27. November 2024 - Die Stadt Wien verfolgt all jene, die „illegaler“ Weise einen Fuß auf ihre U-Bahn-Durchgänge setzen, von hintrum – genauer gesagt über die in Hamburg angesiedelte „Full-Service-Inkasso“-Agentur „intrum“. So flatterte dem Autor dieser Zeilen heute eine „Inkassomahnung“ mit der „Forderung“ über einen Betrag von 265,22 Euro ins Haus. Das waren noch Zeiten, würde Tante Jolesch sagen, als man von Beamten der Stadt Wien gemahnt wurde und das Recht auf Einspruch hatte! Update 5.2.2025: intrum hat die Forderung Anfang November auf 291,86 Euro erhöht. Es wohl der Postversand aus Deutschland, der 25 Euro pro Mahnung ausmacht. Letzte Intrum-Forderung vom 2.1.2025: 399,18 Euro. Danach haben die Geldeintreiber aufgegeben. Am 5.2.205 erhielt ich den gerichtlichen "Zahlungsbefehl" von schlanken 334,29 Euro.
Eine Erklärung der Herkunft dieser „Forderung“ muss mit einer Richtigstellung beginnen: nicht die „Stadt Wien“, sondern ihre 100-Prozent-Tochter, Mitarbeiter der Wiener Linien GmbH haben mich am Sonntag der Nationalratswahl (29.9.2024) zum Erwerb eines Fahrscheins genötigt. Die Eintreibung der nicht beglichene Rechnung passiert nun hintrum.
De jure also eine Angelegenheit zwischen zwei Geschäftspartnern, de facto aber eine Amtshandlung – nur deshalb ist diese an sich nebensächliche Geschichte relevant für einen Moralphilosophen, der sich schon lange mit dem Unterschied zwischen Legalitätsprinzip und Moralitätsprinzip beschäftigt.
Um mit meinen Parteigenossinnen der LMP, Madeleine, Monika und Nora, den erwarteten Triumph zu feiern, bin ich schon früh am Vormittag über den Semmering gefahren; mit dem Auto ganz ungrün, aber mit einem Werbebanner „Liste Madeleinne Petrovic“ am Heck. Im 18. Bezirk hat mich meine Freundin zum Mittagessen eingeladen. Danach wollten wir – vor der Jubelfeier – noch die Albertina im 1. Bezirk besuchen. In der Nähe von Karlskirche und Wienmuseum fand ich einen Parkplatz. Von dort gingen wir zu Fuß über den Resslpark durch den Bahnsteig der U4 um am anderen Ende des Bahnsteigs weiter zur Albertina zu gelangen. Dieser Weg war uns jedoch versperrt von rund zehn nicht behördlich gekleideten Abfangjägern, die sich wie Dobermänner und Doberfrauen benommen haben.
Meine Bitte um Durchlass wurde aggressiv abgelehnt, meine Erklärung, keine U-Bahn oder sonstige Öffis benutzt zu haben, wurde aggressiv ignoriert, so lange, bis ich „freiwillig“ der Aufforderung nachkam, einen Ausweis vorzuweisen. Meine Daten wurden aufgezeichnet und dann wurde mir eine „Ersatzfahrkarte 1 Fahrt WIEN“ zum Preis von 2,60 und zusätzliche Gebühren 112,40, in Summe runde 115 Euro aufgezwungen. Zynische Nachbemerkung: „Mit der können’s jetzt weiterfahren.“ Aus meiner Sicht ein klarer Tatbestand der Nötigung.
§ 105 StGB (Strafgesetzbuch) (1) Wer einen anderen mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.
Eine Nötigung liegt in diesem Fall vor, weil ich gezwungen wurde einen Fahrschein zu kaufen, ohne Beweisaufnahme am mutmaßlichen locus delicti. Der kurze Weg bis zum Auto, das nicht weit von dem U-Bahn-Ausgang geparkt war, wäre leicht möglich gewesen. Angesicht der Anzahl an Abfangjägern hätte der Abflug eines einzelnen den weiteren Einsatz der anderen nicht im Geringsten gefährdet. Ausdruck der erhöhten Aggressivität dieser paramilitärischen Kohorte war auch die Ignoranz der Zeugenaussage meiner Freundin, die den ruhig vorgetragenen Sachverhalt bestätigte.
