KORRUPTIONSINDEX (CPI) 2024 – ERGEBNISSE
Dramatischer Absturz für Österreich mit historischem Tiefpunkt
Ergebnis des Transparency International Korruptionsrankings 2024
11. Februar 2025 (Pressemitteilung TI Austria): Der heute veröffentlichte Korruptionswahrnehmungsindex 2024 (Corruption Perception Index „CPI“ 2024) von Transparency International (TI) zeichnet ein alarmierendes Bild von Österreich. Das aktuelle Ergebnis ist mit nur 67 Punkten und Rang 25 das schlechteste seit Beginn der Veröffentlichung des CPI. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist Österreich weit abgeschlagen und der Negativtrend ist schockierend: Im Vorjahr lag Österreich auf Platz 20, vor drei Jahren sogar noch auf Platz 13.
TI-Austria fordert ein Umdenken. Die Vorstandsvorsitzende, Mag. Bettina Knötzl: „Der Negativtrend ist beschämend. Das Ergebnis ist ein lauter Weckruf. Das Ansehen Österreichs als Wirtschaftsstandort leidet unter den Korruptionsskandalen massiv. Wir sehen hier schwarz auf weiß, was ernstzunehmende Stimmen über den Zustand Österreichs sagen. Österreich sollte und könnte beim CPI im Spitzenfeld liegen, wenn es nur wollte. Zum Vergleich: Die Schweiz liegt auf Platz 5. Es ist höchste Zeit zum Umdenken!“
Die schlechte Platzierung im internationalen und europäischen Vergleich beeinträchtigt unser Image und bleibt nicht unbeachtet. Flora Cresswell, Western Europe Regional Advisor, TI, warnt: „Austria’s CPI score decline, underscores a critical need for comprehensive anti-corruption reforms. The prevalence of corruption scandals in recent years has eroded public trust and highlighted systemic weaknesses. Despite recent legislative efforts, other European countries have stronger standards when it comes to transparency, accountability and integrity."
Die aktuelle Bewertung verdeutlicht den dringenden Bedarf an sichtbarer (= transparenter) Integrität in der öffentlichen Verwaltung. Knötzl wertet den „historischen Tiefpunkt als Denkzettel“ und fordert „sichtbare Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung“:
„Wir gehören zu den Schlusslichtern Europas. Leidtragende der Korruption sind nicht die Korrupten, sondern wir, die Zivilbevölkerung. Macht braucht Kontrolle und Transparenz ist der Schlüssel, um Machmissbrauch zu verhindern und Vertrauen in die Integrität der Entscheidungsträger:innen zu fördern. Österreich hat einen ermutigenden Schritt getan und das Informationsfreiheitsgesetz beschlossen. Das ist eine echte Chance, in öffentlichen Ämtern endlich Transparenz und Vertrauen zu schaffen. Wir fordern: Der Zugang zu Information muss möglichst breit und proaktiv gewährt werden. Weg vom Amtsgeheimnis, hin zur Freiheit der Information!“
Korruption untergräbt nicht nur das Vertrauen in staatliche Institutionen, sondern behindert auch dringend notwendige Fortschritte im Klimaschutz, der heuer im Fokus von TI steht. Gerade jene Länder, die als sehr korrupt wahrgenommen werden, sind oft auch am stärksten von der Klimakrise betroffen. Fehlende Transparenz und Korruption gefährden die effektive Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen zum Klimaschutz.
Gesamtergebnis CPI 2024:
Die Ergebnisse aller im diesjährigen CPI erfassten Staaten finden Sie auf der Website von Transparency International: Corruption Perceptions Index 2024 – Transparency.org
Der CPI 2024 bestätigt Dänemark (90 Punkte) erneut an der Spitze. Finnland (88 Punkte) und Singapur (84 Punkte) belegen die Plätze zwei und drei. Die Beständigkeit dieser Länder an der Spitze des Rankings unterstreicht die Bedeutung nachhaltiger Strategien und konsequenter Umsetzung im Kampf gegen Korruption.
10 Forderungen von TI-Austria
In Zeiten politischer Unsicherheit ist es entscheidend, die Stabilität von Institutionen und das Vertrauen der Bürger:innen in die Demokratie aufrechtzuerhalten, denn diese Staatsform ist der beste Garant für Frieden und Wohlstand. TI-Austria hat daher einen Katalog mit 10 Forderungen an die Bundesregierung vorgelegt, die im ersten Jahr umzusetzen sind. Den Forderungskatalog finden Sie hier: 10-Forderungen-an-die-neue-Regierung-.pdf
Drei beispielhaft ausgewählte Forderungen sind:
1. Forderung: Unabhängige Ermittlungen! Die Weisungsspitze der Staatsanwaltschaften ist von dem/der Bundesminister:in für Justiz zu entkoppeln!
2. Forderung: Stärkung der Medienunabhängigkeit! Staatliche Förderungen ausbauen und Medienvielfalt sichern, keine finanzielle Verschränkung mit redaktionellen Inhalten!
3. Forderung: Verbesserung des Hinweisgeber:innenschutzes! Ausweitung des Anwendungsbereichs auf alle Rechtsakte und öffentliches Sichtbarmachen der Durchsetzung!
