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Gerhard Mangott, "Russland, Ukraine und die Zukunft"(Brandstätter Verlag, 22 Euro, 176 Seiten) Über die Wurzeln des Konflikts und mögliche Zukunftsszenarien. Ausführliches Interview in NEWS.at (15.2.24)

NEWS: Ist Europa der große geopolitische Verlierer dieses Kriegs!

Mangott: Ja, zweifellos. Europa ist der große Verlierer dieses Kriegs. Aus vielerlei Gründen: Wir erleben eine signifikante ökonomische und technologische Entkoppelung zwischen der Europäischen Union und Russland. Das Handelsvolumen ist drastisch zurückgegangen. Die Europäische Union tut recht daran, sich von russischen Energieträgern unabhängig zu machen. Aber dieser Weg hat erstens dazu geführt, dass aus alternativen Quellen zum Teil teurere Energie angekauft werden muss. Es werden Energieträger genutzt, die bei den Vorläufer-Emissionen von CO2 wesentlich schlechter abschneiden als das Erdgas, das wir aus Russland bekommen haben. Und, am wichtigsten, hohe Energiekosten führen dazu, dass die europäische Industrie - vor allem im Vergleich mit der US-amerikanischen Industrie - an Wettbewerbsfähigkeit verliert. Das ist auch eine Folge dieses Kriegs und ist für den Industriestandort Europa sicherlich nachteilig.

Michail Chodorkowski schreibt in seinem neuen Buch "Wie man einen Drachen tötet – Handbuch für angehende Revolutionäre": "Eine Zeit der Wirren und Regierungslosigkeit könnte für Russland ein noch übleres Regime zur Folge haben als das Putin'sche".  DerStandard.at hat am 18.2.23 einen Auszug publiziert. + Vorwort des Buches auf amazon.de Buchbesprechung auf ethos.at

Hubert Seipel, Putins Macht. Das Buch sollte besser "Putins Ohnmacht" heißen. Das Buch erhielt Ende 2023 neue Aktualität, als aufflog, dass der Autor von Russischer Seite für die Erfüllung seiner Mission rund 600.000 Euro erhalten hat.

Thomas Röper: PUTINS PLAN. Mit Europa und den USA endet die Welt nicht. Wie das westliche System sich gerade selbst zerstört und was Russland wirklich will.

In der Ukraine findet ein Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Russland statt. Dabei geht es nicht um die Verteidigung der Ukraine, das Land ist "nur" das bedauernswerte Opfer in dem offen ausgebrochenen Krieg der Systeme. Uns wird erzählt, der Westen verteidige dort Demokratie und Menschenrechte. Aber wie steht es im Westen um Demokratie und Menschenrechte? Die Menschen im Westen erleben immer mehr Einschränkungen ihrer Freiheit, angefangen bei Sprachverboten über das absehbare Verbot von Bargeld bis hin zu kompletten Ausgangssperren und dem Verlust des in Jahrzehnten erarbeiteten Wohlstandes. Ist das westlich-neoliberale System wirklich demokratisch? Wurden die Bürger gefragt, ob sie all das wollen, ob sie zu Gunsten des neoliberalen Globalismus auf ihren Wohlstand und ihre Freiheiten verzichten wollen? Wir erleben nichts weniger als den Kampf zweier Systeme, in dem Vladimir Putin der Welt eine Alternative zum neoliberalen Globalismus anbietet. Wofür steht der westliche Neoliberalismus wirklich? Was steckt wirklich hinter all den schönen Worten, mit denen Politik und Medien den neoliberalen Globalismus und seine „Werte“ als alternativlos bezeichnen? Und welche Alternative bietet Vladimir Putin der Welt an? Der Frage, worum es in dem Endkampf der Systeme - den wir gerade erleben - wirklich geht, gehen wir in diesem Buch nach. Ein Mann steht den westlichen Eliten im Weg, weil er sich gegen ihre Pläne stellt: Vladimir Putin.

