Justiz 2023: Strafverschärfung - Kindesmissbrauch

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12. Oktober 2023 - (Parlamentskorrespondenz - APA / OTS 12.10.23) Justizausschuss: Einstimmigkeit für verschärfte Strafen für Kindesmissbrauchsdarstellungen + Kinderschutzpakete der SPÖ und der FPÖ vertagt

Wien (PK) - Für verschärfte Strafbestimmungen zu "bildlichem sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterial" oder ebensolcher Darstellungen minderjähriger Personen hat sich der Justizausschuss heute einstimmig für eine Regierungsvorlage der Justizministerin ausgesprochen. Die vorgeschlagenen Änderungen im Strafgesetzbuch umfassen neben der Neubezeichnung des Tatbestands (der bisher auf "Pornographische Darstellungen Minderjähriger" lautet) auch eine Erhöhung der Strafrahmen sowie die Einführung höherer Strafdrohungen in Bezug auf "viele" Abbildungen oder Darstellungen, was laut Erläuterungen einem Richtwert ab ca. 30 Tatobjekten entspricht. Anträge der SPÖ und der FPÖ für erweiterte Maßnahmen zum Kinderschutz wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Differenziert wird in der Regierungsvorlage zum Kindesmissbrauchsmaterial beim Ausmaß der Strafrahmen zwischen Besitz bzw. wissentlichem Zugriff im Internet gegenüber einer Herstellung und Weitergabe solcher Materialien (2208 d.B.). Bei Letzterem droht in definierten Fällen eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Im Fall des Besitzes von "vielen" Abbildungen oder bildlichen Darstellungen Minderjähriger ist ein Strafrahmen bis zu drei bzw. in jenen Fällen bis zu fünf Jahren vorgesehen, in denen es sich dabei auch oder ausschließlich um viele Abbildungen oder Darstellungen einer unmündigen Person handelt, also laut Justizministerin Alma Zadić für den Fall, dass die Tat besonders junge Kinder betrifft.

"Kein Kind darf Opfer werden", betonte die Justizministerin, dass der Schutz von Kindern vor Missbrauch und Gewalt für alle oberste Priorität habe. Das vorgelegte Kinderschutzpaket der Bundesregierung bestehe aus drei Säulen. Neben vorbeugenden Schutzmaßnahmen und verstärktem Opferschutz würde heute im Justizausschuss der Justizteil behandelt. Es sei unerlässlich, dass das Unrecht einer solchen Tat zur Geltung komme und dessen Stellenwert in der Gesellschaft mit erhöhten Strafrahmen gezeigt werde, betonte Zadić. Erweitert worden sei auch der Anwendungsbereich des Tätigkeitsverbots in Bereichen mit Kindern. Es betreffe künftig alle und nicht nur diejenigen Täter:innen, die mit Kindern gearbeitet haben. An Prävention werde es verpflichtende Kinderschutzkonzepte in Schulen sowie ein Qualitätssiegel etwa für Freizeitvereine geben, die ein Kinderschutzkonzept erarbeiten.

Selma Yildirim (SPÖ) sprach sich für das Paket aus, wiewohl es aus ihrer Sicht bundesweit mehr Maßnahmen zum Kinderschutz brauche, damit es zu möglichst keinem Missbrauchsfall mehr komme. Sie wies dazu auf die Forderungen des SPÖ-Antrags hin, sprach sich aber für die Regierungsvorlage zur Verdeutlichung des Unrechtsgehalts und im Sinne einer Generalprävention aus. Zum sogenannten "Sexting", wo Jugendliche untereinander Sexbilder produzieren, brauche es aus ihrer Sicht aber noch eine klare Trennung. Mit ihrem Antrag (3566/A(E)) forderte die SPÖ ein umfassendes Bundes-Kinderschutzgesetz und eine Reihe an zusätzlichen Maßnahmen. Dazu zählen unter anderem im Bereich Prävention und Sensibilisierung verpflichtende Kinderschutzkonzepte für alle Institutionen, Vereine und Einrichtungen, die mit Kindern arbeiten, sowie für den gesamten elementarpädagogischen Bereich.