Zur Verteidigung könnten die Dobermänner und Doberfrauen den Absatz 2 des § 105 StGB anführen: (2) Die Tat ist nicht rechtswidrig, wenn die Anwendung der Gewalt oder Drohung als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet.
Wenn es um gute Sitten geht, dann erlaube ich mir meine Expertise als Moralphilosoph einzubringen. „Anwendung von Gewalt“ ist nicht nur die in Wien immer beliebter werdende Drohung mit einem Messer, sondern auch die physische Hinderung eines unbescholtenen Bürgers, den öffentlichen Raum frei zu benutzen. Dass die vorliegende Anwendung von Gewalt „den guten Sitten widerstreitet“ begründe ich damit, dass es ein demokratisches Grundprinzip ist, eine Partei zu hören und deren Argumente zu berücksichtigen.
Allerdings geht es ja genau genommen nicht um die direkt oder indirekt demokratisch legitimierten Behörden der Stadt Wien, denn Mitarbeiter der Wiener Linien GmbH wurden tätig, um ein „Geschäft“ abzuschließen. Deshalb geht es hier um die Frage, wie weit die Macht eines Monopolbetriebs gehen darf, einen einfachen Bürger zu einem Geschäft zu nötigen, das er nicht im geringsten benötigt.
Dass das Betreten eines Bahnsteigs bereits ein Geschäft darstellt, ist so widersinnig, wie der Zwang, eine Fahrkarte nach Innsbruck zu lösen, wenn ich am Wiener Hauptbahnhof einen Besucher aus Tirol direkt vom Bahnsteig abhole (eine gängige Praxis). Sogar Museen wie die Albertina kann ich ohne Eintrittskarte betreten, wenn ich nicht die Ausstellung besuchen will, sondern nur den Museumsshop.
Kleine Pointe am Rande: Aufgrund meiner ursprünglichen Ablehnung, meinen Ausweis zu zeigen, führte mich der Dobermann ab zur nächstgelegenen Polizeistation. Der diensthabende Polizist hat die Amtshandlung verweigert mit der Begründung, er sei allein im Büro.
Kleine Verschwörungstheorie am Rande: die Dobermänner und die Polizisten haben einen Deal, dass sie die Nötigung zum Erwerb eines Fahrscheins nicht zu „amtlichen Fällen“ machen, da sonst entsprechende Einsprüche möglich sind und Beweisaufnahmen notwendig werden, bevor sich Mahnungen allenfalls in eine Strafzahlung verwandeln.
Ich bin gespannt, wie oft die Wiener Linien hintrum im kommenden Jahr Inkassomahnungserinnerungen senden werden, bis die Debitorenmanager verstehen, was vornrum schon längst klar ist: ein Moralphilosoph zahlt keine „Forderungen“, die moralisch nicht gerechtfertigt sind. Das schließt nicht aus, dass die paramilitärischen, an Rasterfahndung erinnernden Maßnahmen der Wiener Linien legal sind, da sie gewiss nach Richtlinien (Verordnungen, Gesetzen?) der Stadt Wien handeln. Ob diese Richtlinien allerdings den Grundrechten entsprechen, das hat vermutlich noch niemand geprüft.
Ob verfassungskonform oder nicht, jedenfalls hat die Stadt Wien den Begriff „Fahrlässigkeit“ neu interpretiert. Meine Fahrlässigkeit ohne einen Fahrschein zu lösen den U-Bahnbereich zu betreten, oder die Fahrlässigkeit der Behörde, einfache Mitarbeiter eines städtischen Betriebs mit Gewalten auszustatten, die diesen laut Verfassung nicht zustehen, werden die Reaktionen auf diesen kleinen Artikel vielleicht klären.
Dazu passend: Hanno Settele @HannoSettele 7.12.24 - „140 km/h im Stadtgebiet Wien. Verfolgungsjagd mit Polizei. Kokain am Steuer. Wiederholungstäter. Im BMW. Urteil: 720 Euro. Also weniger als ein Radler, der mit 0,8 heimgondelt. Weil der zahlt als Ersttäter (!) 880. Passt. Dann wundern über Wahlergebnisse.“
P.S: Den Begriff „Forderungen“ kann ich nur unter Anführungszeichen setzen, denn in mehr als 35 Jahren als Unternehmer habe ich offene Forderungen immer bezahlt, wenn vorab ein Angebot gelegt und danach eine entsprechende Leistung erbracht wurde. In dem Fall handelt es sich aber um kein rechtmäßig zustande gekommenes Geschäft, sondern – siehe oben.
