ORF. Landkrimi. Bildungsauftrag?

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18. April 2023 - Wer nach "ORF-Bildungsauftrag" sucht, wird fündig: beim ORF. Am 28.11. 2017 wurde die Public-Value-Jahresstudie 2016 "Der Auftrag: Bildung im digitalen Zeitalter", die der ORF gemeinsam mit dem Bayerischen Rundfunk beauftragte, vorgestellt. Als "Labor der Demokratie" bezeichnet sich der ORF in dem Kontext. Understatement für diese Behörde sui generis, die demokratische Entwicklungen durch ihre Berichterstattung oder Nicht-Berichterstattung massiv beeinflusst, wie die letzte Bundespräsidentenwahl gezeigt hat.

In aufgeblasenem Akademikerstil deklamieren die Studienautoren: "Erkenntnisinteresse des Studienprojektes ist es, Grundlagen für eine Neubewertung des bestehenden Bildungsauftrags des ORF und des BR unter Berücksichtigung neuer Herausforderungen zu liefern, diese im Kontext der digitalen Welt zeitgerecht zu definieren sowie neue Perspektiven und Zielorientierungen zu entwickeln."

Seither sind mehr als sechs Jahre verstrichen und hier und heute bekommen wir eines der Entwicklungs-Ergebnisse serviert. In einem ganzseitigen Inserat in der Kronenzeitung (andere Zeitungen wie die "Kleine Zeitung" müssen sich mit kleineren und somit billigeren Anzeigen zufrieden geben) scheut der ORF keine Mühen und Mittel, um UNS folgendes Bildungsprogramm schmackhaft zu machen. "ORF1, ORF.WIE.WIR, LandKrimi Steiermark Streirerangst, Premiere heute 20:15, echt.fesselnd."

ORF Landkrimi 2023 04 18

Auf welcher Rechtsgrundlage verwendet der ORF das Geld von GIS-Gebührenzahlern, um Sendungen, die nicht den geringsten Bildungs-Anforderungen und -Ansprüchen gerecht werden, zu bewerben? Und: In welchen Medien (bitte um vollständige Aufzählung) hat ORF den heutigen LANDKRIMI beworben und wie hoch waren die Gesamtkosten für diese Werbemaßnahmen?

ethos.at hat am 18. April nachgefragt und wartet auf die Antwort! Am 4. Mai 2023 erhielten wir folgende "Antwort":

Sehr geehrter Herr Mag. Thurnhofer,

vielen Dank für Ihr E-Mail. Zu Ihrem Anliegen haben wir bei den entsprechenden Stellen für Sie angefragt. Wenn uns konkrete Informationen erreichen, werden wir uns selbstverständlich erneut bei Ihnen melden. Bis dahin müssen wir Sie noch um etwas Geduld bitten.

Freundliche Grüße, Stefan Kranzer

ERGÄNZUNG 18. Mai 2023: Antwort des ORF

"Landkrimis" werden übrigens auch massiv auf youtube beworben! So bekommen beispielsweise Seher eines Historienfilms, der nichts mit Österreich und nichts mit Krimis zu tun hat, ungefähr zehn mal einen Trailer des Landkrimi Steirerangst eingeblendet. Am Ende wird damit das Angebot von Filmmit beworben. Abgesehen davon, dass 10x das gleich Werbe-Sujet innerhalb von eineinhalb Stunden keine Werbewirkung erzeugt, sondern das Gegenteil, ist die Frage zu stellen, ob Werbung für eine selbstständige GmbH direkt mit Geldern des ORF finanziert werden darf!

Es braucht eine ganze Kompanie von Universitätsprofessoren, um uns zu erklären, dass der ORF mit seinem Bildungsauftrag unersetzlich ist: Hartmut Rosa von der Universität Jena: "Bildung ist gerade im digitalen Zeitalter ein Demokratieauftrag. Öffentlich-rechtliche Medien müssen allen Schichten ein Angebot machen, miteinander zu kommunizieren. Das können private Medien nicht leisten."

Anmerkung ethos.at: Was genau angeblich "private Medien nicht leisten können", das erfährt man am besten in der ORF-Jubelmeldung über die ORF-Marktanteile. vom 2.1.2023.

Konrad Paul Liessmann: "Facebook und andere soziale Medien können im Internet nicht ausreichend bereitstellen, was es für eine Demokratie braucht."

Katharine Sarikakis von der Universität Wien: "Den Bildungsauftrag zu erfüllen, bedeutet auch unbequem zu sein. Öffentlich-rechtliche Medien haben die Chance, Demokratie als Lernprozess zu etablieren."

Der Berliner Mediensoziologe Volker Grassmuck: "Die europäische Jugend US-Konzernen auszuliefern, ist politisch fahrlässig. Es braucht Medien, die weder kommerzielle noch parteipolitische Interessen verfolgen."

"Weder kommerzielle noch parteipolitische Interessen" - das trifft natürlich auf jede/n einzelne/n ORF-Mitarbeiter/in zu, bis hinunter zu den Portier/innen. Ende der Ironie. Der Österreichische Regierungs Funk ist derartig parteipolitisch, dass man - in Analogie zu einem aktuellen Volksbegehren - nur noch fordern kann: ORF muss weg!

Ergänzung 29.4.23 - Erst diese Woche hat ethos.at einen Bericht der OÖN über die gesamten Werbeausgaben der "öffentlichen Hände" Österreichs gefunden. Der ORF scheint auf der Liste, die quaralsweise von RTR publiziert wird, sowohl als  Nehmer, als auch Geber von Werbemillionen auf. Laut OÖN hat er 14,6 Millionen Euro für Werbung ausgegeben und 25.5 Millionen eingenommen - nur von "öffentlichen Händen" wohlgemerkt, zusätzlich zu rund 600 Millionen Gebührenfinanzierung.

Empfänger der ORF-Werbeausgabe sind österreichs Tageszeitungen aber auch Youtube! So bekommen beispielsweise Seher eines Historienfilms, der nichts mit Österreich und nichts mit Krimis zu tun hat, ungefähr zehn mal einen Trailer des Landkrimi Steirerangst eingeblendet. Am Ende wird damit das Angebot von Filmmit beworben. Abgesehen davon, dass 10x das gleich Werbe-Sujet innerhalb von eineinhalb Studnen keine Werbewirkung erzeugt, sondern das Gegenteil, ist die Frage zu stellen, ob Werbung für eine selbstständige GmbH, auch wenn diese eine 100-prozentige ORF-Tochter ist, direkt mit GIS-Geldern des ORF finanziert werden darf!