Traibach: Planung und Wirklichkeit

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Der bislang unverbaute, naturbelassene Traibach in Langenwang / Steiermark, soll vor seiner Einmündung in die Mürz durch eine Staumauer die Bewohner von Krieglach vor Überschwemmungen schützen. Dieses Projekt wurde von der Landesregierung bereits bewilligt und soll zwischen Dezember 2024 und Dezember 2025 gebaut werden. Doch viele Fragen sind noch offen!

Beobachtungen von Hubert Thurnhofer, Schwöbing 37 (Juli 2024)

1. Die Prämissen für die geplanten Baumaßnahmen sind nicht geklärt. Es gibt Angaben über HQ30 und HQ100, die auf Computersimulationen basieren. Doch weder die Daten (Fixdaten und Variable), noch die Algorithmen wurden in den Unterlagen erklärt. Es wurde nur ein einziges Simulationsergebnis mit entsprechender (furchteinflößender) Grafik präsentiert.

1.1. Weder HQ30 noch HQ100 haben bisher stattgefunden (Quelle Franz Straßberger, verstorben 2019 mit 108 Jahren). Peter Winkler (ehemals Pension Winkler), dzt 86 Jahre alt, erinnert sich an Hochwässer 1948 und 1958, die damals einen Damm, der flussaufwärts von seiner Pension stand, durchbrochen haben. Ich selbst lebe seit 61 zuerst in Schwöbing 39 ab 1972 in Schwöbing 37 und habe vor über 55 Jahren eine kleine Überschwemmung erlebt. Insbesondere in den vergangen vier Jahren waren die Sommer von heftigen Regenfällen geprägt, ohne ernsthafte Gefahren für eine Überflutung des Traibachs.

2. Das Gutachten bezieht sich lediglich auf 600 Meter von der Mündung des Traibach in die Mürz bis zur Querstraße Haberl Richtung Straßberger. Die Gesamtbetrachtung des gesamten 10 Kilometer langen Traibach fehlt.

2.1. Der Traibach ist nach allen ökologischen Grundsätzen geradezu ein idealer, naturbelassener Bach. Vom Ursprung bis zur Einmündung unverbaut, fließt er nur durch Wiesen und Waldgebiete (mittlerweile kaum noch Monokulturen, sondern schon viele Mischwälder), wo auch die Erde gut aufnahmefähig ist. Zahlreiche naturbelassene Überschwemmgebiete, manche über hundert Meter lang und bis zu 50 Meter breit, können Wasser aufnehmen. Dies beweisen die massiven Regenfälle der vergangenen Wochen. Genaue Beobachtung des Traibach ergaben keine Gefahren von Überflutungen. Im Gegenteil, der Traibach zeigte nach häufigen Regenfällen im Sommer 2024 nur einmal einen stärkeren Anstieg.

3. Sogar die Betrachtungen der 600 Meter Traibach ab Mürz-Mündung haben Mängel.

3.1. Die Angaben über mögliche Überschwemmungen basieren offenbar auf veralteten Daten, denn seit meiner Volksschulzeit (1970er Jahre), als ich entlang des Baches täglich vorbei gegangen bin, hat sich der Bach deutlich eingetieft. Er fließt teilweise gut zwei Meter unter der Ebene des Ufers.

4. Die Mürz-Au wurde in den Betrachtungen nicht berücksichtigt.

4.1. Die Au, so wurde vielfach kommuniziert, ist nicht nur ein ökologisches Naherholungsgebiet, sondern auch Schutz vor Überschwemmungen in Krieglach. Im vorliegenden Plan fehlen jegliche Angaben über das Aufnahmevermögen im Falle einer Überflutung des Traibach.

