Wasserstoff durch die Gasleitung!?

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Update 8. November 2024 - In Österreich soll Wasserstoff nicht durch die Gasleitungen fließen; diese sollen statt dessen zurückgebaut werden. "Die Gasnetzbetreiber sollten jetzt geordnet an die Teilstilllegung ihrer Gasnetze gehen um Kosten zu sparen, sagte E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch … Wasserstoff sei auf der Netzebene, die zu den Haushalten und Kleinverbrauchern führt, kein Argument für den Erhalt der Gasnetze, so die E-Control. Wasserstoff als Ersatz für Erdgas werde in der Industrie gebraucht.… Das österreichische Gasnetz umfasst derzeit rund 2.000 Kilometer an Fernleitungen und 44.000 Kilometer Verteilerleitungen – davon soll langfristig nur ein Bruchteil übrig bleiben. Exakte Zahlen könne man noch nicht nennen, sagte Bernhard Painz, Vorstand der Austrian Gas Grid Management (AGGM), die den Netzbetreibern gehört und als Steuerzentrale für die Verteilung von Gas in Österreich und für den Gastransit zuständig ist“, berichtet ORF.at (8.11.24)

Update 18. Juli 2024 - „Die für 2030 von der EU-Kommission angepeilten Ziele für die Erzeugung und Nutzung von erneuerbarem Wasserstoff sind „zu ehrgeizig“: Zu diesem Schluss kommt ein am Mittwoch veröffentlichter Bericht des Europäischen Rechnungshofs (ERH). Die Zielvorgaben beruhten nicht auf soliden Analysen, so die Prüfer. Sie fordern einen Realitätscheck ein“, berichtet ORF.at

Update 27. April 2023 - "Das geplante neue Gebäudeenergiegesetz und die Unsicherheiten in Sachen Wasserstoff beschäftigen auch die Kommunen. Einige wollen die Gasnetze stilllegen. [...] Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat sich mehrfach skeptisch gezeigt, ob die Umstellung und Versorgung mit Wasserstoff bis dahin machbar seien. In letzter Konsequenz könnten auf die Stadtwerke und ähnliche kommunale Unternehmen Regressansprüche zukommen. In dieser Situation wächst die Bereitschaft der Kommunen, notfalls die Gasnetze lieber stillzulegen", berichtet Epoch Times.

28. März 2023 - Wasserstoff wird als Wundermittel zur Erreichung der Klimaziele betrachtet. Er hat nur drei Nachteile: 1. die Herstellung erfordert extrem hohen Energieeinsatz,  2. Speicherung und 3. Transport sind technisch extrem auwändig. Eine "Sensationsmeldung" veröffentlicht heute der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), der deutschlandweit mit über 100 Partnern wie Ministerien, Behörden, Institutionen und Organisationen eng zusammenarbeitet: "DVGW-Studie belegt: Deutschlands Gasleitungen sind bereit für Wasserstoff".

DVGW Gasleitungen

ethos.at verfügt nicht über die Kompetenz, die Inhalte der Studie zu prüfen, sondern kann nur auf Aussagen von Wissenschaftern verweisen, die grundsätzlich in Frage stellen, was die Studie als gegeben voraussetzt: dass man Wasserstoff durch Gasleitungen deutschlandweit verteilen könnte, um es bis an die Endgeräte zu bringen.

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Dr.-Ing. Andreas Menne, Leiter der Abteilung Low Carbon Technologies am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT sagt: "Wasserstoff zu transportieren und zu speichern stellt nach wie vor eine enorme Herausforderung dar. Entweder sind hohe Drücke oder tiefkalte Temperaturen nötig – und beides frisst viel Energie. Eine Alternative: Wasserstoff wird via Haber-Bosch-Verfahren in Ammoniak umgewandelt, ohne großen Aufwand transportiert und am Zielort wieder umgewandelt. ... Ammoniak ... ist einer von vielleicht zwei oder drei aussichtsreichen Kandidaten, um Wasserstoff besser transportfähig zu machen. Schließlich ist Ammoniak von den stofflichen Eigenschaften her mit Flüssiggas zu vergleichen und schon bei 10 bis 12 bar zu verflüssigen. Und der Prozess zur Herstellung von Ammoniak aus Wasserstoff und Stickstoff ist bereits seit über 100 Jahren bekannt und weitestgehend optimiert."

