Finanzkrise 2008
Infolge der Finanzkrise 2008 hat sich das Wissen, dass die Banken auf Kosten der Steuerzahler gerettet wurden, weit verbreitet. Die FED und EZB schöpften Geld (Quantitative Easing QE), um damit den Gläubigern (Banken und Fonds) faule Papiere (Ramsch vom „subprime market“) zum Nominalwert abzukaufen, während Millionen von Schuldnern (die Hausbesitzer) enteignet wurden und von der öffentlichen Hand keinen Cent bekommen haben. Das alles ist heute, 2025, wieder weitgehend in Vergessenheit geraten. Insbesondere die Corona-Panikmache ab 2020 war ein gelungenes Ablenkungsmanöver von den wahren Interessen der Finanzindustrie.
Begriffsklärung: Michael Hudson unterscheidet zwischen Finanzkapitalismus und Industriekapitalismus. Mit „Sektor“ meint er den Finanzsektor; dessen Player sind: die Zentralbanken, Geschäftsbanken, Investmentbanken, Fonds, Versicherungen, Ratingagenturen und nicht zuletzt der Immobiliensektor (kurz FVI Finanz-, Versicherungs- und Immobiliensektor). Zur Industrie dagegen gehören die klassischen produzierenden Unternehmen und Konzerne; die Rolle von Dienstleistungskonzernen („Tourismusindustrie“) wird nicht extra untersucht. Im großen Spiel des Sektors ist die Realwirtschaft (egal ob Dienstleistung oder Produktion) nur von Bedeutung, wenn ein Unternehmen an Börsen notiert oder als Start-up Potenzial für Börsengänge entwickelt und so zur potenziellen „Beute“ der Finanzheuschrecken wird. Deren Hauptinteresse ist nicht die betriebswirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen, in die investiert wird, sondern die Finanzrendite (rent seeking), das Ziel eines „dauerhaften leistungslosen Einkommens“. Dies ist nicht nur das Urteil des linken Ökonomen Hudson, sondern ist auch die Definition des Gabler Wirtschaftslexikons.
Den Begriff „Finanzindustrie“ verwendet Hudson nicht. Ethos-CR HTH schrieb bereits 2016 für die Unternehmerzeitschrift „a3eco“ einen Artikel über „Die finanzindustrielle Revolution“. Quintessenz: die Finanzindustrie produziert – so wie Industrie in der Realwirtschaft – Produkte. Auch wenn die Produkte „virtuell“ sind, gleicht die Art der Produktion der industriellen Herstellung von Industriewaren: sie werden massenweise entwickelt (wobei den genauen Inhalt nur wenige Menschen kennen), verpackt (mit schönen Aufschriften wie „Securities“ oder „Zertifikate“ versehen) und dann weltweit exportiert. Vorwiegend B2B direkt an den Börsen, ein kleiner Teil fließt aber auch über Makler an die Konsumenten (B2C). Aktien, Anleihen, Devisen und insbesondere Derivate sind nichts anders als die Produktion von Geld durch Geld (aus Sicht von Karl Marx die letzte Hybris des Kapitalismus vor seinem Zusammenbruch). Dazu passt die legendäre Aussage von Warren Buffet: „Die Revolution hat bereits stattgefunden und wir haben sie gewonnen.“ (Vgl. Begriffserklärung „Finanzindustrie“ von Ulrich Busch.)
Abgesehen von der Wortwahl – Sektor oder Finanzindustrie – beschreibt Hudson, Wallstreet-Insider und Mitbegründer von Occupy Wallstreet, detailliert, wie die Finanz-Machenschaften in diesem Jahrhundert ablaufen. Wichtiger Teil der Machenschaften ist die Propaganda, die in der Aussage gipfelt: „Der Finanzmarkt ist nicht regulierbar“. Das war nach dem Crash 2008 das wohl häufigste Mantra von Politikern aller Coleurs in Amerika und Europa. Und es sickert heute wieder ein in die Diskussion über Digitalgeld bzw. Zentralbankgeld, um Panik vor der „totalen Kontrolle“ zu schüren, so als ob die Schöpfung des Schuld-Geldes durch die Privatbanken nicht schon längst zur totalen Kontrolle des Schuldners geführt hätte.
Hudson belegt historisch, dass Adam Smith zurecht als Verteidiger des freien Marktes gilt, dies jedoch nicht bedeutet, dass er gegen jegliche Regulierung gewesen wäre. Ganz im Gegenteil: ein freier Markt ist ein Markt frei von der Dominanz der Rentenbezieher – das waren zu Zeiten von Smith die Großgrundbesitzer und sind heute die Aktionäre von Fonds, Banken und Versicherungen. Durch erfolgreiche Propaganda gelingt es diesen „Rentiers“, den Staat als Ursache jeden Übels zu verteufeln. Das machen genau jene Kräfte in den Organisationen, die angeblich „too big to fail“ sind, und nach jeder Krise vom Staat gerettet werden – angeblich gerettet werden müssen, um keinen „Dominoeffekt“ auszulösen.
Vor zehn Jahren wagte HTH einen Blick in die Zukunft und war in Bezug auf 2025 optimistisch: „Nach dem Platzen der Finanzblase 2021 hat sich die Wirtschaft schnell erholt. Auf dem Wiener Kongress 2022-2025 wurde die Umschuldung aller Staaten geregelt. Konstruktionen und Spekulationen der Finanzindustrie, sowie Zinsen wurden verboten, die Banken den Finanzministerien aller Länder direkt unterstellt. Die Tätigkeitsfelder globaler Konzerne wurde auf Infrastrukturaufgaben eingeschränkt. Was zur Infrastruktur zählt wird seither in der jährlichen Infrastrukturkonferenz der UNO festgelegt.“ (Quelle: a3eco 12/2015) Doch aus Sicht des 1.1.2025 sind wir dem "Untergang des Abendlandes" näher denn je.
Jedes Jahr ohne Finanzcrash ist demnach eine Art der Insolvenzverschleppung, eine Straftat gemäß Aktienrecht. Das ewig drohende Damoklesschwert besagt, dass ein ungeordneter Zusammenbruch des Finanzsystems zum weltweiten Chaos führen würde. Doch warum denken Think Tanks, Nationalbanken und Finanzministerien dieser Welt nicht über einen geordneten Zusammenbruch nach? In der Realwirschaft haben alle Länder ihr Insolvenzrecht. Die längst notwendige Insolvenz der Irrealwirtschaft ist aber nicht möglich, weil es dafür kein weltweites Insolvenzrecht gibt. Es fehlt nicht nur der rechtliche Rahmen, es fehlt auch das tiefe Verständnis, was die Irrealwirtschaft dem Wesen nach von der Realwirtschaft unterscheidet. Wie stark die Irrealwirtschaft, die Finanzialisierung der Welt, die Realwirtschaft überragt, zeigen auch die Tabellen auf visualcapitalist.com: All of the World’s Money and Markets in One Visualization.