5. Die nächste Umgebung wurde bei den Untersuchungen nicht berücksichtigt.

5.1. Was passiert, wenn der Platzregen nicht im Bereich Traibach, sondern im Bereich Kurze Illach nieder geht, die 50 Meter vor dem Traibach in die Mürz mündet? Die Gefahr, dass die Illach die Landstraße vor der Autobahn flutet, ist sicher höher, als durch den Traibach. Dieser Sachverhalt wurde nicht untersucht.

6. Nicht verifizierte Angaben über Auswirkungen auf die Siedlungsgebiete der Mürz.

6.1. Bezüglich Hochwasserausweisung Mürz (gemäß ABU Mürz 2008 wernerconsult) wird auf dem Einreichplan explizit festgehalten: „Die dargestellten Überflutungsflächen wurden im Zuge des Generellen Projektes Traibach ermittelt und wurden im Bereich der Mürz nicht verifiziert.

7. Best Practice / Worst Case.

7.1.Die Autobahn (Semmeringschnellstraße) wurde vor dem Freßnitzbaches mit einer gigantischen Staumauer geschützt. Dieser Staudamm konnte beim jüngsten Hochwasser 2024 aber die Ortschaft Freßnitz nicht schützen. Es stellt sich die Frage, wo Fehler in der Planung dieses Projektes waren, wenn am Ende solche Ergebnisse eintreten können. Und es stellt sich die Frage, was man aus diesen Fehlern für das Projekt Traibach lernen kann!

Zusammenfassung

Die Prämissen für die Planung wurden nicht offengelegt. Die historischen Fakten widersprechen den Annahmen von HQ30 und HQ100. Es gibt weder Angaben zu den Regenmengen, die zu den prognostizierten Überschwemmungen führen könnten, noch Angaben über das Fassungsvermögen der natürlichen Überschwemmungsgebiete entlang des Traibachs bis zu seinen Quellen.

Die technischen Angaben sollen offensichtlich die Gefahren als wissenschaftlich erwiesen ausgeben, die Annahmen, die diesen Berechnungen zugrunde liegen, wurden aber nicht offengelegt. Die ökologischen Fakten, die den Traibach in seiner gesamten Länge betrachten, wurden offensichtlich nicht berücksichtigt. Ökologisch verträgliche Befestigungen einiger Straßenstücke auf der Schotterstraße bis zum Almbauer, die bereits drohen einzubrechen, wären jedenfalls notwendiger als das „Jahrhundertprojekt“ Staudamm.

Abschließend stellt sich die Frage, ob das ganze Prozedere wirklich demokratischen Grundsätzen der Bürgerbeteiligung entspricht. Zunächst wurde von den Gemeinden Krieglach und Langenwang entschieden (aufgrund welcher Wahrnehmungen? Aufgrund welcher Interventionen?) eine Planung zu beauftragen. Dann wurden die fertigen Ergebnisse der betroffenen Bevölkerung präsentiert und das Projekt beim Land eingereicht. Nun liegen die Bescheide mit der Baufrist Dezember 2024 bis Dezember 2025 vor, aber keine Angaben darüber, wer diese Investitionen wie finanzieren soll.

Letztlich stellt sich die Frage: cui bono? 

Update 15. September 2024 - Nach vier Tagen Starkregen und Überschwemmungen in ganz Österreich zeigt der Traibach naturgemäß verschmutztes und reißendes Wasser, aber keinen starken Anstieg. Am Sonntag mittags, noch während es regnete, wurden die aktuellen Fotos aufgenommen. (Traibach 2024 09 15 a-c). Die Mürz dagegen war zu dem Zeitpunkt schon an vielen Stellen über die Ufer getreten (siehe Foto).

Ergänzung 26. September 2024 - Hochwasserschutz: Über Investitionen seit 2002 berichtet ORF.at (26.9.24) + + GeoSphere Austria, Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie (ehemals ZAMG) arbeitet an einer nationalen Schadens- und Ereignisdatenbank für Naturgefahren. Die Webseite und erste Ergebnisse des Projekts „Cesare“ sind bereits online.