Roberts John Morris: Der Triumph des Abendlandes - Glaube

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 Glaube

"Kolumbus muss , ebenso wie die alten Griechen, von der Kugelgestalt der Erde überzeugt gewesen sein." (S 189) Anm TH: Man könnte auch sagen, dass Kolumbus daran geglaubt hat, zumal damals keine empirischen Erkenntnisse darüber vorhanden waren.

"Noch lange nach 1700 wurden in vielen europäischen Ländern Männer und Frauen verbrannt, ertränkt oder gelyncht, weil sie angeblich mit den Schwarzen Künsten vertraut waren. [...] Innerhalb der letzten 500 Jahre entwickelte das Abendland eine völlig neue Mentalität. Diese steigerte nicht nur die Fähigkeit der europäischen Kultur, neue Gedankengänge zu entwickeln, neue Möglichkeiten ins Auge zu fassen, sondern vermittelte dieser Kultur auch ein neues Selbstverständnis." (S 235)

Anm TH: Der Aberglaube ist nicht die Rückseite des Glaubens, sondern die Abkehr vom Glauben, bzw Reduktion des Glaubens auf einzelne Glaubenswahrheiten wie den Kampf gegen das Böse, das sich angeblich in Hexen personifiziert. Die Aufklärung verhalf einem neuen Glauben zum Durchbruch, der sich heute immer öfter als Aberglaube entlarvt: die Wissenschaftsgläubigkeit. Roberts hat diese Entwicklung noch nicht gesehen:

"Die Wissenschaft hat der Menschheit auch einen neuen Glauben gegeben, eine Tatsache, die sich sehr wohl als ihr entscheidendster Einfluß auf die nicht-westliche Welt wie auch auf den Westen selbst erweisen könnte." (S 237)

"Die entscheidende Veränderung bei der Ausformung des modernen Denkens bestand darin, daß die Anschauung, die Welt sei wesenhaft rational und erklärbar, wenn auch wunderbar und kompliziert, immer weiter um sich griff." (S 242) Anm TH: Die Begriffe Anschauung, Wahrnehmung, Vorstellung, Vorstellungskraft, Idee usw sind Schlüsselbegriffe von Immanuel Kants "Kritik der reinen Vernunft", die Roberts als Historiker offenbar nicht reflektiert hat. So wäre hier die Formulierung "der Glaube, die Welt sei wesenhaft rational und erklärbar..." treffender gewesen, entsprechend der Formulierung, die Roberts einleitend verwendet: "Die Kultur dieser Welt hatte ihr Fundament im Glauben an die vernünftige, objektive Intelligenz". (S 9)

"Von etwa 1450 an war die Geschichte Europas und jener Welt, die es in Übersee geschaffen hatte, nicht nur einfach eine Geschichte des Wandels gewesen, sondern die eines Wandels, der sich beschleunigte und, sich in immer rascherer Gangart ausbreitend, auch andere Kulturen verändert. [...] Der Fortschritt war eine Sache des Glaubens geworden, lange bevor grundlegende Verbesserungen im sozialen Bereich feststellbar wurden."