P.P.S. Egal über welche Wege oder Umwege – derzeit lohnt sich ein Besuch der Albertina, und zwar um die faszinierenden monumentalen Kohlezeichnungen von Roberto Longo zu erleben. Ein Beispiel für Kunst, die man nur im Original erleben kann. Das Foto hier ist kein Ersatz für wahres Kunsterlebnis, das diese Werke bieten. Noch bis 26. Jänner 2025.
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ethos.at schrieb am 27.11.24 an Bürgermeister Ludwig an die Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Betrifft: Paramilitärischer Einsatz der Wiener Linien
Sehr geehrter Herr Ludwig,
wie interpretieren Sie als Bürgermeister paramilitärische Einsätze der Wiener Linien?
Details siehe: Wie Wien (h)intrum gegen uns vorgeht (ethos.at)
Mit freundlichen Grüßen, HTH
Antwort des „Team Ludwig“ am 29.11.2024
Sehr geehrter Herr Mag. Thurnhofer,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Die Wiener Linien sind ein öffentliches Verkehrsunternehmen, das sich der sicheren und effizienten Beförderung seiner Fahrgäste verschrieben hat.
Für die Nutzung der Verkehrsmittel der Wiener Linien gelten die Allgemeinen Beförderungsbedingungen sowie die Hausordnung, die Sie unter den folgenden Links einsehen können:
- Allgemeine Beförderungsbedingungen
Wir hoffen damit all Ihre Fragen beantwortet zu haben. Für weiterführende Fragen, dürfen wir Sie vertrauensvoll auf den Kundendienst der Wiener Linien verweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Lazarev, Team Dr. Michael Ludwig
Bürgermeister der Stadt Wien, Vorsitzender der SPÖ Wien
Tel.: +43 1 535 35 35
https://www.michael-ludwig.wien/
Postanschrift: Löwelstraße 18, 1010 Wien
Die Verhandlung
(Aufgezeichnet am 11.5.2025) - Nach mehrfacher Mahnung durch „intrum“ folgte eine „letzte Zahlungsaufforderung vor Anwaltsübergabe“ am 2.1.2025 durch der Rechtsabteilung der Intrum Austria GmbH für „Aushaftende Gesamtforderung“ von 399,18 Euro und am 14.2.2025 die Ladung zur vorbereitenden Tagsatzung der klagenden Partei Wiener Linien GmbH & Co KG.
Im PROTOKOLL der Verhandlung vom 22. April 2025 notiert die Richterin Mag. K.GS.: „Es werden Vergleichsgespräche aufgenommen, insbesondere wird auch erläutert die Möglichkeit eines Versäumungsurteils bei Erklärung nicht der Verhandlung beizutreten. Es werden ebenso die anwesenden Personen sowie die Sach- und Rechtslage, insbesondere die Beförderungsbedingungen, Beilage ./A erörtert. Der Beklagte erklärt, verhandeln zu wollen.“
Für einen juristischen Laien nicht nachvollziehbar, dass ich aufgefordert wurde, aus Kostengründen meine Abwesenheit zu simulieren, damit die Richterin auf die Schnelle ein „Versäumungsurteil“ sprechen könne – denn: es sei praktisch ausgeschlossen, den Fall zu gewinnen.
Nicht erwähnt wurde im PROTOKOLL, dass ich im Vergleichsgespräch versucht habe zu eruieren, ob Geschäftsfälle aufgrund Geringfügigkeit (der Preis eines regulär gekauften Fahrscheins für eine reguläre Fahrt kostet 2,40 Euro!) vom Gericht zurückgewiesen werden können. Die Richterin verneinte. Ebenso fragte ich den Anwalt, ob er angesichts der Tatsache, dass ich den Bahnsteig nicht sittenwidrig (bewaffnet oder jemanden belästigend) benutzt habe, ein derartiges Verfahren für sinnvoll erachte. Mit Inbrunst erklärte er: „Ja, unbedingt. Auch Leute wie Sie müssen lernen, sich an die Regeln zu halten.“ Ich erklärte, dass ich wider jegliche Vernunft an der Teilnahme zu diesem Verfahren gezwungen werde. Der Appell an die Vernunft ist gescheitert, ja sogar so bedeutungslos, dass er nicht einmal Platz im PROTOKOLL findet.
