Hudson Michael: Der Sektor - Planwirtschaft

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Planwirtschaft

Wie die Irrealwirtschaft funktioniert, das hat Hudson (ohne diesen Begriff zu verwenden) im Teil 2 des Buches, „die Wallstreet als zentrale Planungsabteilung“ ausführlich erörtert. Die Quintessenz: der Kapitalismus, der heute die Weltwirtschaft dominiert, arbeitet mit Mitteln der Planwirtschaft, die nicht das Geringste mit freier Marktwirtschaft zu tun haben. Im Unterschied zur sowjetischen Planwirtschaft ist dieses System nicht auf einen Staat und seine Satelliten beschränkt, sondern wuchert mittlerweile in allen Ländern dieser Welt.

Beispiele für Planspiele der Wallstreet:

1. Unterbewertung der Aktien für Vorzugskunden vor einem Börsengang: „Erfolgreich ist ein Börsengag immer dann, wenn sich der Aktienkurs vom morgendlichen Handelsbeginn bis zu abendlichen Handelsschluss verdoppelt hat. Die Führungskräfte der Unternehmen sowie Risikokapitalgeber und andere Langzeitaktionäre können förmlich mitansehen, wie der Wert ihrer Aktien in die Höhe klettert, während das Unternehmen selbst nur den Eröffnungspreis erhält“. (179)

2. Aktivismus der Finanzheuschrecken: beliebt ist der Druck der Aktionäre auf das Management, eigene Aktien zurück zu kaufen. Dafür werden auch Optionsscheine für Mitarbeiter versprochen („Mitarbeiterbindung“), doch im Wesentlichen soll damit der Kurs der Aktien und somit der Wert der Altaktionäre gesteigert werden. „Aktienrückkäufe verändern den Charakter des Industriekapitalismus. Zwar treibt man mit solchen Rückkäufen die Aktienkurse eines Unternehmens in die Höhe, aber man entzieht ihm auch die Mittel zur Expansion.“ (184)

3. „Die Schaffung finanziellen Reichtums mittels Schuldenhebeln statt durch Investitionen in Sachanlagen. […] Bei einer solchen Unternehmenspolitik wird das Finanzvermögen durch eine Erhöhung des Aktienkurses vergrößert aber nicht indem man die Produktion ausweitet.“ (187) Die industrielle wurde durch eine finanztechnische Planung (die natürlich andere Interessen verfolgt) ersetzt. Nach 2008 wurde diese zweifelhafte Methode nicht gebremst oder gar verhindert, sondern durch QE massiv erweitert: „Aufgrund der 2008 von der Federal Reserve in die Wege geleiteten Maßnahmen der quantitativen Lockerung wurde es immer profitabler, zu niedrigen Zinsen Bankkredite aufzunehmen, dafür Aktien zu kaufen, die dann höhere Dividenden abwerfen, und die Differenz schließlich in die eigene Tasche zu stecken.“ Diesem Modell folgte die EZB 2012, zunächst unter Umgehung der eigenen Statuten, später unter Neu-Interpretation derselben. (Siehe auch: Draghi-komisch)

Die gut geplanten Folgen: „Seit dem Tiefstand, den der S&P-500-Index im März 2009 nach dem Finanzcrash erreichte, haben sich die Kurse dieses Aktienindex fast verdreifacht – während die durchschnittlichen Löhne und andere Wirtschaftsindikatoren im Zuge der wirtschaftlichen Verschuldung stagnierten, die durch die Finanzkrise entstand.“ (188)

4. Finanzialisierung der Volkswirtschaft: „Heutzutage erzielen das Bankwesen und der Finanzsektor gut 40 Prozent aller Profite. […] das, was von den Unternehmensgewinnen übrig bliebt, wird immer öfter für Aktienrückkäufe und höhere Dividendenausschüttungen verwendet. […] Der Finanzkapitalismus gründet auf exponentiell wachsenden Schulden.“ (227) Durch den wachsenden Schuldendienst wird das Wachstum der Realwirtschaft verhindert. Das ist kein Kollateralschaden, das ist der Plan: Erhöhung der Schulden-Abhängigkeit. Wenn sich das Modell todläuft, dann kam es in früheren Zeiten zu einem Schuldenschnitt – die Gläubiger mussten „Haare lassen“ („haircut“). Heutzutage gibt es für die Mächte des Sektors nur einen Schuldigen, den Schuldner, dem dann umgehend ein Austeritäts-Plan vorgelegt wird. Hand in Hand mit der Vermögenspreisinflation geht die Schuldendeflation, das bedeutet: ab einem gewissen Zeitpunkt frisst der Schuldendienst einen großer Teil der Einnahmen, so dass kein Geld für Neuinvestitionen (oder im Privatbereich für Konsum) übrig bleibt. Die hohen Schulden bewirken Deflation in weiten Bereichen der Wirtschaft, nur die Vermögen (insbesondere Aktien- und Immobilien-Preise) steigen exponentiell.

5. Es ist „dem Finanzsektor gelungen, die Regierungspolitik in seine Gewalt zu bringen und den Industriekapitalismus dem Finanzkapitalismus sowie den mit ihm verbündeten Rentiers unterzuordnen. Das politische Problem besteht darin, dass Banker und Anleihegläubiger ihre Gewinne und Privilegien nicht verlieren wollen, selbst wenn sie die Volkswirtschaften dadurch in die Austerität zwingen. Denn nur so können sie die Schulden eintreiben, deren Entstehen sie selbst zu verantworten haben.“ (250) Hudson berichtet über scheinheilige Beteuerungen der Wall Street und City of London nach 2008, „dass niemand diesen Zusammenbruch hätte vorhersehen können. Eine nur zur Schau getragene Empörung. Die Banker und Hedgefonds-Manager hatten sehr wohl gewusst, was auf sie zukam, und in weiser Voraussicht eine politische Strategie entwickelt, um die Regierungen zu veranlassen, sie im Ernstfall mit staatlichen Rettungspaketen vor dem Ruin zu bewahren.“ (251) „Um sich für diesen Ernstfall die Unterstützung der Regierung zu sichern, leistete die Wall Street erfolgreiche Lobbyarbeit und postierte ihre Manager so, dass sie die Kontrolle über die Federal Reserve, das Finanzministerium, die wichtigsten Komitees im Kongress und die Europäische Zentralbank erlangte, die dann 2008 auch pflichtschuldigst das Geld der Steuerzahler nahmen und die Kreditgeber vor dem Untergang bewahrte.“ (256)

Die Zeit des Barack Obama war angebrochen. Details siehe: Obama + Renegat + Der Sektor

NACHSATZ: Dass Donald Trump wirklich der selbst ernannte Rächer der Enterbten ist, oder mehr noch als Obama ein Renegat, wird man bald prüfen können. Die Einschätzung von HTH: Trump wird niemals das Gewissen eines Renegaten quälen. Er hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass ihm das mickrige Einkommen des Präsidenten nicht interessiert, sondern lediglich die steigenden Einnahmen seiner Unternehmungen sowie die Kurse seiner Aktien, die nach der Wahl sprunghaft von 2,5 auf 5,7 Milliarden Dollar gestiegen sind: „Trump’s Net Worth Jumps After Nasdaq Listing“ (ganz nach Plan-Modell 1, wie von Hudson vorgestellt.)