Auch die FPÖ werde der Regierungsvorlage zustimmen, wiewohl man sich noch härtere Strafen gewünscht hätte, so Harald Stefan (FPÖ). Die FPÖ fordert mit ihrem Antrag (3605/A(E)) etwa ein lebenslanges Tätigkeitsverbot für Kindermissbrauchstäter überall dort, wo sie mit Minderjährigen und allen anderen schutzbedürftigen Personengruppen zu tun haben könnten. Außerdem brauche es unter anderem eine drastische Verschärfung der Mindest- und Höchststrafen bis hin zu lebenslanger Haft und einen lebenslangen Strafregistereintrag.

Agnes Sirkka Prammer (Grüne) wies ihrerseits auf ergänzende Maßnahmen aus dem Kinderschutzpaket der Bundesregierung wie etwa verpflichtende Kinderschutzkonzepte in Schulen bzw. die Zertifizierung von Freizeitvereinen hin. Dadurch müssten sich Vereine tatsächlich mit den Konzepten befassen - eine reine Verpflichtung wäre dort aus ihrer Sicht nicht ausreichend, meinte sie gegenüber der SPÖ. Mit der Erhöhung der Strafrahmen für Täter:innen werde jedenfalls der Unwert abgebildet, den die Gesellschaft solchen Taten beimisst. Johanna Jachs (ÖVP) zufolge sind die Verurteilungen und Anzeigen in diesem Bereich in den letzten zehn Jahren massiv gestiegen. Umso wichtiger sei es, die Strafverschärfungen heute zu beschließen. Auch für die Ausweitung des Tätigkeitsverbots wie es jetzt erfolge sei es höchst an der Zeit. Eine Forderung der FPÖ nach einem Verbot von Kindersexpuppen würde das Ministerium derzeit gerade prüfen.

Johannes Margreiter (NEOS) schloss sich Yildirim an, dass man Probleme schon viel früher und über das Strafrecht hinaus angehen müsse - im Sinne von Prävention, wie Nikolaus Scherak (NEOS) ausführte. Das Kinderschutzpaket sei ein erster Schritt in diese Richtung und werde von den NEOS begrüßt. In der Regierungsvorlage heute werde der Unrechtsgehalt der Taten widergespiegelt und damit ein Wertungswiderspruch aufgelöst, so Scherak. Die Verschärfung des Tätigkeitsverbots sei ein wesentlicher Punkt, meinte Margreiter. Allerdings widersprach er der FPÖ insofern, dass aus seiner Sicht Straftäter:innen auch die Möglichkeit einer Resozialisierung bleiben müsse. Beim "Sexting" sieht er noch legistischen Handlungsbedarf für den Fall, wenn Jugendliche untereinander "nur Blödsinn machen".

Justizministerin Zadić erläuterte, dass zusätzlich auch andere Ansätze - etwa für eine raschere Strafverfolgung im Internet - gewählt würden. Es mache einen gewaltigen Unterschied im Sinn der Abschreckung, wenn Daten rasch ausgewertet werden können und es rascher zur Anklage komme. Was "Sexting" betrifft werde es einen Erlass geben, um klarzustellen, dass in solchen Fällen von einer Strafverfolgung Jugendlicher abzusehen sei.

Annahmeerklärung für Beitritte Tunesiens und der Philippinen zu zivilrechtlichem Kindesentführung-Übereinkommen

Einstimmigkeit gab es im Justizausschuss auch für die Erklärung der Republik Österreich zur Annahme der Beitritte Tunesiens und der Philippinen zum "Haager Übereinkommen" über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (2135 d.B.). Das multinationale Abkommen hat eine Erleichterung der Zusammenarbeit in Fällen internationaler Kindesentführungen zum Ziel. Durch die Abgabe der österreichischen Annahmeerklärung wird das Übereinkommen auch zwischen Österreich und Tunesien sowie zwischen Österreich und den Philippinen anwendbar, wie Justizministerin Zadić erläuterte.