In der Einvernahme wiederhole ich kurz die Argumente der Sachverhaltsdarstellung ON3. Hier der Wortlaut:
Sachverhaltsdarstellung
von Mag. Hubert Thurnhofer
Mein Betreten der Karlsplatzpassage am 29. September 2024
Am Tag der Nationalratswahl, 29. September 2024, fuhr ich als Kandidat der Liste Madeleine Petrovic mit dem Auto nach Wien um den erhofften Einzug in das Parlament in der Parteizentrale im 9. Bezirk zu feiern.
In Wien traf ich meine Freundin Helenna Jouja zu Mittag. Danach hatten wir noch Zeit um die aktuelle Ausstellung in der Albertina zu besuchen. Wir parkten in der Nähe Karlsplatz und Wienmuseum. Von dort gingen wir zu Fuß über den Resslpark durch den Bahnsteig der U4 um am anderen Ende des Bahnsteigs weiter zur Albertina zu gelangen.
Dieser Weg war uns jedoch versperrt von rund zehn nicht behördlich gekleideten Personen, die sich wie Dobermänner und Doberfrauen benommen haben. Meine Bitte um Durchlass wurde aggressiv abgelehnt, meine Erklärung, keine U-Bahn oder sonstige Öffis benutzt zu haben, wurde aggressiv ignoriert, so wie auch die Zeugenaussage meiner Freundin Helenna Jouja.
Angesicht der Anzahl der Einsatzkräfte hätte ein/e einzelne/r Mitarbeiter/in durchaus die Möglichkeit gehabt, die Truppe zur Beweisaufnahme für fünf Minuten zu verlassen. Das Gegenteil war der Fall. Statt Klärung des Sachverhaltes stiegen die Aggressionen und die geradezu paramilitärischen Methoden, mit denen ich daran gehindert wurde, den öffentlichen Raum frei zu nutzen. Der kurze Weg bis zum Auto, das nicht weit von der Unterführung geparkt war, die sich gleichzeitg als U-Bahn-Ausgang erwies, wäre leicht möglich gewesen.
Unter Druck entschied ich mich, der Aufforderung nachzukommen, einen Ausweis vorzuweisen. Meine Daten wurden aufgezeichnet und dann wurde mir eine „Ersatzfahrkarte 1 Fahrt WIEN“ zum Preis von 2,60 und zusätzliche Gebühren 112,40, in Summe runde 115 Euro aufgezwungen. Zynische Nachbemerkung: „Mit der können’s jetzt weiterfahren.“
Zusammenfassung: Die Wiener Linien GmbH nötigte mich am 29.9.2024 zum Kauf eines Fahrscheins, für eine Leistung, die ich nicht in Anspruch nahm. Ich wurde regelrecht gezwungen einen Fahrschein für „1 Fahrt Wien“ 13:13 Uhr zu kaufen, eine Leistung, die ich nicht nutzte und nicht benötigte. Interimistisch hat eine ominöse Firma namens „Intrum“ den Preis für diese „Leistung“ inklusive Mahnspesen bereits auf 399,18 Euro hochgetrieben. Jetzt versucht die Wiener Linien GmbH die Dienste eines österreichischen Gerichts zu missbrauchen, um den frei erfundenen Betrag von 334,29 Euro einzutreiben.
