Dichand im Visier der WKStA - WKStA Pressemeldung

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Pressemitteilung der WKStA zum CASAG-Verfahrenskomplex

1. Zu den am 30. März 2023 durchgeführten Hausdurchsuchungen bzw Sicherstellungen aufgrund neuer Verdachtsmomente 

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat gegen Sebastian KURZ und 8 weitere Beschuldigte sowie einen Verband weitere Ermittlungen, und zwar wegen des Verdachts der Untreue gemäß § 153 Abs 1 und 3 StGB, der Bestechlichkeit gemäß § 304 Abs 1 teils 2 StGB und der Bestechung gemäß § 307 Abs 1 teils 2 StGB in unterschiedlichen Beteiligungsformen, gegen 2 Beschuldigte auch wegen des Verdachts des Missbrauchs der Amtsgewalt gemäß
§ 302 Abs 1 StGB eingeleitet.

Aufgrund der sich aus den Ermittlungsergebnissen im CASAG-Verfahrenskomplex, insbesondere aus den bisher von der Akteneinsicht ausgenommenen Teilen der Vernehmungen des ehemaligen Generalsekretärs des Bundesministeriums für Finanzen (BMF), ergebenden weiteren Verdachtslagen fanden am 30. März 2023 Hausdurchsuchungen bzw Sicherstellungen an mehreren Unternehmensstandorten in Wien statt. Zudem stellte die WKStA Amtshilfeersuchen an zwei Bundesministerien. Die Hausdurchsuchungen wurden gerichtlich bewilligt. Die Fachaufsicht wurde informiert. Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) hat die Durchsuchungen und Sicherstellungen vollzogen, wobei Oberstaatsanwält:innen der WKStA mit Unterstützung von IT-Experten der Justiz die Amtshandlungen an allen Standorten leiteten.

Inhalt der weiteren Ermittlungen ist der Verdacht einer strafrechtlich relevanten Vereinbarung zwischen Amtsträgern der Republik Österreich sowie insbesondere zwei österreichischen Medienunternehmen unter anderem über strafrechtlich relevante Inseratenschaltungen des BMF in 2 österreichischen Tageszeitungen sowie weiteren diesen Zeitungen zuzurechnenden Medien. Laut dieser Vereinbarung sollte im Gegenzug für diese Inseratenschaltungen journalistisches Wohlwollen in der Berichterstattung erzielt und Einfluss auf die redaktionellen Teile auch dieser Medien ermöglicht werden. Zudem sollten österreichische Amtsträger im Interesse einer Medienunternehmerin Einfluss auf Änderungen des Privatstiftungsgesetzes nehmen. 

Darüber hinaus sollen Amtsträger der Republik Österreich Inseratenschaltungen in erheblichem Umfang entgegen den Interessen der Republik Österreich und ohne konkretes allgemeines Informationsbedürfnis in Auftrag gegeben haben. Diese Schaltungen sollen vielmehr neben den oben dargestellten Zielen etwa der Verschleierung der bereits seit Oktober 2021 bekannten (nach der Verdachtslage) korruptiven Vereinbarung mit einem
anderen Medium und der Vermarktung politischer Inhalte gedient haben. 

Der ehemalige Generalsekretär des BMF soll einem Abteilungsleiter des BMF als Belohnung für die Inseratenschaltungen die Bestellung zu einem Staatskommissär versprochen und diesen in weiterer Folge auch auf diese Position ernannt haben. In diesem weiteren Verfahrensstrang werden die im Zuge der Ermittlungsmaßnahmen sichergestellten Beweismittel gesichtet und ausgewertet und weitere darauf fokussierte Ermittlungen durchgeführt. Der konkrete Schaden ist noch Gegenstand des laufenden Ermittlungsverfahrens. 

Wir ersuchen um Verständnis, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund des Vorliegens einer Verschlusssache und der laufenden Ermittlungen keine weiteren Details zum Verfahren und den Verfahrensbeteiligten bekannt gegeben werden können.

2. Übersicht zum Stand des CASAG-Verfahrenskomplexes

Die WKStA führt im Zusammenhang mit dem CASAG-Verfahrenskomplex bisher gegen rund 45 Beschuldigte (natürliche Personen und Verbände) Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue gemäß § 153 Abs 1 und 3 StGB, der falschen Beweisaussage gemäß § 288 StGB, des Missbrauchs der Amtsgewalt gemäß § 302 Abs 1 und 2 StGB, der Bestechlichkeit gemäß § 304 Abs 1 und 2 StGB, der Bestechung gemäß § 307 Abs 1 und 2 StGB und der Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäß § 310 StGB, in unterschiedlichen Beteiligungsformen. 

Es wird ua dem Verdacht nachgegangen, dass von Verantwortlichen eines Glücksspielunternehmens Amtsträgern der Republik Österreich korruptionsstrafrechtlich relevante Vorteile für die parteiische Vergabe von Glücksspiellizenzen und die wohlwollende Unterstützung bei regulatorischen Glücksspielbelangen zugesagt worden seien. Zudem wird der Vorwurf der Untreue im Zusammenhang mit der Abberufung von zwei früheren
Vorstandsmitgliedern der Casinos Austria AG geprüft. 

In der seit Oktober 2021 bekannten Inseratencausa werden gegen 10 Beschuldigte sowie drei Verbände Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue, Bestechlichkeit und der Bestechung geführt. Gegen 2 Beschuldigte wurde im November 2022 beim Landesgericht für trafsachen Wien eine Anklageschrift wegen der Vergehen der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Vergabeverfahren (§ 168b Abs 1 StGB) und des schweren Betruges (§§ 146,
147 Abs 2 StGB) eingebracht. Gegen eine weitere Beschuldigte wurde das Verfahren teils (vorläufig) mit Diversion bzw mit Teileinstellung beendet. Es gab in diesem Verfahrenskomplex bisher rund 40 gerichtlich bewilligte Hausdurchsuchungen samt Sicherstellungen, rund 30 Sicherstellungsanordnungen außerhalb einer Durchsuchung sowie 2 Festnahmen. Bislang wurden zudem 2 Kronzeugenanträge gestellt, wovon über einen bisher nicht entschieden wurde. 

Der Gesamtkomplex beinhaltet ca 140 Akten. Allein der zentrale Akt besteht aus etwa 3700 Aktenstücken, sogenannten Ordnungsnummern mit insgesamt rund 417.000 Seiten. Selbst das Tagebuch, also die interne Dokumentation des staatsanwaltschaftlichen Handelns, umfasst rund 13.500 Seiten. Alleine im Hauptakt wurden bis heute rund 150 Berichte an die vorgesetzten Behörden verfasst, rd 30 Terrabyte an Rohdaten sichergestellt, die von den Oberstaatsanwält:innen und Expert:innen der WKStA ausgewertet und analysiert werden.