TI-Austrias jüngste Broschüre zum Thema Spenden, Sponsoring, Kooperationen, Mitgliedschaften finden Sie hier:
TI_Leitfaden_Spenden-Sponsoring-Kooperationen-Mitliedschaften.pdf
Methodologie
Der CPI bezieht sich auf die letzten drei Jahre und aggregiert Daten aus 13 unabhängigen Datenquellen von 12 verschiedenen Institutionen, darunter die Bertelsmann Stiftung, das World Economic Forum und der Economist. Diese Datenquellen bewerten die Wahrnehmung des Korruptionsniveaus im öffentlichen Sektor durch Expert:innen und Geschäftsleute. Die Ergebnisse werden auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) dargestellt. Der CPI erfasst verschiedene Erscheinungsformen von Korruption, darunter Bestechung, Zweckentfremdung öffentlicher Gelder, Nepotismus im öffentlichen Dienst sowie die Vereinnahmung staatlicher Institutionen durch private Interessen (State Capture). Darüber hinaus analysieren einige Quellen die vorhandenen Mechanismen zur Korruptionsprävention, wie etwa den Schutz von Hinweisgeber:innen, die Unabhängigkeit der Justiz, Transparenzvorgaben für Amtsträger:innen und den Zugang zu Regierungsinformationen. Um eine konsistente Vergleichbarkeit über die Jahre hinweg sicherzustellen, werden die Daten standardisiert und durch ein statistisches Reskalierungsverfahren auf eine einheitliche Skala gebracht. Dabei unterliegt die Berechnung des Index strengen Qualitätskontrollen: Die Daten werden unabhängig durch mehrere Forschende überprüft und mit einem Konfidenzintervall versehen, um Unsicherheiten transparent zu machen. Änderungen im Index werden nur als signifikant betrachtet, wenn sie statistisch nachweisbar sind. Der CPI hat sich als ein wesentliches Instrument etabliert, um das schwer greifbare Phänomen der Korruption in Zahlen zu fassen und die Entwicklungen in verschiedenen Staaten vergleichbar zu machen. Er liefert damit eine verlässliche Grundlage für Regierungen, Unternehmen und die Zivilgesellschaft, um Maßnahmen gegen Korruption gezielt voranzutreiben.
Kontakt für Rückfragen bei TI-Austria:
RA Mag. Bettina Knötzl
Vorsitzende des Vorstands Transparency International Austria
Mag. Clara Schwarzacher
Geschäftsführerin Transparency International Austria
ethos.at hat nachgefragt
11. Februar 2025 an E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
s.g. Frau Schwarzacher,
Von den Forderungen an die Regierung hebt TI hervor: „Stärkung der Medienunabhängigkeit! Staatliche Förderungen ausbauen und Medienvielfalt sichern, keine finanzielle Verschränkung mit redaktionellen Inhalten!“ Im 10-Punkte-Programm heißt es konkreter:
„Stärkung der Medienunabhängigkeit
- Offene Medienförderung statt „Inseratenpolitik“: Staatliche Förderungen ausbauen
und Medienvielfalt sichern, keine finanzielle Verschränkung mit redaktionellen
Inhalten
- ORF-Reform: Parteipolitik zurückdrängen, Unabhängigkeit und Bildungsauftrag
stärken“
Diese Forderungen berücksichtigen nicht, dass insbesondere in den vergangenen drei Jahren staatliche Medienförderungen massiv ausgebaut wurden (xx Millionen Euro für „Digitale Transformation“, xx Millionen Euro für „Qualitätsjournalismusförderung QJF“, die deutlich die klassische Presseförderung übersteigen und – nach Einschätzung von ethos – vorwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich der Gleichschaltung der Medien dienen. Siehe
Regierungs-Korruption: Digitale Transformation (ethos.at)
+ Bitte um Einschätzung dieser Problematik von TI Austria.
Die TI-Forderungen zur ORF-Reform könnte man so in jeder Sonntagspredigt jedes Politikers unseres Landes finden. So wie beim QJF beginnt das Übel bereits in der Gesetzgebung, bzw in der ständigen – undemokratischen Auslegung – der Gesetze, z.B. des Rundfunkgesetzes, bei dem man bis heute – drei Jahrzehnte nach Einführung von Privat-Radio und -TV – immer noch so tut, als wäre ORF das einzige „Rundfunk“-Medium des Landes. ethos.at hat bereits dutzendfach publiziert: Die Bevorzugung des ORF ist verfassungswidrig.
Die Bevorzugung des ORF ist verfassungswidrig (ethos.at)
+ Bitte um Einschätzung dieser Problematik von TI Austria.
QJF, ORF-Gesetz u.a. sind die Grundlagen zur Einzementierung des Status-quo, der Medienfreiheit einschränkt, bzw den Parteieneinfluss auf die Medien verstärkt - allerdings legitimiert durch entsprechende Gesetze.
+ Wie beurteilt TI Austria derartige Gesetze?
+ Werden derartige Gesetze, die man als systemimmanente Korruption bezeichnen muss, im Korruptionsindex berücksichtigt?
+ Wie beurteilt TI Austria insgesamt die (fehlende) Qualität der österreichischen Gesetzgebung als Ursache für die zunehmende Korruption?
Mit freundlichen Grüßen, Hubert Thurnhofer, Chefredakteur ethos.at