Schiessler Roman: Wenn der Staat zum Täter wird - Missbrauch

Beitragsseiten

Der größte Teil des Buches behandelt andauernde kirchliche Gewalt und

Missbrauch

Schiessler vertritt als Anwalt Mitglieder der Plattform gegen kirchliche Gewalt. So hat er in vielen Fällen selbst erlebt, dass Kleriker im Strafrecht eine Sonderstellung einnehmen: „Die derzeitige Rechtslage in Österreich schreibt Vernehmungsverbote vor. (§ 155 StPO - Verbot der Vernehmung als Zeuge und § 320 ZPO). Durch diese prozessuale Regelung ist es dem jeweiligen Kleriker möglich, jedes kriminelle Treiben in der katholischen Kirche völlig legal im Rahmen eines Gerichtsverfahrens im Verborgenen zu halten und die Aussage zu verweigern. Er braucht sich nur auf das Beichtgeheimnis und somit auf das gesetzliche Vernehmungsverbot zu berufen und die Angelegenheit ist für ihn mehr oder weniger erledigt. Ob sein Wissen aus einer Beichte stammt oder nicht, spielt dabei ohnehin keine wesentliche Rolle, da es nicht überprüft wird und nicht überprüft werden kann. Eine diesbezügliche Kontrolle ist schon aus logischen Gründen auch nicht denkbar, da eine solche das Beichtgeheimnis und somit das Vernehmungsverbot selbst in Frage stellen würde. Eine Überprüfung ist somit unmöglich.

Solche Regelungen, in Anbetracht der weltweit bekannten Sexualverbrechen innerhalb der katholischen Kirche, aufrecht zu erhalten, dies auch bei Verfahren, welche Sexualverbrachen an Minderjährigen zum Gegenstand haben, ist in jeder Hinsicht verantwortungslos und ist nichts anderes als eine weitere gesetzliche Unterstützungsleistung für diese Straftaten. Es ist das Gleiche, wie bei der Verjährungsfrage. Auch hier werden diese Verbrechen durch das derzeit geltende Recht in diesem Bereich geschüzt und wird auf diese Weise ein rechtsfreier Raum geschaffen.

Bedauerlicher Weise ist aber festzuhalten, daß es keine einzige, seriöse, offizielle legistische Initiative gibt, diese Vernehmungsverbote neu zu definieren und aufgrund der offenkundigen Sexualverbrechen, begangen durch Kleriker, zu ändern.“ (Das Beichtgeheimnis und Sexualverbrechen).

In memoriam Sepp Rothwangl

Ein Missbrauchsopfer, das der Anwalt namentlich nennt, ist Sepp Rothwangl. „Eine Österreichische Familiengeschichte von Wiedergutmachung [genauer gesagt: fehlender Wiedergutmachung!]“ Die Großeltern wurden Opfer der NS-Euthanasie, Sepp selbst wurde im katholischen Internat Opfer sexueller Übergriffe von Klerikern! Die perfide Verlogenheit der Kleriker hat zur Entfremdung mit seiner alleinerziehenden Mutter geführt. Als Eigentümer eines Waldgrundstücks hat er später auf die Verbrechen der Kirche hingewiesen. DerStandard.at (16.5.2011) berichtet: „Von Geistlichen geführte Jugendgruppen dürfen nicht mehr ohne Eltern durch einen steirischen Wald nach Mariazell wallfahren.“

Sepp Rothwangl hat sich im Jänner dieses Jahres das Leben genommen. Der Artikel von Roman Schiessler ist bereits 2019 erschienen, kann aber als Nachruf gelesen werden: Die „Aufarbeitungs- und Bewältigungsindustrie [Anm. HTH: dazu zählt auch die „Klasnic-Kommission“, die nur die Interessen der Kirche vertritt] nimmt für sich in Anspruch eine Art Aufarbeitungs- und Bewältigungsmonopol zu besitzen für geschichtliche und/oder auch gegenwärtige Ereignisse, welche für eine Reihe von Personen massive persönliche Schäden nach sich gezogen haben. Die Geschädigten selbst spielen dabei aber keine Rolle. Sie sind Objekte dieser Selbstdarstellung Einzelner. Entschädigungen für die Opfer gemäß den allgemeinen privatrechtlichen Bestimmungen gibt es jedenfalls keine. Dies ist insofern wesentlich, denn im anderen Fall würde auch ein Stück der Macht dieses Aufarbeitungs- und Bewältigungsmonopols, welches man für sich beansprucht, aus der Hand gegeben wird. Die Macht und dieses Monopol reklamiert man ja für sich.“ Ausführlicher Nachruf siehe betroffen.at: Humanist, Aufklärer, Kalenderforscher: Sepp Rothwangl ist tot.

Sepp Rothwangl