können sehr einfach in drei Punkten zusammengefasst werden. Erstens: Einsparen. Zweitens: Selbst produzieren - die heimische Erzeugung aufrecht erhalten und vor allem grünes Gas im Inland produzieren. Drittens: Diversifizieren der Lieferländer - Ausweitung der Importe aus zB Norwegen sowie von verflüssigtem Erdgas (LNG)“, so Angerer.

Zur Reduktion der Gasimporte aus Russland ist eine Kombination von verbrauchs- und aufbringungsseitigen Maßnahmen notwendig. Um den Importbedarf auf niedrigeres Niveau zu bringen, ist einerseits die Aufbringung von erneuerbaren Gasen im Inland zu forcieren (plus 14 TWh). Anderseits muss insgesamt eine Reduktion des Gasverbrauchs (minus 29 TWh) durch die Umsetzung von zusätzlichen Energieeffizienzmaßnahmen und die beschleunigte Substitution des Einsatzes von Erdgas in verschiedenen Sektoren erreicht werden. Damit verringern sich sowohl der Gasverbrauch (60 TWh statt 89 TWh, minus 33% gegenüber dem Status-Quo) als auch der Importbedarf an Gas (36 TWh statt 79 TWh, minus 54% gegenüber dem Status-Quo) in signifikantem Ausmaß. Die Eigenproduktion von Erdgas ist auf einem Niveau zu halten, das jenem der letzten Jahre entspricht (10 TWh). Zudem ist der Import aus anderen Regionen als Russland (Norwegen und andere Länder Europas) in einem Ausmaß von 16 TWh beizubehalten. Durch das EU-Ziel der Einstellung von Importen aus Russland bis 2027 ergibt sich darüber hinaus ein zusätzlicher Diversifizierungsbedarf in der Höhe von 20 TWh, was 2030 in einem gesamten Importbedarf im Ausmaß von 36 TWh resultiert. Optionen sind alternative Importrouten sowohl für Pipeline-Gas als auch verflüssigtes Erdgas (LNG).

„Kurzfristig muss die Gasversorgung diversifiziert werden. Es gilt alles zu unternehmen, um die heimische Erzeugung aufrecht zu erhalten und den Bezug aus europäischen Ländern, aber auch von LNG aus Übersee, auszuweiten“, betont Angerer. Die zusätzliche Diversifizierung der Erdgasimporte aus anderen Lieferländern nimmt bei der Reduktion der Importe aus Russland bis Ende 2027 eine wichtige Rolle ein.Der Bedarf an diesen Importen beläuft sich auf bis zu 34 TWh jährlich. Im Zeitraum zwischen 2027 und 2030 wird dieser aufgrund des Hochlaufs der inländischen erneuerbaren Alternativen sowie der Reduktion des Gasbedarfs wieder kleiner und geht bis 2030 auf 20 TWh zurück. Angerer ergänzt:„Der Ausbau der heimischen Grüngaserzeugung, sei es nun Biomethan oder grüner Wasserstoff, braucht Zeit. Es wird mehrere Jahre dauern, bis nennenswerte Mengen aus diesen Quellen zur Verfügung stehen.“

Die Nutzung von Erdgas ist grundsätzlich keine nachhaltige und dauerhafte Lösung. Aktuell beschäftigen uns die unsichere Versorgungslage und die enormen Preise von Erdgas. Wir dürfen aber auch nicht auf die Klimakrise vergessen. Alle drei Gründe zeigen uns, dass wir in Österreich gemeinsam alles daransetzen müssen, das Ziel der Klimaneutralität so rasch wie möglich zu erreichen“, schließt Angerer.