Thurnhofer Hubert: Moral 4.0

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Anton Edler: Ein spektakuläres Werk. Wer die unterschiedlichen Begriffszuordnungen und Definitionen zu durchdringen vermag, der begegnet einem grandiosen Geist, welcher fürsoglichen Eltern gleichend, den/die Leser/in auf eine abenteuerliche Reise durch die universale Welt eines Weisheitsfreundes leitet, die in der reinen Erkenntnis mündet: "Frieden herrscht nicht."

Interview mit Irmgard Klammer, Philosophie im Gespräch

Buchbesprechung des Philosophen Henri Edelbauer

Im Brennstoff Nr. 17 (Sommer 2009) erschien die österreichweit erste Rezension eines späteren Klassikers: „Glaube Hoffnung Management“ - das ist weder das neue Antikrisenprogramm der Christlichen Gewerkschafter, noch Kardinal Schönborns Losungswort für sein anonymes Sparbuch bei der Raika. Nein, hier hat der Philosoph, Galerist und Kommunikationsberater Hubert Thurnhofer ein Buch auf den gebeutelten Markt geworfen, das 2500 Jahre alte bewährte Denkmethoden endlich für ökonomische Problembereiche fruchtbar macht.

Nun bringt Hubert Thurnhofer sein philosophisches opus magnum ans Licht der Öffentlichkeit. Der Titel „Moral 4.0“ verweist schon auf die ironische Grundhaltung: Er spielt auf die herbei gelobte „Vierte industrielle Revolution“ an, die noch gar nicht begonnen hat. Es handelt sich, soviel zeigt sich schon in den Leseproben, um eine – vor allem wirtschaftspolitische – Kehre „vorwärts zu Kant zurück“, einen neuen Anlauf zum Ausweg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit, Hauptursache der postmodernen Massenmenschenhaltung.

Grundlegend für Thurnhofers Gedankengang ist die rigorose Unterscheidung von Moral und Ethik: „Die Grundfrage jeder Moral lautet: ‚Was soll ich tun?‘ Die Grundfrage der Ethik lautet: ‚Warum soll man etwas tun (oder unterlassen)?‘ Die Grundlage unseres Verhaltens ist immer eine Moral (und da wir uns oft in verschiedenen sozialen Gruppen bewegen, sind fast immer mehrere Moralen Grundlage unseres Verhaltens). Die Ethik beschäftigt sich dagegen mit den Grundlagen unseres Handelns. Verhalten und Handeln sind zwei Phänomene, die sich nicht graduell, sondern prinzipiell unterscheiden. Das versteht jeder, aber niemand berücksichtigt diese einfache Wahrheit, wenn es darum geht, wichtige Entscheidungen zu treffen, die Grundlage des Handelns sind.“

Von dieser zentralen Einsicht aus konstatiert der Philosoph, dass unser Rechtsbegriff - egal ob auf staatlicher oder individueller Ebene - in seiner Widersprüchlichkeit mehr als fraglich geworden ist: „Jeder hat das Recht Recht zu haben. Nicht jeder hat die Chance Recht zu bekommen. Es gibt kein Recht auf Gerechtigkeit.“

In diesem Dickicht der (Un-)Werte, konstatiert Thurnhofer, gedeihen Politiker, welche es für ihre erste Pflicht halten, „die Finanzmärkte zu beruhigen“, anstatt sich über die Millionen Menschen am Rande des Prekariats zu beunruhigen. Moral 4. 0 bleibt allerdings nicht bei der reinen Kritik des Status quo, bietet vielmehr einen praktischen Leitfaden für moralisches Handeln. Und spart nicht mit Seitenhieben gegen gedankenfreie Alltagsparolen der Finanzwirtschaft, konkret mit Bezug auf eine Werbe-Kampagne der Erste-Bank: „Unser Land braucht Menschen, die an sich glauben. Und eine Bank, die an sie glaubt" ? Nein! Ich bin überzeugt: die Menschen hat unser Land bereits, allerdings fehlt es immer noch an der Bank, die an Menschen glaubt.