ad 1: "Alle Politiker sind korrupt"
Laut jüngster Integral-Studie beantworten 59 Prozent der Österreicher die Frage "Welcher Politiker hat die besten Lösungen für Österreich?" mit: keiner. Abgefragt wurden Nehammer, Kogler, RendiW, Kickl und MeinlR. Auf Parteien bezogen beantworten diese Frage 41 Prozent mit: keine! Das entspricht der weit verbreiteten Überzeugung, dass Politiker grundsätzlich korrupt sind. Korruption an der Spitze des Systems kommt immer irgendwie ans Licht der Öffentlichkeit, so wird das Ablaufdatum von Spitzenpolitikern immer kürzer.
Seit dem Rücktritt von Sebastian Kurz im Oktober 2021 sind weitere "Schachfiguren" aus dem ÖVP-Kabinett gefallen. Hier die Chronologie der Rücktritte der Regierungen Kurz II (die immerhin 643 Tage dauerte, eine Steigerung von 117 Tagen im Vergleich zu Kurz I"), Schallenberg (56 Tage) und Nehammer (vermutlich bis zum Ende der Legislaturperiode).
20.5.2020 Ulrike Lunacek (Grüne), Staatssekretärin für Kunst
9.1.2021 Christine Aschbacher, Ministerin für Arbeit, Jugend, Familie
13.4.2021 Rudolf Anschober, (Grüne) Gesundheitsminister
9.10.2021 Sebastian Kurz, Bundeskanzler
2.12.2021 Gernot Blümel, Finanzminister
Zur Lage der Nation 2021 stand geschrieben: "Gernot Blümel, der Superman des Finanzministeriums, der über Nacht 38 Milliarden zur Rettung Österreichs aus dem Ärmel geschüttelt hat, der einen Anstieg der Staatsschulden um mindestens 50 Milliarden aufgrund entgangener Steuern zu bewältigen hat und ganz nebenbei noch Zeit findet, in Wien für das Amt des Bürgermeisters zu kandidieren, dieser Superman aus der Freunderlpartie rund um Kurz, kann diesem Land nur noch einen guten Dienst erweisen: seinen Rücktritt!" Am 2. Dezember 2021 ist er mit dem Ausspruch "Es war mir eine Ehre" von allen Ämtern zurückgetreten. Es ist seither auffällig still um ihn geworden. Dass Blümel als Finanzminister im IBIZA-Skandal Informationen zurück gehalten hatte, und (erstmalig in der Geschichte!) diese (natürlich digital verfügbaren) erst nach einer Bundesexekution auf Papier in 204 (!) Aktenordnern auslieferte - das ist offenbar schon in Vergessenheit geraten.
6.12.2021 Heinz Faßmann, Bildungsminister
6.12.2021 Michael Linhart, Außenminister
6.12.2021 Alexander Schallenberg, Außenminister, Bundeskanzler (retour als Außenmnister)
6.12.2021 Karl Nehammer, Innenminister (befördert zum Bundeskanzler)
3.3.2022 Wolfgang Mückstein, (Grüne) Gesundheitsminister
9.5.2022 Margarete Schramböck, Ministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
9.5.2022 Elisabeth Köstinger, Ministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
Dazu kommen noch die Rücktritte der ÖVP-Landeshauptmänner der Steiermark (Hermann Schützenhöfer am 3.6.2022) und Tirols (Günther Platter, 13.6.2022). Rücktritte wegen Inkompetenz, Hilflosigkeit, Panik, oder wegen einem besonderen Naheverhältnis zu Kurz und seiner Buberl- und Mäderlpartie?
Der ÖVP-nahe Kurier stellt am 23.10.2022 die Sonntags-Frage: "Sind wir wirklich so?" und findet ausnahmsweise die treffenden Headlines: "Medien und Politiker sind eng verbandelt + Die Reichen können es sich richten + Österreich ist von Parteienfilz durchzogen".
Die zentrale Frage lautet demnach am Nationalfeiertag 2022: wie kann man das verfilzte System ÖVP, das nicht erst seit Kurz und Co seine Auswüchse zeigt, neutralisieren? Die ÖVP ist ein System mit 600.000 Mitgliedern! Im Vergleich dazu: die SPÖ hat 180.000, die FPÖ 60.000, Grüne gerade mal 7.000, MFG 4.000, NEOS 2.700, KPÖ 2.500 Mitglieder. Wenn man dazu hunderte Parteien rechnet, die keine Sitze in einem Landes- oder im Bundesparlament haben (manche sind immerhin in Gemeinderäten vertreten), so sind schätzungsweise 900.000 Bürger dieses Landes Mitglied einer Partei, zwei Drittel davon bei der ÖVP. Daraus kann man den Schluss ziehen: Die laufenden Rücktritte von ÖVP-Spitzenfunktionären dienen dazu, ein System, das an allen Ecken und Enden kracht, mit immer neuen Systemträgern zu verstärken. Der Austausch von Kadermitgliedern dient nicht der Bereinigung des Systems, sondern der Systemerhaltung! (Quellen: ORF.at und wikipedia.org)