Diese Forderung ist nicht berechtigt. Im Gegenteil, die Wiener Linien GmbH sollte für ihre Geschäftsmethoden Schadenersatz leisten. Immerhin steht der Verdacht der Nötigung gemäß § 105 StGB im Raum. Diese überzogenen Methoden dienen in keiner Weise dem ordnungsgemäßen und kundenfreundlichen Beförderungsauftrag der Wiener Linien GmbH, sondern einzig und allein der aggressiven Geschäftemacherei, wie das Verhalten der Mitarbeiter/innen und die Auslagerung der „Zahlungsbefehle“ an Intrium Austria GmbH beweisen. (ENDE DER STELLUNGNAHME)
Nach kurzem Prozess folgt das
URTEIL: IM NAMEN DER REPUBLIK:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von EUR 145,00 zuzüglich 4% Zinsen seit 30.9.2024 zuzüglich der Nebenforderung in Höhe von EUR 81,97 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlten. Die Kostenentscheidung bleibt der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten.“
ZUSAMMENFASSUNG eines Moralphilosophen:
Die Bestimmungen eines Unternehmens, wenn auch im Besitz der öffentlichen Hand, stehen über folgenden Grundrechen:
1. Unschuldsvermutung
Die rechtswidrige paramilitärische Einheit der Wiener Linien lässt eine Unschuldsvermutung des festgehaltenen Bürgers nicht zu, ebenso wenig wie das Gericht, das schon zu Beginn der Verhandlung offen erklärt, dass der Angeklagte den Fall nicht gewinnen könne.
2. Freiheitsgrundsatz
Der elementarste Freiheitsgrundsatz ist die Bewegungsfreiheit. Dieser wird von den Wiener Linien durch unsinnige Durchgangsbeschränkungen verletzt; umso mehr von ihren Angestellten, die sich in der Manier einer Rasterfahndung allen Passanten in den Weg stellen. Allerdings hat sogar bei einer Rasterfahndung jeder Untersuchte die Chance, seine Unschuld darzustellen und daraufhin ungehindert weiter zu fahren. Bei den Wiener Linien gibt es diese Option nicht.
3. Verhältnismäßigkeit
Die Wiener Linien haben die Möglichkeit, direkt in jedem Zug und Bus ihre Kontrolleure einzusetzen. Dies ist auch gängige Praxis. Ein „Planquadrat“ einer privatwirtschaftlich geführten GmbH ist durch das Gesetz nicht gerechtfertigt und nicht einmal in den „Beförderungsbedingungen“ (BB) vorgesehen und steht somt im Widerspruch zu den BB, die die Grundlage der vorliegenden Verurteilung sind. Außerdem steht der geforderte Preis von 112 Euro in keinem Verhältnis zum Preis von 2,40, die eine Fahrkarte im Vorverkauf kostet. Der laut BB einseitig oktroyierte „Beförderungsvertrag“ ist auf Sittenwidrigkeit zu prüfen!
4. Gewohnheitsrecht
Das PROTOKOLL hält fest: „Aus Gewohnheit bin ich so gegangen, wie ich immer gegangen bin, wenn ich durch diesen Bereich gegangen bin.“ Auf Deutsch: ich war Jahrzehnte im Zentrum Wiens tätig und bin regelmäßig (mit Jahreskarte) mit der U4 auf besagtem Bahnsteig ein- und ausgestiegen oder bei Bedarf durchgegangen. Die Frage des Gewohnheitsrechtes wurde aufgrund des VOR-Urteils (Vorsicht, Wortspiel!), dass staatsnahe Unternehmen sowieso im Recht sind, nicht bewertet.
5. Gleichheitsgrundsatz
Die Zeugin, die mit mir im Auto war und den Bahnsteig ebenso ohne Fahrschein passiert hat, gab zu PROTOKOLL: „Auch ich hatte kein Ticket. Auf die Frage des Belagten, ob ich eine Strafe bekommen habe, so kann ich angeben: Nein, ich habe keie Strafe bekommen.“
RESÜMEE
„Beförderungsbedingungen“ stehen in Österreich über Grundrechten. Abgesehen davon, dass die vorliegende „Bahnsteig-Klausel“ der Beförderungsbestimmungen eine Willkür-Bestimmung ist (erinnert an mittelalterliche Wegelagerer), stellt sich die Frage nach der Unabhängigkeit des Rechtsstaates, wenn ein Gericht Bestimmungen eines Unternehmens (die laut Anwalt jeder kennen müsse, weil sie in der „Wiener Zeitung“ publiziert wurden) über Grundrechte stellt, ja sogar den Verweis auf Grundrechtsverletzungen zurückweist, weil dies die Zuständigkeit des Gerichts in diesem Falle überschreite. Sapere Aude!
ERGÄNZUNG
Beförderungsbedingungen der Wiener Linien GmbH & Co KGpubliziertgemäßs AGB von thurnhofer.cc