Mathias Bröckers erklärt in seinem neuen Buch, "Warum ich gegen Krieg, aber noch immer 'Putinversteher' bin". Das Buch "Vom Ende der unipolaren Welt" ist im Oktober 2022 im Verlag fifty-fifty erschienen. Schon 2014 schrieb der Autor zusammen mit Paul Schreyer den Bestseller "Wir sind die Guten" über die Hintergründe der Krimkrise und des Ukraine-Konflikts. Die Medien, so Bröckers These, mutierten von Berichterstattern regelrecht zu einer Art Kriegspartei. Bröckers hält mit Notizen vom Ende der unipolaren Welt dagegen. Denn wir sind schon wieder "die Guten" und Russland samt Putin "das Ultraböse" schlechthin. Doch mit der Wirklichkeit hat das wenig zu tun. Sicher ist nur, dass die sogenannte "Militäroperation" Russlands das Ende der unipolaren Welt bedeutet; einer von den USA politisch diktierten und militärisch kontrollierten internationalen Ordnung und einer Globalisierung, wie wir sie kannten. Ausschnitt aus der Einleitung des Buches siehe: stichpunkt-Magazin.com epaper

Die Exil-Russin Dina Khapaeva, Professorin an der School of Modern Languages am Georgia Institute of Technology (USA), hat ein Buch abgeschlossen, in dem sie sich mit Putins neomittelalterlichen Erinnerungspolitik und seiner Re-Stalinisierung beschäftigt. (Anm TH: Erinnerungspolitik kann als Antwort auf die Vergangenheitsbewältigung, die seit dem Ende des II. Weltkriegs das Geschichtsbild Deutschlands und Österreichs dominiert, betrachtet werden.) Interview auf n-tv.de am 29.5.2022

Gwendolyn Sasse ist wissenschaftliche Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS). Sie ist außerdem Einstein-Professorin für Vergleichende Demokratie- und Autoritarismusforschung am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. In ihrem neuen Buch "Der Krieg gegen die Ukraine" hat sie die aktuellen Ereignisse analysiert. Im Interview mit n-tv-de am 16.10.2022 sagt sie:

"Man hört gelegentlich die These, Putin sei eine Art Geburtshelfer der ukrainischen Nation, weil erst sein Angriffskrieg eine echte ukrainische Identität geschaffen habe. Ist da was dran?

G.S.: Putin hat viel dazu beigetragen, bei den Ukrainern das Gefühl der Zugehörigkeit zur ukrainischen Nation und zum ukrainischen Staat zu stärken. Aber angefangen hat die ukrainische Identität nicht mit ihm. Das Gefühl eines inklusiven ukrainischen Staats, der aus Menschen mit unterschiedlichen ethnischen Hintergründen besteht, die verschiedene Sprachen sprechen - das beginnt spätestens 1991 mit der Unabhängigkeit der Ukraine in ihren heutigen Grenzen. Beim Referendum im Dezember 1991, kurz vor der Auflösung der Sowjetunion, sprach sich die Mehrheit im ganzen Land für die unabhängige Ukraine aus, auch auf der Krim, wenn auch dort mit geringerer Mehrheit. Seither hat sich die Ukraine über verschiedene Protestbewegungen demokratisiert - schon unter dem ersten Präsidenten Leonid Kutschma, dann bei der Orangenen Revolution 2004 und 2013/14 beim Euromaidan. Immer ging es darum, dass ein Großteil der Gesellschaft sich für ein anderes politisches Modell einsetzte: ein weniger korruptes, ein demokratischeres System. Daraus speist sich das ukrainische Verständnis, eine inklusive Nation zu sein.

Auf der anderen Seite steht Putin mit seinem autoritären Weltbild.

G.S.: Putins Weltbild wendet sich gegen alles vermeintlich Westliche - gegen die Demokratie mit ihren liberalen Prinzipien und Werten. Seine Schriften und die Staatspropaganda sind da immer radikaler geworden. Worin die Alternative zum Westen besteht, wird dabei nie wirklich klar benannt - da ist immer viel von traditionellen Werten die Rede, die erhalten werden müssten, aber vor allem ist es eine Ablehnung des Westens als politisches System, das als Gefahr dargestellt wird. Zur Ablehnung des Westens gehört in diesem Weltbild ein imperialer Machtanspruch - auch in diesem Punkt hat sich die Rhetorik in den letzten Jahren verschärft. Sie gipfelte in der Behauptung, die Ukraine sei in Wahrheit kein unabhängiger Staat, sondern Teil der russischen Nation."