Roberts John Morris: Der Triumph des Abendlandes - Moral

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Moral

"1749 setzte die Akademie von Dijon einen Preis für einen Essay über die Frage aus, ob die Wiederbelebung der Wissenschaften und Künste der Moral zugute gekommen sei." Den Preis erhielt wohl der einzige Autor, dessen Antwort negativ ausfiel: Jean Jacques Rousseau. 1762 veröffentlichte er Du contrat social ou principes du droit politique und Émile ou De l’éducation. "Durch diese Bücher und Schriften wurde er zu einem der einflußreichsten Männer, die je gelebt haben. [...] Der Schlüssel zum Denken und zum Standpunkt Rousseaus liegt in der Tatsache, daß er der Philosoph des moralischen Gefühls war. Nach seiner Auffassung konnten persönliche, soziale, pädagogische und politische Entscheidungen nicht gerechtfertigt werden, wenn sie ihre Wurzeln nicht in den Impulsen eines guten Motivs und eines guten Gefühls hatten. Es kam nicht auf das Tun an, sondern auf das Motiv des Handels. [...] Rousseau war auch der Apostel einer neuen Art von kollektiver, sozialisierender Moralität." (S 253)

"Die Menschen in anderen Teilen der Welt, die alle abendländischen Europäer ohne Rücksicht auf deren Nationalität 'Franken' oder 'feringi' nannten, waren der Wahrheit näher, als sie ahnten: Sie brachten zum Ausdruck, daß das, was die Abendländer miteinander verband, nämlich eine bestimmte Haltung, mehr wog als das, was sie trennte." (S 260)

"Die Fortschrittsidee förderte einen verweltlichten missionarischen Eifer. Der Glaube, den zu verbreiten moralisch geboten war, war nicht einfach der Glaube an das Kreuz, sondern ein Glaube an westliche, wie selbstverständlich als allgemeingültig verstandene Werte und an die wirtschaftliche Wohltätigkeit der westlichen Kultur."

"Der moralische Universalismus erhielt [im Laufe des 19. Jahrhunderts] starke Unterstützung durch das wachsende Bewußtsein der materiellen Überlegenheit..." (S 316)