10. Mai 2022 - Unsere Demokratie wird systematisch demoliert. Aus Dummheit unserer regierenden Herrschaften oder mit Absicht - beides ist unerträglich!
Gutscheine statt Steuerausgleich
Huschpfusch-Gesetzgebung ist in Österreich zum festen Bestandteil der Verfilzung von Legislative und Exekutive geworden. So darf man sich nicht wundern, dass das Energiekostenausgleichsgesetz, mit dem man jedem Haushalt unter 11.000 Euro Monatseinkommen (jene, die darüber liegen können freiwillig darauf verzichten) ein läppisches 150 Euro Geschenk als Inflationsausgleich gemacht hat, schon von der Konstruktion her zu einem Fiasko führen musste.
(c) Foto: BKA, Collage: Hubert Thurnhofer
Am 29. April hat Finanzminister Magnus Brunner hinausposaunt: "Um die gestiegenen Energiekosten bestmöglich abzufedern und der Bevölkerung rasch und unbürokratisch unter die Arme zu greifen, investiert die Bundesregierung mittlerweile 4 Milliarden Euro. Bereits im Jänner wurde ein erstes Anti-Teuerungspaket präsentiert. Ein Teil dieses Pakets, neben dem Teuerungsausgleich für vulnerable Gruppen und der Senkung des Ökostrombeitrags und der Ökostrompauschale, ist der 150-Euro-Energiekostenausgleich. Der Energiekostenausgleich wird in Form eines Gutscheines verschickt und bei der nächsten Jahres- oder Schlussabrechnung vom Energieliefertanten abgezogen. Das dafür notwendige Gesetz wurde im März 2022 beschlossen. Nun beginnt der Versand der Energiekostengutscheine an rund 4 Millionen österreichische Haushalte."
"Unbürokratisch unter die Arme greifen" - als Philosoph stellt sich die Frage, ob das ein sittenwidriger Annäherungsversuch ist, oder bloß die primitivste aller Lügen, eine Maßnahme, deren Umsetzung mindestens 30 Millionen Euro kostet, als "unbürokratisch" zu bezeichnen.
politik-live.at fasst zusammen: "Erst auf die nächste Jahresabrechnung kann man den Gutschein einlösen. 40 Prozent der Haushalte rechnen frühestens ab Jänner ab – und bleiben somit nun fast ein Jahr auf ihren Kosten sitzen. ... Alleine für die Abwicklung des Gutscheins hat das Finanzministerium fast 30 Millionen Euro budgetiert. Die Stromanbieter bekommen zusätzlich zu 1,5 Millionen Euro für die technische Umsetzung auch noch 7,5 Millionen Euro Aufwandsentschädigung – sofern alle Gutscheine eingelöst werden. ... die Webseite, wo bisher nur fast 30.000 Gutscheine online eingelöst wurden, kostete 350.000 Euro. Auch dort hatte man bereits mit technischen Problemen und zu komplizierten Dateneingaben zu kämpfen."
Offenbar ist der Gesetzgeber der Meinung, er müsse die Staatsbürger mit Marketing-Gags wie einem "Gutschein" bei Laune halten. Warum wird nicht einfach beim nächsten Steuerausgleich (der - ein echtes Wunder! - vollautomatisch und elektronisch bereits seit einigen Jahren funktioniert) der entsprechende Betrag gutgeschrieben??
Ergänzung 17. Juli 2022: In einem Interview mit der KRONE sagt die Energie-Ministerin Leonore Gewessler auf die Frage, warum kein Preisdeckel auf Strom eingeführt wird: "Der europäische Strommarkt braucht einheitliche Regelungen. Ein Alleingang führt nur dazu, dass wir in Österreich den billigen Strom für Konzerne aus dem Ausland bezahlen. National gibt es smartere Lösungen. Ich halte den Vorschlag vom Wifo für sehr gut. Nämlich den Haushalten einen Teil der Kosten für den Stromverbrauch in Form einer Gutschrift zu subventionieren. Für den Rest zahlt man den höheren Marktpreis und wird so motiviert, Strom zu sparen. Wer also Energie verschwendet, wird dafür nicht belohnt, aber die Hilfe kommt bei den Haushalten an. Ich habe die Expertinnen und Experten im Klimaschutzministerium beauftragt, die Details zu erarbeiten."
Das Huschpfusch-Gesetz war also ein Vorschlag des Wifo!? Sind die Gutscheine die Gutschrift, oder kommt da wieder was Neues, nach den Gutscheinen eine Gutschrift?
Impflotterie
Angesichts der vielen Nebenwirkungen war "die Impfung" von Anfang an eine Lotterie. Aber das ist ein anderes Thema. Ein Gesetz mit dem Titel "Impflotterie" einzubringen - das ist eines der Beispiele, warum Österreichs Kabarettisten seit einigen Jahren arbeitslos sind. "Auf Basis eines Entschließungsantrags von ÖVP, Grünen und SPÖ wurde auch ein sogenanntes Anreiz- und Belohnungspaket beschlossen, das u.a. eine Impflotterie und Zuschüsse für Gemeinden bis zu 375 Mio. € enthält", berichtet die Parlamentskorrespondenz am 20.1.22 nach Beschluss des Impfpflichtgesetzes.
Drei Wochen später, am13. Februar berichtet "Die Presse": "Nehammer rückt von Impfpflicht ab, Impflotterie abgesagt", dabei redet sich der Kanzler auf "die Sozialdemokratie" aus: "Sie wollte diesen persönlichen Motivationsbonus, und sie wollte, dass der ORF das abwickelt." Der ORF, der seit Ausbruch der Corona-Herrschaft durch konsequente Hofberichterstattung aufgefallen ist, wollte diesen Unsinn nicht exektuieren. Indessen verkündet der Kanzler, dass das Impfpflichtgesetz ständig evaluiert werde.
