Kommentar aus ethischer Sicht: auf Krisen vorbereitet zu sein, sollte eigentlich zum Grundgerüst jedes Politikers, jedes Beamten und natürlich auch jedes Staatsbürgers gehören. Diese Vorbereitung ist eine Frage der Einstellung bzw der Haltung, somit ein Thema, das jeder Mensch auf moralischer und ethischer Basis lösen kann. Die Regierung unterwirft das Problem mit dem B-KSG dem Gesetz und enthebt es damit automatisch der persönlichen Verantwortung der Politiker, Beamten und Staatsbürger. Philosophisch betrachtet ist dies ein weiterer Akt, das Moralitätsprinzip auszuhebeln durch das Legalitätsprinzip.
Politisch betrachtet ist des B-KSG in der aktuellen Fassung ein Beweis dafür, dass die herrschenden Parteien - egal ob in Regierung oder Opposition - nicht die geringsten moralischen Hemmungen haben, ihre eigenen Interessen durch Schaffung neuer Pfründe , die sie umgehend gesetzlich verankern, durchzusetzen. Wenn man schon ein Problem isoliert und somit abgehoben statt ganzeitlich betrachtet, und dafür eine eigene Infrastruktur mit entsprechendem Personal braucht, so sollte es reichen, dieses Personal nach den vorhanden Ausschreibungs-Gesetzen zu rekrutieren. Nein! Diese Gesetze könnten ja dazu führen, dass sich parteifreie Persönlichkeiten unseres Landes bewerben. Dies Möglichkeit müssen die Herrschaften der Parteien, deren Einheits-Programm nur noch auf Erhaltung und Ausbau ihrer Pfründe beruht, ausschließen. Und das durch ein eigenes Gesetz, das dem Objektivierungsgesetz direkt widerspricht.
Im Fall B-KSG formuliert man den Paragrafen 5. (2), der in geradezu lächerlicher Weise zu verschleiern sucht, dass die beiden Regierungsparteien vor ihrem absehbaren Exitus noch mindestens fünf Jahre je einen ihrer eigenen Ärsche auf einem weichen und sicheren Sessel im Staatsapparat postieren. Genau hier, in einer derartig verlotterten Gesetzgebung, liegen die Wurzeln dafür begraben, dass die Menschen "zu Recht" der Meinung sind, dass Politik eine schmutziges Geschäft ist. Dieser Paragraf ist keine einmalige Entgleisung, sondern typisch für die Gesetzeslokomotive, die seit Jahrzehnten auf Schiene ist. Bei ähnlichen Bestimmungen über die Ernennung der Volksanwälte wurden die damit geschaffenen Parteien-Pfründe sogar in Verfassungsrang gehoben (B-VG Artikel 148g)
Die Herrschaften dieses Landes berufen sich gerne darauf, dass sie ausschließlich auf Basis des Gesetzes handeln, und das verstehen sie als Legalitätsprinzip. Nur durch Ausklammerung des Moralitätsprinzips, das die Gesetze nicht nur betrachtet und hinnimmt wie sie sind, sondern auch die moralisch zweifelhaften Absichten des Gesetzgebers berücksichtigt, kann man dieses Verständnis des Legalitätsprinzips für die Ultima Ratio unserer Politik halten. Im Buch Moral 4.0 wurde diese Form der Politik so charakterisiert: Das Legalitätsprinzip überlagert das Moralitätsprinzip, und zwar total.
Dass die Parteien und ihre Spitzenkader so und nicht anders handeln, kann einen gelernten Österreicher nicht mehr wundern. Dass jedoch vom intellektuellen Überbau dagegen nicht der geringste Widerstand zu bemerken ist, muss einen naiven Bürger dieses Landes, der gemäß Grundgesetz an die Freiheit der Wissenschaften glaubt, beunruhigen.
- Wo sind die Rechtsprofessoren, die in Frage stellen, dass Gesetze fast nur noch nach einem "Ministerialentwurf" den Weg ins Parlament finden?
- Wie tief wurde die Basis unserer Verfassung (Parlament = Gesetzgebung), die noch jeder Gymnasiast in der Unterstufe als Basiswissen lernen muss, von der Realverfassung unseres Landes verschüttet?
- Wie lange können Rechtsprofessoren bei der sukzessiven Demontage unserer Demokratie durch Gesetze wie das B-KSG noch zuschauen?
- Warum schaffen Rechtsprofessoren keine Qualitätsststandards für die Gesetzgebung?
- Welche Maßnahmen empfehlen Rechtsprofessoren, um bei der Gesetzgebung bzw. bei jedem einzelnen Gesetz zu gewährleisten, dass der Artikel 1 B-VG beachtet wird?
Antworten der Professoren siehe: Gesetzgebung braucht Qualitätskontrolle!