Blom Philipp: Die zerrissenen Jahre - Antisemitismus

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"Während der 1920er Jahre war die Debatte über 'arische Physik' in vollem Gange. Einer der wichtigsten Exponenten war der Nobelpreisträger Philipp Lenard, der in seinem vierbändigen Werk 'Deutsche Physik' (1936) erklärte: "[....] Von einer Physik der Neger ist noch nichts bekannt; dagegen hat sich sehr breit eine eigentümliche Physik der Juden entwickelt, die nur bisher wenig erkannt ist. [...] Dies war mehr als nur ein wissenschaftlicher Disput: Es war ein moralisierender Kreuzzug gegen intellektuelle Freiheit und spekulative Kreativität, für die herausragende jüdische Wissenschaftler standen. Lenard war nicht allein mit seinem fanatischen Antisemitismus." (158f)

[Anmerkung: die Einordnung des folgenden Zitats im Kontext "Antisemitismus" ist eine gezielte Provokation der Autoren der "Antisemitismusstudie 2022", die derartige Aussagen ohne historischen oder zeitgeschichtlichen Bezugsrahmen a priori als "antisemitisch" einstufen.] "Knapp 200.000 Juden lebten in Wien ... Sie stellten zehn Prozent der Stadtbevölkerung, aber die privilegierte Stellung, die Bildung schon immer für sie gespielt hatte ... führten dazu, dass sie in Gymnasien und an den Universitäten bald überproportional stark vertreten waren und fast die Hälfte der Wiener Journalisten, Anwälte und Ärzte stellten. ... Die Juden gehörten zu den Gewinnern der Moderne, ihnen ging es prächtig in der neuen Welt, ... " (251)

"Angeführt Von Hans Karl Leistritz, ... plante die nationalsozialistische Studentenorganisation eine große Kampagne gegen die Werke der Schriftsteller, Wissenschaftler und Akademiker, die sie nicht für ausreichend deutsch hielten, ... präsentierten sich die Studenten als die legitimen Erben Martin Luthers und erstellten eine Liste mit 'Thesen wider den undeutschen Geist' .... [Zitat daraus:] Der Jude, der nur jüdisch denken kann, der aber deutsch schreibt, lügt. ... Jüdische Autoren, forderte das Thesenpapier, sollten nur noch auf Hebräisch schreiben dürfen." (372)

"Während der alte Komponist [Richard Strauss] seine NS-Uniform, die er zu offiziellen Anlässen tug, aus einer im Grunde unpolitischen Haltung heraus überstreifte, war der 49-jährige Philosoph Martin Heidegger tatsächlich von der nationalsozialistischen Ideologie fasziniert und erhoffte sich von ihr eie Erneuerung der Zivilisation. ... 1933 war er der NSDAP beigetreten." (381)

"Der Einfluss der Nazis auf die Kultur reichte weit über die Landesgrenzen hinaus, wie der Historiker Ben Urwand in seinem Buch 'The Collaboration: Hollywood's Pact with Hitler (2013) gezeigt hat." (385)

"In Paris wurde die elegante, glamouröse 'Lost Generation' ... durch eine andere, weniger moderne, dafür nervösere Gruppe ersetzt. Es entstand ein 'Klein-Deutschland' ... Für Flüchtlinge, die kaum etwas von ihrem Besitz hatten retten können, war es besonders schwer, an legale Papiere zu kommen. Diejenigen, die ohne Dokumente ins Land gekommen waren, gerieten oft in eine kafkaeske Situationen, wenn sie gefasst und ausgewiesen wurden. Ohne Pässe konnten sie nicht über die Grenze, und ihr Verbleib in Frankreich wurde von manchen Behörden als flagranter Gesetzesbruch angesehen." (424)

"Die amerikanischen Einwanderungsbehörden reagierten eher auf das innenpolitische Klima als auf die internationale Krise und hatten Anweisungen, allen Migranten ohne notwendigen wirtschaftlichen Mittel den Zutritt zu den USA zu verwehren oder sie notfalls auch zu deportieren. Ein zusätzliches Problem für viele Flüchtlinge waren die deutlich antisemitischen Tendenzen im Einbürgerungsprozess." (427)

"Zionistische Jugendorganisationen und Sportvereine hatten vielen Juden die Möglichkeit geboten, der fortschreitenden Ausgrenzun in ihren Gesellschaften etwas entgegenzusetzen wenngleich sie Kritikern zufolge damit derselben nationalistischen Logik folgten, die in Europa herrschte." (434)