Zur Erinnerung: das Wesen einer Demokratie besteht in der Gewalten-Trennung. Das Parlament ist für die Gesetzgebung zuständig (Legislative), die Regierungen auf Landes- und Bundesebene für den Vollzug der Gesetze (Exekutive). Und daneben sollte es auf allen Ebenen unabhängige Gerichte geben (Judikatur).
Lassen wir mal links liegen, dass die Obersten Richter unseres Landes ausschließlich nach Gutdünken der herrschenden Parteien ernannt werden. Schauen wir nur auf die Verflechtung, genauer gesagt Verfilzung von Legislative und Exekutive, so zeigt sich folgendes Bild von Österreichs Demokratie 2022: Der Kanzler erklärt der Öffentlichkeit am Sonntag (16.1.), welches Gesetz die Regierung beschlossen hat und das Parlament winkt das Gesetz am Donnerstag (20.1.) durch. Im Bundesrat leisten immerhin 12 von 59 Abgeordneten Widerstand, aber der Bundespräsident segnet das Gesetz erwartungsgemäß widerspruchslos ab. Bekanntlich hat es bis 9. März gedauert, bis die Regierung die Impfpflicht "ausgesetzt" hat. Die Regierung, nicht das Parlament.
Die Regierung beschließt, die Regierung setzt aus, und der Rest vom Schützenfest - alle Mitglieder der Legislative - wurden zu reinen Statisten degradiert. Es ist nicht nur eine ästhetische Frage, ob man das noch als "Demokratie" bezeichnen kann, diese Form von Politik (die nicht neu ist, aber seit Ausbruch der Corona-Willkürherrschaft exzessiv praktiziert wird) ist offensichtlich verfassungswidrig. Diese Form der Politik muss ein Ende haben. Unser Kandidat 2022 als garantiert unabhängiger Bundespräsident verspricht, die Gewaltenteilung wieder herstellen!
Manfred Matzka: Kommentar in Der Standard am 7.4.2020
Der langjährige Spitzenbeamte im Kanzleramt, Manfred Matzka, hat bereits am 7. April 2020 in Der Standard die massiven Mängel der Corona-Gesetzgebung aufgezeigt. Beginnend mit dem Ermächtigungsgesetz: "Die Regierung wird ermächtigt, während der Dauer der durch Covid-19 hervorgerufenen außerordentlichen Verhältnisse durch Verordnung die notwendigen Verfügungen zur Förderung und Wiederaufrichtung der gesundheitlichen Versorgung, zur Abwehr wirtschaftlicher Schädigungen und zur Versorgung der Bevölkerung mit Gesundheitsleistungen und Bedarfsgegenständen zu treffen. In den zu erlassenden Verordnungen können Geldstrafen … festgesetzt werden."
Matzka: "Das kommt uns doch bekannt vor? Das ist doch die Basis der derzeitigen Maßnahmen der Bundesregierung? Mitnichten. Das ist der Text des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes von 1917, nur das Wort Krieg wurde durch Covid-19 und wirtschaftlich durch gesundheitlich ersetzt. Jener Gesetzestext also, mit dem 1933 der Rechtsstaat ausgehebelt, die Demokratie zerschlagen wurde und der Austrofaschismus die Macht ergriff.
Auffällige Parallele Die auffällige Parallele sollte zu denken geben. Es schien auch 1917 klar und von der Bevölkerung mitgetragen, dass eine schwierige Situation außerordentliche Maßnahmen erforderte. Es war plausibel, dass die Regierung rasch aktionsfähig sein musste und man keine überlangen Diskussionen im Parlament brauchen konnte. Man war beruhigt, weil die Verordnungen zeitlich befristet und nur auf ein konkretes Sachgebiet beschränkt waren. Ermächtigungsgesetze haben aber ein gefährliches Potenzial, das unter bestimmten Bedingungen so exponentiell ansteigen kann wie eine Infektion. Man muss also sehr genau auf erste, kleinste Anzeichen der Kurve achten – und die sind nicht beruhigend."
Weiters übt Matzka Kritik an der Praxis, über "aberwitzige Sammelgesetze" und Erlässe (nicht einmal Verordnungen) das Land zu regieren: "Der nächste Akt waren zahllose 'Erlässe' vor allem des Gesundheitsministers. Alleine das Wort ist ein schwerer Angriff auf den Rechtsstaat, denn ein Minister hat mit anfechtbaren korrekten Verordnungen zu arbeiten, die eindeutig auf ein Gesetz gestützt sind, und nicht mit nebulosen Anordnungen – eigentlich nur Weisungen an die Beamten –, die man beliebig und willkürlich von heute auf morgen schreiben, korrigieren, auslegen und bei Kritik auch wieder verräumen kann. Der schöne Artikel 18 der Bundesverfassung sei da ins Stammbuch geschrieben: 'Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.'
Es folgte das 1. Covid-Maßnahmengesetz mit einer völlig undeterminierten Blanko-Ermächtigung an den Minister, Betretungsverbote zu erlassen, wo und wie immer er es für erforderlich hält. Es wurden dabei keine objektiv nachprüfbaren Parameter genannt, wann die Erforderlichkeit gegeben und wie sie objektiv zu begründen ist. Es handelt sich hier aber immerhin um einen Grundrechtseingriff".