26. März 2023 - Noch bis 25. Juni 2023 läuft die Retrospektive von Kiki Kogelnik unter dem Titel "Now ist the Time", die natürlich nicht ohne Superlativ auskommt: "Das Bank Austria Kunstforum Wien zeigt die bis dato größte Einzelpräsentation dieser herausragenden Künstlerin".
Teil der Ausstellung ist das großformatige Gemälde "Heavy Clouds Over the Cuba Crisis" aus dem Jahr 1963. Der Titel findet sich am oberen Rand des Bildes wie die Schlagzeile auf der Titelseite eines Politmagazins, darunter der Schwarze Himmel mit einem roten Kreis teilweise weiß-gelb-weiß umrandet (könnte eine Sonnenfinsternis darstellen) und davor dominant ein Hakenkreuz, das eine Fläche überragt, aufgeteilt in Planquadrate, darunter fünf Kreise, grau umrandet (vielleicht die Kontinente) und darunter Umrisse eines Panzerkreuzers beladen mit Raketen, monochrom in Ultramarin.
Das Bild kann nur als Kritik an den USA verstanden werden, die sich völkerrechtswidrig in die inneren Angelegenheiten Kubas eingemischt haben. Das dominante Hakenkreuz im Zentrum des Bildes kann nur als Symbol des US-Imperialismus interpretiert werden. Hätte Kogelnik den Sowjet-Imperialismus anprangern wollen, so hätte sie wohl Sichel und Hammer als markante Symbole in das Zentrum dieses Bildes gestellt.
Allenfalls könnte man unterstellen, die Künstlerin wollte damit den "Linksfaschismus" kritisieren - was allerdings sehr weit hergeholt wäre. Denn erst 1967 brachte Jürgen Habermas diesen Begriff in den politischen Diskurs Deutschlands, um die Gewaltbereitschaft linker Splittergruppen zu kritisieren. Dass Kogelnik diesen Begriff im Kopf hatte, als sie ihr Bild 1963 malte, darf bezweifelt werden. Mit Sicherheit wird aber heute schon jedes Schulkind wissen, dass ein Hakenkreuz auf einem politisch aufgeladenen Bild KEIN "Symbol eines Sonnenkreuzes" ist. So aber sieht das die Kuratorin Lisa Ortner-Kreil:
"Es handelt sich bei diesem Symbol um ein Sonnenkreuz. Kiki Kogelnik übt damit in Verbindung mit ihren Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg Kritik an der damaligen Situation rund um die Kuba Krise."
60 Jahre nachdem Kiki Kogelnik eines ihrer wenigen Bilder mit einer klaren, politischen Aussage gemalt hat, ist es der Political Correctness geschuldet, ein Hakenkreuz nicht in direkte Verbindung mit dem Imperialismus der USA zu bringen, mehr noch: gezielt davon abzulenken. So wird die offensichtliche Aussage dieses Bildes durch Ablenkung verschleiert ("Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg") und die Bedeutung des Hakenkreuzes gleichzeitig verfälscht ("Sonnenkreuz"). Der innere Widerspruch ist der Autorin offenbar nicht aufgefallen, denn sie war wohl voll konzentriert auf die Aufgabe, mit einer möglichst schwammigen Formulierung abzuschließen: "Kritik an der damaligen Situation rund um die Kuba Krise", als ob sich die Kritik nicht klar und deutlich gegen den Militarismus beider Seiten richten würde.
"Bombe in Love" 1963 - diese Skulptur steht direkt vor dem Kuba-Bild. Ohne jeglichen Kommentar - das beste, was diesem Werk passieren konnte.
Siehe auch: Geschichte(n) Österreichs