DVGW spricht wohl gemerkt nicht von Wasserstoff umgewandelt in Ammoniak oder Methan, sondern explizit und ausschließlich über den Transport von Wasserstoff über die bestehenden Gasleitungen. DVGW wörtlich:

"Millionen Erdgaskunden könnten zügig und zu geringen Kosten mit Wasserstoff versorgt werden. Die im deutschen Gasnetz verbauten Stahlrohrleitungen sind für den Transport von Wasserstoff geeignet. Sie weisen keine Unterschiede in Bezug auf die grundsätzliche Eignung für den Transport von Wasserstoff gegenüber Erdgas auf. Sowohl betriebsbedingte Alterung als auch die geforderte Bruchzähigkeit entsprechen den Erwartungen an eine Dekaden-überdauernde, sichere Verfügbarkeit. 'Die Forschungsergebnisse sind wegweisend in die Wasserstoff-Zukunft. Von den drei Herausforderungen entlang der Wertschöpfungskette – Erzeugung, Transport und Nutzbarmachung – ist der Transport nun grundsätzlich gelöst. In Leitungsnetzen werden die Rohre auch weiterhin genutzt werden können, und nur einzelne Einbauteile oder Stationselemente sind zu ertüchtigen oder auszutauschen. Das ist volkswirtschaftlich sinnvoll, denn wir können auf eine bestehende Infrastruktur mit einem über viele Jahrzehnte getätigten Investitionsvolumen in Höhe von rund 300 Milliarden Euro zurückgreifen. Die Bundesregierung muss dieses große Potenzial nun nutzen und den Weg in die Wasserstoffwirtschaft ebnen, um ihrem Anspruch an einen beschleunigten Klimaschutz gerecht zu werden', erklärt Prof. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW. Statt ein neues Gasnetz für den Transport von Wasserstoff aufzubauen, kann das bereits bestehende, über 550.000 km lange deutsche Gasnetz mit Gesamtkosten von nur rund 30 Milliarden Euro für den Transport von Wasserstoff umgerüstet werden. Millionen Haushalte und Unternehmen mit Gasanschluss sind bereits H2-ready oder können mit verhältnismäßig geringem Aufwand H2-ready gemacht werden und so über die bestehende Infrastruktur zu 100 Prozent mit klimaneutralem Wasserstoff versorgt werden."

Anmerkung ethos.at: In Zeiten wie diesen ist eine (geschätzte, d.h. in Realität mit Sicherheit höhere) Investition von 30 Milliarden Euro für eine noch unbekannte Technologie (noch nirgends wurde Wasserstoff über längere Leitungsstrecken transportiert) offenbar ein "verhältnismäßig geringer Aufwand". Aktuelle Druckverhältnisse laut alleantworten.de: "Der Druck in der Gaspipeline beträgt am Ausspeisepunkt aus der an der russischen Küste gelegenen Verdichterstation Portowaja 220 bar (220 Kilogramm pro Quadratzentimeter) und am Einspeisepunkt in Deutschland 106 bar." 

Andreas Menne: "CO2-frei erzeugter Wasserstoff kann vieles sein: Energieträger, Speichermedium für Strom, Rohstoff für die Industrie und emissionsfreier Treibstoff. Allerdings hat er einen großen Nachteil. Er ist schwierig zu lagern und zu transportieren. Für den Transport sind beispielsweise sehr hohe Drücke erforderlich – standardmäßig 700 bar. Alternativ lässt sich der Wasserstoff verflüssigen. Aber dafür sind tiefkalte Temperaturen von unter minus 230 °C nötig. Beides ist mit sehr viel Aufwand verbunden und stellt hohe Anforderungen an die verwendeten Materialien. Faustformel: In die Verflüssigung von Wasserstoff müssen ca. 40 Prozent des Energiegehaltes vom Wasserstoff reingesteckt werden. Je länger die Strecke bzw. Speicherdauer, desto höher wird der Aufwand."

Bernd Spatzenegger, Autor des Buches "Die Energielüge" schreibt: "Es ist nicht zielführend, eine Erdgasheizung durch den Brennstoff Wasserstoff zu ersetzen. H2 ist viel zu wertvoll und zu teuer, um aus einer Flammentemperatur von fast 2000 °C Heizungswasser mit 55 °C herzustellen. Das wäre Energievernichtung pur. Aus demselben Grund ist es grundsätzlich nicht sinnvoll, Niedertemperaturwärme aus Wasserstoff oder fossilen Brennstoffen herzustellen." (S. 267)

"Wasserstoff zu befördern, ist schwieriger, als man denkt. In verflüssigter Form benötigt man eine Temperatur von -253 °C, das sind nur 20 Kelvin über dem absoluten Nullpunkt. Das ist sehr kalt. Um diese Temperatur zu erreichen und sie beim Transport zu halten, braucht man sehr viel Energie, nämlich etwa ein Drittel des Energieinhaltes von Wasserstoff. Um ihn hingegen unter 300 Bar Druck zu transportieren, bedarf es sehr starker Behälter. Daher wird beim Transport von Wasserstoff üblicherweise an die vorherige Umwandlung in E-Fuels (Ammoniak, Methanol, Methan) oder an die Einlagerung in flüssige, organische Wasserstoffträger (LOHC) oder in Metallhydridspeicher gedacht. Dies ist jedoch mit weiteren Energieverlusten bei der (Rück-)Umwandlung verbunden oder ergibt einen Brennstoff, der sich nur mehr eingeschränkt verwenden lässt." (S. 273)